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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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Anstieg war eine verkarstete Landschaft, dessen dürre Gräser und Moose die weithin blökenden Schafherden ernährten, die mit ihrer Wolle das überschüssige Handelskapital der Thing-Gemeinschaft stellten, wenn eines der seltenen Handelsschiffe aus dem Süden den Fjord hinauf segelte.
     
    Der Küstenstreifen, auf dem die Siedlung erbaut war, stieg langsam zu einem Hochplateau an. So war nicht nur genügend Raum für Hütten und Gehöfte, sondern auch für ausgedehnte Weiden, auf denen struppige Pferde und scheckige Rinder grasten, dazu Hafer-Felder und Gärten mit Wildgemüse. Trotz des mit Steinen durchsetzen Bodens waren die Ernten im Allgemeinen zufriedenstellend. Nur musste in jedem Frühjahr nach der Schneeschmelze in Weidenkörben die zum Ufer des Fjord herabgespülte Erde wieder den Hang hinaufgetragen und dort auf den Feldern verstreut werden, bevor man die neue Aussaat der Erde anvertraute. Denn nur Hafer als Frühjahrs-Getreide konnte an den Hängen gedeihen, Weizen- und Roggenfelder befanden sich weit entfernt auf der Höhe des Plateaus. Man übernachtete dann in den Höfen der Einöd-Bauern, welche ebenfalls der Thing-Gemeinschaft Jarl Haakons angehörten. Doch zu den Feiern der Sonnenwende stiegen auch diese Bauern von ihren Höhen nach Quillerheim hinab und ließen sich die Gastfreundschaft vergelten. Das Auffüllen des Schwemmlandes und die weiten Anfahrten zu den Weizenfeldern sorgten dafür, dass im Frühjahr und im Herbst jede Hand gebraucht wurde. Ein Kriegszug war zu dieser Zeit unmöglich.
     
    Quillerheim bestand aus mehr als sechzig Gehöften, zu denen noch eine ganze Anzahl kleinerer Häuser und winziger Katen kamen. Im Zentrum der Siedlung lag das große Anwesen Haakon Bäressprungs, das vom mächtigen Giebel seiner Met-Halle überragt wurde. Hier liefen jedoch die vorderen Dachbalken nicht in Pferdeschädel, sondern in die stilisierten Körper der Odins-Raben aus.
     
    Die Anlegestege am Ufer des Fjord hatte man erweitert, damit auch die Beuteschiffe von Angantyr sicher vertäut werden konnten. Ohne die furchterregenden Drachenschädel dümpelten sie in den ans Ufer schlagenden Wellen. Denn kein Wikinger wird mit dem Drachenschädel die eigene Siedlung anfahren und mit diesem furchterregenden Anblick die guten Geister seiner Heimstätte erschrecken und vertreiben.
     
    Unweit von der Siedlung rauschte in reißenden Stromschnellen ein Fluss von der Höhe herab, der sich dort oben noch träge durch die Landschaft wand, dann aber in kaskadenartigen Wasserfällen aus der Höhe herabstürzte und mit seinem kristallklaren Wasser den Fjord speiste. Den Quiller nannte man diesen Fluss und so erhielt die Siedlung ihren Namen.
     
    Die Häuser Quillerheims waren in der Bauweise typisch für dieses Land und andere Siedlungen. Es waren langgestreckte Gebäude mit einem Fundament aus roh behauenem Felsgestein, auf das man Baumstämme als Blockhaus türmte und die entstandenen Ritzen mit Lehm verfugte. Kleine Fensteröffnungen, im Winter mit einer auf einen Holzrahmen aufgezogenen Schweineblase abgedeckt, ließen spärliches Licht ins Innere dringen. Die Häuser bestanden in aller Regel aus einem einzigen Raum, in dessen Zentrum sich eine Feuerstelle befand, die Kochherd und Heizung zugleich war. Der Rauch zog durch einen Kamin in der Decke ab. In den strengsten Wintertagen nahm man auch das Federvieh mit in diesen Raum, denn Eier waren ein wichtiges Nahrungsmittel und man konnte nicht riskieren, dass Hühner und Gänse in der Kälte eingingen. Wenn der Frost ganz hart wurde, kamen auch noch die Ziegen mit hinein, da sie in der Kälte des Stalles keine Milch gaben.
     
    Roh behauene Tische und Bänke dienten als Möbel. In wenigen grob gezimmerten Truhen und auf einfachen Regalen bewahrte man die wenigen Habseligkeiten auf. In Wandnischen waren die Bettgestelle eingearbeitet, die man durch Wollvorhänge oder Felle am Tage vor dem Blick verbarg. Alles war einfach und praktisch eingerichtet. Nur der Hochsitz des Sippen-Ältesten war im Allgemeinen reich mit Schnitzwerk verziert und neben ihm stützten zwei geschnitzte und bemalte Balken die Decke, unter der Heu, Stroh und andere Wintervorräte gespeichert waren, sofern es sich nicht um ein Gehöft mit einer Scheune, Stallungen und Gesinde-Unterkunft handelte. Thorsten Elchnase hatte einen Hof, in dem das dienende Volk und das Vieh gesondert untergebracht waren. Nur noch der Jarl selbst konnte ein größeres Anwesen sein Eigen nennen.
     
    Das Haus von

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