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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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des grauen Wanderers Wege wandelnd, heute unsere Hütten mit deiner Anwesenheit ehrst. Wer immer dich begleitet, dreimal ist er uns willkommen. Und so, wie du in deiner Gestalt Walvater selbst gleichst, so erscheint der Mann neben dir wie Asathor, der Gewaltige und das Weib wie Freya, die holde Gebieterin über Liebe und Schönheit!“
     
    „Doch ist es nicht Sitte, den Gast nach dem Namen und den Weg zu fragen“, sagte Hrolf Silberhaar hoheitsvoll. „Drei Tage gebietet Odin, den wegemüden Wanderer zu speisen, zu tränken und zu kleiden. Erst dann frage ihn nach Name, Art und Weg oder entlasse ihn ungekränkt von deinem Heim und Herd.“
     
    „Ich gewährte bereits das Gastrecht“, sagte Jarl Haakon mit Hoheit. „Und ich denke, meine Söhne werden wissen, was sich geziemte, und ihre Plätze räumen. Denn Gästen, die Odins Priester selbst in mein Haus führt, gebührt der Ehrenplatz neben dem Hochsitz.“
     
    „Die Namen und Volk deiner Gäste sind kein Geheimnis und werden dir und den Mannen in Bälde kund“, sagte der Priester und nahm einen Schluck aus dem Met-Horn, das ihm der Jarl reichte. Nach einem tiefen Zug reichte er es an den Mann mit dem Aussehen Thors weiter.
     
    „Aus dem Südland kommen der Mann und diese Frau mit schlimmer Kunde, denn die Zeiten, von denen der Seherin Saga singt, erfüllen sich. Wie die Ur-Wala prophezeite, bricht das Ende der Welt und der alten Götter an. Kriegslüsterne Neidinge erheben ihr Haupt gegen die Herrn von Walhall. Und sicher sind sie nur die Vorhut vor Surts Feuerreitern und den schwarzgrauen Scharen von Helheim, die gegen Asgard ziehen.
     
    So siehe in uns also nicht nur Gäste, Jarl Haakon, sondern erkenne in uns die Boten, die dir Odin selbst sendet, dich und deine Männer zu Heer zu rufen...!“
     
     
     
    Der helle Christ
     
    Knurrend hatte Thorleif mit seinen Brüdern den Platz neben dem Hochsitz des Jarl räumen müssen. Geschäftig beeilten sich Sklaven, aus anderen Hütten Schemel herbei zu holen, damit die Söhne des Jarl einen Sitz unterhalb des Hochsitzes an den Tischen der Krieger fanden.
     
    Hrolf Silberhaar und seine Begleiter waren von Haakon Bärensprung persönlich zum den Ehrenplätzen geleitet worden. Als Priester von Odins heiligem Hain wies der Herr von Ringan Fjord dem Grauhaarigen den Hochsitz in der Mitte, während er bescheiden zur Rechten auf einem einfachen Stuhl Platz nahm.
     
    Hrolf Silberhaar wusste, dass er diese Ehre nicht abschlagen durfte, wurde doch so der Herr von Asgard durch seinen Priester geehrt. Denn so, wie Silberhaar in der Gewandung des geheimnisvollen Welten-Wanderers Platz nahm, so saß Odin in den Augen der Wikinger jetzt selbst auf dem Ehrenplatz. Seine Begleiter, der Mann und die Frau nahmen die Plätze zu seiner Linken ein, während auch dort die jüngeren Söhne des Jarl den Gästen wichen, ohne das Gebot ihres Vaters abzuwarten.
     
    Lars erschien es, als ob vor den Augen der Ringan-Männer nun die Götter des Nordens selbst thronten, denn Haakon Bärensprung in seiner gewaltigen Majestät glich Tyr, dem schwertgewaltigen Kriegsgott. dass Tyr nur seinen Schwertarm besaß, weil der Rachen des gewaltige Fenris-Wolf den linken Arm verschlungen hatte, tat dem Vergleich keinen Abbruch. Odin und Thor, Tyr und Freya - so hoffte Lars sie einst zu sehen, wenn er nach ruhmvollem Leben und glorreichem Schlachttod in die Gefilde von Asgard kam.
     
    Ein bis zum Rand gefülltes Methorn wurde nach Zutrinken des Jarl von den drei Gästen zu Ehren Odins geleert. Mit begeisterten Rufen gaben die Männer in der Halle den Trinksprüchen Bescheid. Als dann Ragnhild einen Laib Brot und Wiltrudis das Salz als  der Gastfreundschaft brachten, geschah etwas Seltsames. Lange sah der Mann mit dem Aussehen des Donnergottes das Weib des Schmiedes prüfend an. Dann erhob er sich schwerfällig, trat vor sie hin und verbeugte sich tief. Seine rechte Hand fuhr zum Gürtel. Mit blitzenden Augen riss er den Sachs aus der Scheide und reckte die glitzernde Klinge über den Kopf.
     
    „All Heil dir, Sachsen-Kind!“ rief er mit lauter Stimme im hier kaum verständlichen Dialekt der Südgermanen. „Heil dir und Heil Widukinds Stamm!“
     
    Für einen Augenblick schwiegen alle Stimmen und nur das Knurren der Hunde, die sich unter den Tischen um die herabgefallenen Brocken balgten, war zu hören. Wiltrudis war erst leicht zusammengezuckt. In ihrem Gesicht arbeitete es, als sie in lange vergessenen Erinnerungen kramte. Dann aber zuckte

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