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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Hongkong wurde mir Hund serviert.«
    »C’est tout à fait exceptionnel«, entfuhr es du Gard, dem das Grinsen spontan vergangen war. »Ich fürchte, mit derart ausgefallenen Genüssen kann die französische Küche nicht konkurrieren. Aber wenn Sie mir vertrauen und die Schnecken versuchen möchten – sie sind wirklich vorzüglich.«
    »Ich vertraue Ihnen«, versicherte Sarah lächelnd. »Zumindest in dieser einen Sache.«
    »Sehr beruhigend, das zu hören«, erwiderte du Gard, und ihre Blicke trafen sich einen Augenblick länger, als Sarahs gestrenge Sittenwächter in London es noch als gebührlich empfunden hätten.
    Sie schaute zu, wie du Gard zu der kleinen Zange griff, die die Kellner bereitgelegt hatten, und sich damit eines der gewundenen Schneckenhäuser angelte. Anschließend benutzte er seine Gabel, um das Fleisch aus dem Gehäuse zu pulen und es zusammen mit reichlich Kräutersauce auf einem Löffel zu platzieren, den er sich – wie es schien – vorzüglich munden ließ. Er lachte, als er Sarahs Zögern bemerkte. Um sich keine weitere Blöße zu geben, griff sie zu und tat es du Gard gleich – mit überraschendem Erfolg. Die Schnecken schmeckten weit köstlicher, als sie es sich vorgestellt hatte.
    »Nun«, fragte du Gard erwartungsvoll, »erachten Sie Schnecken als genießbar?«
    Sarahs Grinsen war ein wenig breiter, als es sich schickte. »Wenn es dem Überleben dient …«
    Nur noch einen Augenblick gelang es beiden, ernst zu bleiben, dann brachen sie in schallendes Gelächter aus, was nicht nur die Aufmerksamkeit der anderen Gäste auf sich zog, sondern auch jene des Maître, der sie mit einem tadelnden Blick bedachte.
    »Wir sollten uns benehmen«, ermahnte Sarah sowohl sich als auch ihren Begleiter. »Ich glaube nicht, dass unser Verhalten einem Ort wie diesem angemessen ist.«
    »Ach was, haben Sie sich nicht so.« Du Gard machte eine wegwerfende Handbewegung, ehe er eine weitere Schnecke in die Zange nahm. »Sie sollten sich nicht so viel um das kümmern, was andere denken oder sagen. Schließlich sind wir hier nicht in London, sondern in Paris, der Stadt der Freiheit.«
    »In der Tat«, sagte Sarah nur.
    »Rassen, Religionen, Geschlechter, Schichten«, fuhr du Gard fort, »all diese Unterschiede existieren nur in unseren Köpfen. Sie sind eingebildet, weiter nichts.«
    »Nun, aber sie sind höchst real.«
    »Aber nur, weil sie von den Menschen zur Realität gemacht werden. Das ist ein Unterschied, n’est-ce pas?«
    Sarah bedachte ihr Gegenüber mit einem verblüfften Blick. Nicht nur, dass du Gard ihr aus der Seele sprach – der Mann, den sie noch vor vierundzwanzig Stunden am liebsten auf dem Grund des Meeres gesehen hätte, wurde nicht müde, sie zu überraschen.
    »Was ist?«, erkundigte er sich kauend.
    »Nichts weiter.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich stelle lediglich fest, dass Sie ganz anders sind, als ich dachte.«
    »Tatsächlich?« Er schien belustigt, während er sich die Hände an der Serviette abwischte und dabei mit penibler Sorgfalt zu Werke ging. »Wie, wenn es erlaubt ist zu fragen, dachten Sie denn, dass ich wäre?«
    »Anders eben«, gestand Sarah offen. »Auf den Schein bedacht und oberflächlich. Und wenn ich ehrlich bin, habe ich Sie zudem für einen Feigling gehalten.«
    »Mich? Maurice du Gard?« Er lachte.
    »Was ist daran so amüsant?«
    »Erstens, ma chère, ist es mein Beruf, hinter die Fassaden zu blicken, die Menschen um sich herum zu errichten pflegen – schon aus diesem Grund ist Oberflächlichkeit ein Luxus, den ich mir nicht leisten kann.«
    »Und zweitens?«, fragte Sarah.
    »Ist niemand feige zu nennen, der sich, in welcher Form auch immer, mit der Suche nach der Wahrheit befasst. Das sollten Sie eigentlich am besten wissen. Denken Sie nur an Ihren Herrn Vater.«
    Erneut begegneten sich ihre Blicke, und obwohl Sarah diesmal auf der Hut gewesen war, ertappte sie sich dabei, dass sie einmal mehr ein schlechtes Gewissen hatte.
    Was war es nur, das dieser Franzose an sich hatte?
    Im einen Augenblick fühlte Sarah sich ihm auf eine Art und Weise verbunden, wie es nur bei wenigen Menschen der Fall war – nur um kurz darauf wieder den Eindruck zu haben, dass sie Welten voneinander trennten. Woran mochte das liegen? An du Gard, der Sarah immer wieder an sich herankommen ließ, um sie dann brüsk abzuweisen? Oder war sie selbst es, die sich zunächst annäherte und dann wieder entfernte, aus Furcht, sich ihm zu sehr zu offenbaren?
    Sarah sträubte sich dagegen,

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