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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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der Greis fast vergnügt.
     
    „Du bist ... Sven Blutaxt ... jener Sven Blutaxt, von dem die Sagas gehen und dessen Ruhm alles Skalden Norwegens singen!“ keuchte Lars. „Der tapferste Krieger, den je die Planken eines Schiffes zur Wikinger-Fahrt trugen. Aber die Lieder singen von deinem letzten Kampf gegen Skrälinge und Bergtrolle und deiner Fahrt nach Walhall!“
     
    „Wäre ich nur in jenem letzten Gefecht auf der Walstatt geblieben. Doch die Grausamkeit der Nornen sparte mich für den Strohtod“, die Stimme des Greises klang traurig und verbittert. „Die Macht der Schicksalsschwestern ließ mich von den schweren Wunden der letzten Kriegsfahrt genesen. Es war eben jene Fahrt zu den verlorenen Inseln, von der ich Widar mitbrachte. Als wir die Sinnlosigkeit unserer Suche nach den verlorenen Inseln erkannten und von Irland heimwärts segelten, mussten wir die Nordküste der Insel Britannia umrunden. Die Umstände zwangen uns, dort an Land zu gehen, um Frischwasser aufzunehmen. Kaum fanden wir einen Weg durch tückische Riffe zu der steilaufragenden Felsenküste. In diesen Küstenfelsen hockten kleinwüchsige Pikten, die mit ihren schwarzroten Haaren. Mit den zottigen Fellen, die ihren Körper bedecken, erinnerten sie an die Schwarzalben tief aus dem Inneren der Erde.
     
    Wie die Scharen des tückischen Alberich brachen die Pikten zwischen den Felsen hervor und überschütteten uns mit einer Wolke von Pfeilen. Selbst die hastig aufgeworfenen Schilde bildeten keinen rechten Schutz gegen die herabregnenden Geschosse. Obwohl die Pikten Steinsplitter als Pfeilspitzen benutzten, machten sie uns schwer zu schaffen. Am Schlimmsten aber war der Steinhagel, mit dem sie uns den Bergen herab überschütteten und der manchen tapferen Nordmann zu Boden warf. Mit Schwert und Axt, den von Steinen zertrümmerten Schild verwerfend, deckte ich den Rückzug der Gefährten zum Schiff. In diesem Kampf, dem letzten Gefecht der Asen gegen die unheimlichen Kreaturen von Helheim gleich, hoffte ich, hier die Todeswunde zu erhalten, die meinen Einzug in Odins Halle bedeutet.
     
    Pfeilwund und von faustgroßen Schleudersteinen fast erschlagen zogen mich die Gefährten ins Schiff und brachten mich zurück in die Heimat. Widar, der Knabe, pflegte mich aufopfernd und rang mich dem Wundfieber ab. So blieb ich am Leben. Ein Leben, das mir durch die Schwäche des Alters mehr zur Last als zur Lust wurde.
     
    Wäre ich doch nur in jenem Kampf in den Felsen gefallen, wie ich es wünschte. Denn schon damals spürte ich das Schwinden meiner Kräfte und wusste, dass es Zeit war, den Weg zu Odin zu suchen. Doch in ihrem unergründlichen Ratschluss verdammten mich dich Nornen zum Leben.“
     
    „Vielleicht weil sie deinen Lebensfaden mit dem Faden von Widar verbunden hatten“, mutmaßte Lars. „Du hattest noch die Aufgabe, einen Knaben zum Krieger zu erziehen!“
     
    „Weise gedacht, Wolfssohn. Vielleicht ist es so, wie du sagst“, nickte Sven Blutaxt. „Jahre sind seit jener letzten Kriegsfahrt dahin gegangen. Nun hat mich das Alter kraftlos gemacht. Ich vermag ich das Ruder nicht mehr zu führen und die Streitaxt nicht mehr zu schwingen. Als Wächter setzten mich die Männer von Angantyr auf den Hügel und nur Widar, der mir wie ein Sohn ist, holte mir die wichtigsten Dinge aus dem Dorf. Heute erkenne ich, dass meine alten Augen nicht einmal mehr zum Wächter-Amt taugen. Denn sonst hätte ich die Masten eurer Schiffe selbst durch den Nebel über dem Fjord erkennen müssen!“
     
    „Genug der Rede, Alter!“ stieß Lars ungeduldig hervor. „Dein Leben und die Habe deiner Hütte sichere ich dir zu. Und auch deinen ... Sohn lasse ich dir, damit er dein Greisentum behüte. Doch das Schwert, das du trägst, ist meine Beute!“
     
    „Du würdest es jetzt von jenseits der Regenbogenbrücke betrachten, hätte ich eben zugestoßen“, sagte Sven Blutaxt belustigt. „Wer dieses Schwert besitzen will, der muss es erwerben. Komm und nimm es wie ein Wikinger als Erbe aus meiner Hand, wenn sie im Tode erschlafft!“
     
    „Ich ehre das Grau deiner Haare und deines Bartes“, gab Lars zurück! „Wenig Ruhm brächte es mir, den altersschwachen Greis zu erschlagen!“
     
    „Weigerst du mir den Weg nach Walhall?“ grollte Sven Blutaxt. „Dich, junger Wikinger, haben mir in ihrem unergründlichen Ratschluss die Nornen gesandt. Deine Worte haben mit ihre Schicksalsgewebe offenbart. Heute erkenne ich ihre Weisheit, die mich zwang, noch einen

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