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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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nicht das Erbe der Sachsen. Nur einmal sah ich solchen Glanz zwingender Majestät in den Augen eines Mannes...!“
     
    „Kein Mensch ist sein Vater“, unterbrach Wiltrudis.
     
    „Er redet immer davon, dass ihn Odin selbst gezeugt habe!“ rief Thorleif Knochenbrecher von unten herauf. „So, sagte er, habest du es ihm verkündet, Schmiedeweib und jetzt Herzogs-Tochter!“
     
    Wütend fuhr Lars herum. Er bezwang sich gerade noch, die zum Griff des Sachs zuckende Hand nur zur Faust zu ballen.
     
    „Als Wälse, der Wildwolf des Waldes, wird sich Walvater ihr genähert haben, um sie zu verführen“, keckerte Högni Schlangenblick. „Wir wissen ja, wie junge Krieger ihre Körper durch den Pelz eines Wolfs oder Bären verhehlen. Sie tun es, um sich in dieser Tarnung den spröden Maiden im Walde nähern, um sie unter der Wolfsschur oder als Bärenhäuter unerkannt Freyas Leibeskünsten zu weihen“, setzte er mit honigsüßer Stimme hinzu.
     
    „Und die betörten Mädchen erzählen dann, dass die Frucht ihres Leibes von Asathor in der Gestalt seines heiligen Bären oder von Allvater Odin, der sich ihr als Wälse-Wolf nahte, stammt“, giftete Ragnhild Drachenzahn, die völlig außer Acht ließ, dass sie hier und jetzt ihrer besten Freundin weh tat. Lars kochte vor Wut, doch als er auf seine Mutter blickte, deren Gesicht sich zwar entfärbte, aber die sich außer einem leichten Zittern ihren aufkommenden Zorn nicht anmerken ließ, zwang er sich zur Beherrschung. Der Drachenzahn war bekannt für das gärende Gift, das ihre Rede verspritzte.
     
    „Wotan selbst war es, der mich aus dem Kerker befreite und vor dem Tode rettete, zu der mich die kahlköpfigen Priester der Franken verurteilt hatten!“ rief Wiltrudis mit Leidenschaft. „Wer anders als der graue Wanderer hätte es vermocht, eine Frau, die man wegen ihres Glaubens an die Götter der Väter als Trud-Hexe zum Feuer verurteilte, sicher durch die Reihen der Feinde zu führen?“
     
    „Dunkle Rede schafft Rätsel. Schatten schwingen über große Geheimnisse!“ Feierlich erhob Hrolf Silberhaar den Speer. „Kündet und klar die weiheliche Wahrheit, die im Haupt ihr verhelt. Das wissend werden die Waltenden dieser heiligen Halle!“
     
    „Odins Worte durch den Mund seinen Priesters enden dein Schweigen, Wiltrudis. Nun weise uns wahrheitlich, Weib, woher du kommst und welches Geschick dich ins Land der Nordwege führte?“ die Stimme des Jarl klang fest. Zurufe aus den Reihen der Krieger ließen erkennen, dass Haakon den Anwesenden aus dem Herzen gesprochen hatte.
     
    „Nehmt wieder Platz, geehrte Gäste und auch dir, Wolfssohn, reiche man einen Schemel an unserem Tisch.“ sagte Haakon mit einladender Geste. „Du aber, sangesfroher Skalde, lausche der Worte, denn in dieser Rede schlummert ganz sicher eine Saga“. Damit nickte er Olaf Metkanne zu, dessen Finger leicht über die Saiten seiner kleinen Harfe glitten. Dann winkte er Wiltrudis zu, die einen kurzen Augenblick auf den Knien gelegen und mit Snorre getuschelt hatte. Jetzt erhob sie sich, doch eine herrische Handbewegung des Odins-Priesters hinderte ihre Rede.
     
    „Ich denke, dass ich mit der Erzählung beginnen muss“, hob Hrolf Silberhaar an. „Denn zu hören gibt es mehr als eine Saga von einer verlorenen Herzogs-Tochter. Das Schicksal der Wiltrudis ist ein-geschlungen in den Todesknoten, der die Söhne Odins mit den tückischen Kreaturen Lokis zusammenschweißt. Was es hier und heute zu reden gibt, das betrifft jeden Mann im Norden, der den alten Asen-Göttern treu ist.
     
    Ich werde mit der Rede beginnen. Freund Wulfegar von Sachsenland wird fortfahren und seinen Teil zu der Saga ebenso beitragen wie diese Frau Wiltrudis, deren Schicksal bisher nur Allvaters allsehendes Auge kannte.“
     
    „Es schweige jeder Lärm und jede Rede in der Halle!“ grollte Haakon Bärensprungs Stimme so laut durch die Halle, dass sich Lars, der zu seiner Linken saß, leicht zusammenzuckte. „Lauschet wohl, damit ihr jedes der Worte versteht und begreift, denn was es zu reden und zu raten gibt, das sagt euch Odin selbst durch seinen Priester und Boten...!“
     
    „Wie uns bereits die Sagas der Alten raunten, sind selbst die Götter des Nordens nicht ewig“, rief Hrolf Silberhaar mit volltönender Stimme nach einer kurzen Weile in die erwartungsvolle Stille. „Denn Schuld haben sie auf sich geladen, als sie den Riesenbaumeister, der ihnen Walhall türmte, um den Lohn betrogen! Die Götter brachen

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