Die Flamme erlischt
und diesmal auch ein wenig widerhallend. Es war ein wütendes Heulen, langgezogen und schrill.
»Braithhunde«, sagte Gwen mit festerer Stimme, als man in dieser Situation erwarten konnte.
Dirk erinnerte sich an das Tier, das er auf seinem Gang durch die Straßen Larteyns gesehen hatte – jenen ponygroßen Hund, der beim Näherkommen knurrte, jene Kreatur mit der haarlosen Rattenschnauze und den kleinen roten Augen. Besorgt blickte er den Korridor hinter ihnen entlang, aber in den Kobaltschatten war keine Bewegung zu erkennen. Die Geräusche wurden lauter, kamen näher. »Runter«, sagte Gwen, »und zwar schnell.« Dirk benötigte keine Extraeinladung. Sie eilten über den breiten Boulevard auf den Mittelstreifen zu und sprangen auf das langsamste der abwärtsführenden Gleitbänder. Dann bewegten sie sich nach innen, wobei sie von Band zu Band hüpften, bis sie auf dem schnellsten angekommen waren. Gwen setzte ihre Geländeausrüstung ab und öffnete den Sensorenkoffer. Während Dirk sich über sie gebeugt und eine Hand auf ihre Schulter gelegt hatte, kramte sie sich durch den Inhalt. Er sah die Stockwerknummern vorübergleiten. Schwarze Wachtposten vor den dunklen Eingeweiden, die zu den inneren Korridoren der Stadt führten. Die Nummern huschten in regelmäßigen Abständen vorbei und wurden dabei immer niedriger.
Sie hatten gerade die Zahlen um 490 erreicht, als sich Gwen erhob und Dirk einen faustgroßen Zylinder aus blauem Metall zeigte. »Zieh dich aus«, sagte sie. »Was?«
»Zieh dich aus«, wiederholte sie. Als Dirk sie nur verwirrt ansah, schüttelte sie ungeduldig den Kopf und tippte ihm mit dem Zylinder gegen die Brust. »Antigeruch«, erklärte sie. »Arkin und ich benutzen das im Wald. Bevor wir hinausgehen, sprühen wir uns ein. Unser Körpergeruch wird vier Stunden lang neutralisiert.
Hoffentlich verlieren die Hunde dadurch unsere Spur.«
Dirk nickte und begann seine Kleider abzulegen. Als er nackt war, forderte ihn Gwen auf, sich mit gespreizten Beinen hinzustellen und die Arme über den Kopf zu heben. Sie berührte ein Ende des Metallzylinders. Aus dem anderen Ende sprühte ein feiner grauer Nebel, der auf seiner bloßen Haut kitzelte. Während sie ihn von vorn und hinten, von Kopf bis Fuß behandelte, fror er und kam sich dumm und sehr verwundbar vor. Dann kniete sie sich hin und sprühte auch seine Kleider sorgfältig ein. Nur den schweren Mantel, den er von Ruark hatte, legte sie achtsam beiseite und ließ in unbehandelt. Als sie fertig war, zog sich Dirk wieder an – seine Kleider fühlten sich trocken und wirkten durch die pulvrigen Rückstände des Sprays staubig –, während Gwen sich auszog und sich dann von ihm einsprühen ließ.
»Was ist mit dem Mantel?« fragte er, als sie wieder in ihre Kleider schlüpfte. Sie hatte nichts unbesprüht gelassen: den Sensorenkoffer, die Geländeausrüstung, ihren Jade-und-Silber-Armreif – bis auf Arkins braunen Patchworkmantel. Dirk stieß ihn mit der Stiefelspitze an. Gwen hob ihn auf und schleuderte ihn über das Geländer auf das schnelle Band eines nach oben führenden Gleitweges. Sie blickten ihm nach, bis er außer Sicht war. »Du brauchst ihn nicht«, sagte Gwen, als der Mantel verschwunden war. »Vielleicht lockt er das Rudel in die falsche Richtung. Die Hunde sind uns sicher bis zum Boulevard gefolgt.«
Dirk blickte skeptisch drein. »Mag sein«, sagte er mit einem Seitenblick auf die innere Wand. Stockwerk 472 kam und verschwand. »Ich denke, wir sollten hinunter«, sagte er plötzlich. »Weg vom Boulevard.« Gwen sah ihn fragend an. »Du hast es selbst gesagt«, meinte er. »Wer hinter uns ist, hat uns wahrscheinlich bis zum Boulevard verfolgt. Falls sie schon auf dem Weg nach unten sind, wird sie mein Mantel nicht sehr verwirren. Sie sehen ihn heraufkommen und lachen sich halb tot.« Sie lächelte. »Du hast recht. Aber es war einen Versuch wert.« »Gehen wir also davon aus, daß sie uns nach unten folgen ...« »Wir haben jetzt einen guten Vorsprung herausgeholt«, unterbrach sie ihn. »Eine ganze Hundemeute bekommen sie nie auf ein Gleitband, das heißt also, sie werden uns zu Fuß folgen.«
»So? Dennoch ist der Boulevard nicht sicher, Gwen. Sieh mal, Bretan kann nicht bei denen dort oben sein. Er ist unten in den Tiefgeschossen. Meinst du, daß Chell bei den Hunden ist?«
»Nein. Ein Kavalare jagt mit seinem teyn. Sie trennen sich nicht.« »Das habe ich mir auch gedacht. Also haben wir es mit einem Paar zu tun, das unter
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