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Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)

Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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aus sich selbst nährte. Und alles konzentrierte sich auf Kasaad.
    Er sah seinen khaffit -Schwiegervater an und forschte tiefer in seiner Aura nach. Der Körper des Mannes trug die charakteristischen Narben eines Kriegers, aber er hatte das Bein nicht verloren, weil alagai es mit Krallen oder Zähnen zerfetzt hatten. Es handelte sich um einen chirurgischen Eingriff. »Früher warst du ein Sharum «, vermutete er, »aber du wurdest nicht in einem Kampf zum Krüppel.« Bei diesen Worten zuckte ein Blitz durch die Aura des Mannes, und Jardir konnte viel herauslesen. »Man nahm dir die schwarze Kluft weg, weil du ein Verbrechen begangen hast. Und als Strafe schnitt man dir das Bein ab.«
    »Woher weißt du …«, begann Inevera.
    Jardir sah sie an und erkannte die Emotionen, die sie mit ihrem Vater verbanden. »Deine Gemahlin und deine Tochter würden dir dieses Verbrechen gern verzeihen, aber sie wagen es nicht.« Er richtete den Blick wieder auf Kasaad. »Welch unverzeihliche Tat hast du begangen?«
    In Ineveras und Manvahs Auren zeigte sich Furcht, aber Kasaads Entsetzen war noch größer. Im Siegellicht sah Jardir, wie er blass wurde, und an seinen Schläfen rann der Schweiß herab. Er stützte sich schwer auf seinen Stock und sank so würdevoll wie möglich auf die Knie nieder, dann legte er die Hände vor sich und drückte die Stirn auf den dicken Teppich.
    »Ich griff meine dama’ting -Tochter an und ermordete meinen ältesten Sohn, weil er ein push’ting war, Erlöser«, bekannte er. »Ich fühlte mich im Recht und glaubte, dass ich Kajis Gesetze verteidigte, obwohl ich sie selbst brach, indem ich Couzi trank und mich schlecht benahm. Damit brachte ich mehr Schande über meine Familie, als mein Sohn es je getan hätte. Soli war ein tapferer Sharum , der viele alagai zurück in den Abgrund schickte. Ich war ein Feigling, der sich im Labyrinth betrank und sich in den hintersten Ebenen versteckte, wohin sich nur selten ein alagai verirrte.«
    Mit Tränen in den Augen blickte er hoch und wandte sich an Inevera. »Von Rechts wegen hätte meine Tochter mich für meine Verbrechen töten lassen können, aber sie hielt es für eine schwerere Strafe, mich mit meiner Schande und dem Verlust des Beins leben zu lassen, mit dem ich sie getreten hatte.«
    Jardir nickte und sah Inevera und ihre Mutter an. Auch Manvahs Gesicht war tränenüberströmt. Ineveras Augen waren trocken, aber der Schmerz in ihrer Aura verriet ihren Kummer genauso, als hätte sie geweint. Diese Wunde war viel zu lange offen gewesen.
    Er richtete den Blick wieder auf Kasaad. »Everams Gnade ist unendlich, Kasaad, Sohn des Kasaad. Kein Verbrechen ist unverzeihlich. Ich sehe in deinem Herzen, dass du deine Taten begreifst und bereust, und der Tod deines Sohnes war dir im Lauf der Jahre eine schlimmere Strafe als der Verlust deines Beines und deiner Ehre zusammengenommen. Seither bist du nie wieder von Everams Pfad abgewichen. Wenn es dein Wunsch ist, gebe ich dir deine schwarze Kriegerkluft zurück, und du darfst ehrenvoll sterben.«
    Kasaad blickte traurig auf seine Gemahlin und seine Tochter, dann schüttelte er den Kopf. »Früher dachte ich, es sei eine Schande, khaffit zu sein, Erlöser. Aber um die Wahrheit zu sagen, war ich nie glücklicher und habe Everams Pfad nie deutlicher gesehen als jetzt. Ich bin ein Krüppel und kann dir im Sharak Ka nicht dienen, deshalb bitte ich dich, lass mich als khaffit sterben, damit ich danach streben kann, in meinem nächsten Leben ein besserer Mensch zu sein.«
    Jardir nickte. »Wie du wünschst. Everam lässt die Seelen der khaffit draußen vor dem Himmel warten, bis sie genügend Weisheit erlangen, um auf Ala zurückzukehren, wo sie die Gelegenheit erhalten, ein würdigeres Dasein zu führen. Ich werde für dich beten, aber ich glaube nicht, dass der Schöpfer dich lange warten lassen wird, wenn deine Zeit gekommen ist.«
    Bei diesen Worten veränderte sich Kasaads Aura, eine schwere Last wurde von ihm genommen. Das Netz zwischen den drei Auren wandelte sich ebenfalls, doch es fehlte immer noch die Harmonie einer Familie, die sich Everams Gunst erfreut.
    Er wandte sich an Manvah und schaute auch tief in ihr Herz hinein. »Seit dem Verbrechen seid ihr nicht mehr wie Mann und Frau zusammen gewesen, weil du die Berührung des Mannes nicht ertragen konntest, der deinen Sohn getötet hat.«
    Manvahs ruhige, gebündelte Aura war vor Angst und Ehrfurcht kalt geworden. Auch sie sank auf die Knie und presste ihr Gesicht

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