Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)
Ort Halt, und danach reisen wir so schnell wie möglich zum Tal.«
»Was ist das für ein Ort, an dem du haltmachen willst?«, fragte sie.
Arlen lächelte wieder, aber dieses Mal breiter, und seine Augen funkelten. »Ich muss doch ein richtiges Verlobungsgeschenk für dich besorgen.«
Arlen schlug ein zügiges Tempo an, als sie die Kurierstraße entlangmarschierten. Renna sah, dass ihm die Anstrengung nach ein paar Stunden zusetzte, aber er weigerte sich hartnäckig zu reiten.
»Schattentänzer muss seine Kräfte mehr schonen als ich«, behauptete er.
Die Sonne hatte ihren höchsten Punkt längst überschritten, als sie an eine Weggabelung kamen. Arlen bog auf den weniger benutzten Weg ab, der kaum mehr war als ein Saumpfad, der in die Wildnis der hügeligen Ebene hineinführte.
»Was liegt in dieser Richtung?«, fragte Renna.
»Ein Gehöft, dessen Besitzer ich kenne«, erwiderte Arlen. »Der Mann schuldet mir noch einen Gefallen.« Renna wartete auf eine nähere Erklärung, aber vergebens.
Sie marschierten noch eine Stunde lang, ehe das Gut in Sicht kam. Man sah drei Scheunen, die alle ihre eigenen Siegel trugen, und obendrein waren die Koppel und der Hof von Siegelpfosten umgeben. Auch weitläufige Weidegründe hatte man durch Siegelpfosten geschützt.
Auf dem Dach der am nächsten gelegenen Scheune erschien ein Junge. Er hob einen Bogen mit eingelegtem Pfeil und zielte damit auf sie.
»Wer bist du?«, schrie er.
Renna duckte sich bei dem Anblick, bereit, nach rechts oder links auszuweichen, sollte der Junge den Pfeil abschießen. Ihre Hand lag auf dem vertrauten beinernen Griff des Messers, obwohl es ihr nichts nützen würde. Sie hatte Harl Gerber gehasst, doch sie fühlte sich immer sicher, wenn sie das Messer berührte, mit dem sie ihn getötet hatte.
Sichtlich unbekümmert antwortete Arlen dem Jungen: »Ich bin jemand, dem es leidtun wird, dass er dich nicht von diesem Baumdämon hat auffressen lassen, Nik Hengst, wenn du nicht gleich den Bogen hinlegst und deinen Dad holst.«
»Kurier!«, brüllte Nik, senkte den Bogen und winkte. »Ma! Pa! Der Kurier ist gekommen, und er hat Schattentänzer mitgebracht!«
Der Junge rutschte auf die Überdachung der Veranda hinunter und schwang sich behände vom Rand auf den Boden. Er rannte in den Garten und zog ein paar Möhren heraus, ehe er zu ihnen eilte und Schattentänzer staunend anstarrte. »Der ist ja groß geworden wie eine Scheune!«
Vorsichtig schob er sich an den riesigen Hengst heran und hielt ihm die Möhren hin. »Ruhig, Junge, ich bin’s, Nik. Du erinnerst dich doch an mich, oder?« Schattentänzer wieherte leise und nahm die Möhren an, aber der Junge blieb angespannt und hielt sich bereit, jeden Moment wegzulaufen.
Renna verstand seine Angst nicht. Wenn der Junge Schattentänzer kannte, dann musste er wissen, dass das Pferd sanft war wie die Morgendämmerung. »Er wird dich nicht treten und nicht beißen, Junge.«
Nik drehte sich um und schien etwas sagen zu wollen, hielt aber inne und nahm zum ersten Mal Notiz von Renna. Er musterte sie von Kopf bis Fuß, und sie war sich nicht sicher, ob er ihre Schwarzstängel-Siegel betrachtete oder den Körper, auf den sie gemalt waren. Es kümmerte sie kaum, was er sah, aber sein Benehmen war unhöflich. Sie stemmte die Hände in die Hüften und funkelte ihn wütend an, um ihn an seine guten Manieren zu erinnern. Der Junge prallte zurück und wandte so schnell den Blick ab, dass Renna ein Lachen unterdrücken musste.
Nik errötete heftig und wandte sich an Arlen. »Du hast ihn gezähmt ?«
Arlen lachte. »Keineswegs. Schattentänzer ist immer noch das boshafteste Pferd, das es gibt, aber jetzt beißt und tritt er nur noch Horclinge.«
Hinter ihnen ertönte ein leiser Pfiff, und Renna wirbelte herum. Ohne nachzudenken, fuhr ihre Hand ans Messer. Rasch ließ sie den Griff wieder los und hoffte, keiner hätte diese Geste bemerkt.
Und ich wollte dem jungen Nik Manieren beibringen.
Der Mann, der sich ihnen näherte, gab durch nichts zu erkennen, dass er ihre reflexhafte Bewegung gesehen hatte. Genau wie der Junge, so hatte auch er anfangs nur Augen für das Pferd. Er kam langsam näher und gab Schattentänzer Zeit, sich an seine Gegenwart zu gewöhnen. Der Hengst schnaubte und stampfte ein bisschen mit den Hufen, ließ sich aber von ihm anfassen.
»Er ist wirklich gewachsen«, stellte der Mann fest und strich mit den Händen über die mächtigen Flanken des Tieres. Er war großgewachsen und
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