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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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Landfremder wie Widar!“, rief der Greis erfreut. „Landfremd und doch mit dem Gesetz und der Ehre des Nordens aufgewachsen. Widar stammt von jener Insel im westlichen Meer, die man Eirinn, das Land der Iren, nennt“, erklärte der Alte, nachdem sich Lars von seinem Staunen erholt hatte. „Er war meine Schwertbeute auf meiner letzten Kriegsfahrt, die ich an der Seite von Agnar Biberzahn, dem Vater deines heutigen Jarl mitmachte. Agnar wollte die verlorenen Inseln weit im Westen der Welt finden. Ich schloss mich ihm an in der Hoffnung auf ein letztes Abenteuer und einen letzten ruhmgekrönten Kampf, an dem selbst die Walküre, die meiner wartete, ihre Freude haben sollte.
     
    Mit dem besten Schiff von Ringan-Fjord, dem SEEDRACHEN, segelten wir immer nach Westen auf das offene Meer. Wir folgten dem Wege, den einst schon Thorin Wogenbrecher in den Tagen seiner Jugend gesegelt war. Doch die felsigen Inseln, die wir fanden, waren von wilden, trollgleichen Menschen und nicht von Feen und Elfen bewohnt. Dann tobte ein Sturm heran und der Zorn von Ägirs Weib verschlug uns weit auf den unbekannten Ozean, der sich in Unendlichkeit gegen den Sonnenuntergang ausdehnt. Einen unserer Gefährten, den harfenkundigen Erik, brachten wir der wilden Ran zum Opfer, indem wir ihn in die gischtbrausende kochende See warfen. Da erwiesen uns die Meer-Wanen Gnade und ließen vor dem Bug unseres Schiffes Land auftauchen.
     
    Die Bucht, die sich uns öffnete, wurde von schwertkundigen Männern verteidigt. Doch die tobenden Gewalten des Meeres hinter uns ließ uns keine Wahl, als die Schiffe auf den Strand auflaufen zu lassen. Als sich uns schwertschwingende Männer entgegen stellten, erschlugen wir sie. Dann nahmen wir ihre Weiber und hausten in ihren Hütten, bis sich die Stürme gelegt hatten. Doch der Stolz der rothaarigen Frauen von Eirinn ertrug es nicht, den Männern zu Willen zu sein, an deren Äxten noch das Blut ihrer Eheherrn und Sippengenossen klebte. Als wir sie auf unser Schiff schleppten, rissen sie sich los, sprangen mit ihren Kindern über die Bordwand und ertranken, bevor wir sie mit Speeren oder Rudern aus dem Wasser fischen konnten. Nur dieser dort, ein Knabe dazumal, wagte nicht den Sprung ins eisige Nass. Er war eine Waise und hatte keine Mutter, die ihn mit sich in den kalten Tod hinab riss. So nahm ich mich seiner an und gab dem Knaben hier eine neue Heimat.
     
    Die Nornen verwehrten mir in den Kampftagen meiner Jugend die Gunst der Weiber und so erfuhr ich durch Widar in meinem Alter noch die Freuden eines Vaters. Um des Gesetzes willen ließ ich ihn das kurze Haar und den Halsring als Zeichen der Sklaverei tragen. Nach seinem ersten Kriegszug für Angantyr wollte ich den Schandreif von ihm nehmen, sein Haar wachsen lassen und ihn vor der gesamten Thing-Gemeinschaft als meinen Sohn benennen. Doch in diesem Kriegszug“, seine Stimme klang bedauernd,“ sind wir Angantyr-Männer nach dem unergründlichen Ratschluss der Götter die Unterlegenen!“
     
    „Höre, Alter!“ stieß Lars rau hervor. „Es bringt mir wenig Ehre, wenn ich dich der Stütze deines ... deines Sohnes beraube. Ich will ihn und dich ziehen lassen. Aber heiliges Beuterecht habe ich an deinen Waffen. An dieser Axt und“, seine Augen funkelten, „und an deinem Schwert!“
     
    „Die Axt wiegt bereits deine Faust, Jüngling!“ mischte sich der Alte ein. „Nie spaltete der Wetterschlag Holz, sondern stets Schilde und Schädel. Denn sein Schwinger war nie Bauer sondern Berserker.“
     
    „Ihr Eisen ist von einer Härte, wie die Klinge von Sigurd Schildspalter!“, sagte Lars. „Niemals habe ich gesehen, dass die Schneide einer Axt anderes Eisen durchtrennt!“
     
    „Im Süden, wo ewiger Frühling ist, ward sie geschmiedet. Denn dort, wo die mächtige Romaburg steht, versteht man die Kunst, das Eisen zu Stahl zu härten!“ Die Stimme des Greises klang feierlich. „Ein mächtiger Schwarzkönig schwang diese Axt bei seinem letzten Kampf vor dem Schlund eines Feuerberges, in dem Surts Flammenriesen hausen. Ich vernahm die Saga von dem Kämpfer, dessen toter Hand ich die Axt wie auch dieses Schwert nach ehrlichem Kampf entwand. Wetterschlag hieß ich die Axt hinfort und Schneefall das Schwert!“
     
    „Die Namen!“ stieß Lars hervor. „Ich kenne den Namen dieser Waffen ... in Liedern werden sie von harfenkundigen Skalden besungen. Die Namen des Schwertes, der Axt ... und ihres Trägers!“
     
    „So, du kennst die Namen“, schmunzelte

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