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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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für würdig erachtete, gemeinsam mit dem besten Steuermann von Ringan heute die nächtliche Schiffswache zu halten.
     
    „Sieh zu, dass du mit ihm redest, damit er nicht einschläft!“ hatte ihm Jarl Haakon eingeschärft, bevor er es sich unterhalb des Bugs unter seinem Bärenfell bequem machte. „Nutze die Nacht, ihm Fragen über das Schiff zu stellen. Und vor allem, wie man es steuert!“
     
    Lars nickte. Er wusste, dass der sonst so wortkarge Wikinger nur gesprächig wurde, wenn man ihn bat, von Schiffen und Meerfahrten zu erzählen Doch wenn man ihn um die Geheimnisse der Kunst eines Steuermannes ausfragen wollte, wurde er schweigsam wie ein Fisch.
     
    „Er scheint dich zu mögen und vielleicht lehrt er dich, das Steuer zu führen und die Kunst, noch bei nächtlicher Sturmfahrt ein Schiff stets auf Kurs zu halten. Je mehr gute Steuermänner eine Thing-Gemeinschaft hat, umso mehr Schiffe kann sie bauen. Und Wulfegar hat nicht umsonst deinen Ziehvater Snorre in die Geheimnisse der neuen Schiffskonstruktionen eingeweiht. Während wir hier gegen Odins Feinde segeln, streift Snorre bereits durch die heimischen Wälder um eine geeignete Eiche für den Kiel eines neuen Schiffes zu finden, das wir im nächsten Winter bauen werden.
     
    Seit wir dieses Schiff erprobt haben, weiß ich, wie sehr Wulfegar Recht hatte. Unsere alten Knorren taugen tatsächlich nur für kleine Handelsfahrten in den Fjorden und die Schniggen zu Fischzügen in der Nähe der Küsten. Doch in meinem Inneren fühle ich, dass wir Nordmänner von Odin nicht zum Handel und Fischfang, sondern zum Kampf und Beutemachen berufen sind.
     
    Ha, eine Flotte solcher Schiffe wie die MIDGARDSCHLANGE in meiner Hand und ich würde Thorin Wogenbrecher hinwegfegen und mein eigener Seekönig sein...“
     
    Lars nickte verstehend. Deshalb war Snorre in den letzten Tagen vor der Abfahrt so mürrisch gewesen. Er spürte das Alter und einen Schmerz in allen Gliedern, den auch die Kräutersude von Wiltrudis nicht zu lindern vermochten. So hatte er gehofft, in diesem Kampf ruhmvoll zu fallen und dadurch den immer stärker werdenden Schmerzen der heimtückischen Krankheit zu entgehen.
     
    Aber der Befehl des Jarl hielt ihn zurück. Snorre, dessen klar denkender Verstand die von Wulfegar gelehrte neuartige Schiffskonstruktion rasch begriffen hatte und in der Lage war, den Arbeitern klare und verständliche Anweisungen zu geben, war für die Thing-Gemeinschaft zu wertvoll, als dass er jetzt im Kampf fallen durfte. Und so hatte Jarl Haakon dem Schmied versprochen, notfalls in einigen Jahren mit ihm einen Streit vom Zaun zu brechen und ihn dabei im Kampf zu erschlagen, damit er seinen Platz in Walhall einnehmen konnte. Nur durch diese Versicherung war Snorre mürrisch bereit gewesen, jetzt in der Zeit zwischen Aussaat und Ernte den Bau eines neuen Schiffes vorzubereiten.
     
    Auch Widar Eisenfaust mußte zum Bedauern Lars Wolfssohns zu Hause bleiben. Snorre hatte sich ausbedungen, dass ihm der kräftige Jüngling zur Hand ging. Widar war nicht nur sehr stark, sondern auch ausdauernd bei der Arbeit und schien über Stunden die Holzfälleraxt schwingen zu können.
     
    Dazu kam, dass Snorre bei ihm eine rasche Auffassungsgabe festgestellt und beschlossen hatte, Widar so rasch als möglich in die Geheimnisse der von Wulfegar gelernten Schiffsbaukunst einzuweihen. Je eher er sein Wissen weiter gegeben hatte, umso schneller konnte Snorre seinen Jarl an den Kampf erinnern, der ihm die Pforten von Walhall öffnen sollte. Besonders wenn das Wetter um schwang waren die Schmerzen unerträglich.
     
    An Bord der MIDGARDSCHLANGE befanden sich nur die hundert besten Kämpfer von Ringan mit den vorzüglichsten Waffen. Auf Wulfegars Anraten, das Harald Drachenreiter mit dem vollen Gewicht seines Wortes unterstützte, war man nur mit dem neuen Schiff gefahren, weil es am Besten geeignet war, den Gefahren und Tücken des offenen Meeres zu  Trotzen. Außerdem war die MIDGARDSCHLANGE durch den Kiel und das neue, vergrößerte Segel so schnell, dass die anderen Schiffe nur für unnötige Verzögerung gesorgt hätten.
     
    Murrend waren die anderen Männer zu Hause geblieben, um den Frauen bei der Bestellung der Felder zu helfen, mit den Schniggen in die Fischgründe zu segeln oder mit Snorre und Widar in den Wald zu ziehen und die für den Bau eines neuen Schiffes notwendigen Bäume zu fällen. Und obwohl eigentlich nach dem Kampf zur Mittwinter-Sonnenwende beschlossen worden war, dass

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