Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
Vom Netzwerk:
Haakons Weib verstand es, in Ringan Unfrieden zu säen wie es Loki in Asgard tat.
     
    An den unteren Tischen herrschte auch ohne den Rausch des Met schon eine lustige Stimmung. Lars war glücklich, jetzt ein Mann unter Männern zu sein und gab sich diesem Gefühl lang ersehnter Freiheit des Erwachsenseins vollständig hin. Es gefiel ihm unter den fröhlichen Gesellen, auch wenn er gelegentlich zu den vorderen Tischen lugte, wo die alten, erfahrenen Wikinger und Fahrens-Leute saßen. Es gefiel ihm zwar im Kreise der Gleichaltrigen sehr, aber er hätte doch gern weiter vorn gesessen, um den alten Erzählungen vergangener Fahrten und Tagen zu lauschen.
     
    Widar war ein sprudelnder Quell der Fröhlichkeit und seine derben Scherze riefen lautes Gelächter hervor. Anfangs gab es einige bissige Bemerkungen unter den Tischgenossen, dass ein Unfreier mit kurzen Haaren von seinem Herrn in ihre Mitte gedrängt wurde. Aber als Widar seinen massigen Körper aufrichtete und sagte, seinen Platz könne jeder haben, der bereit sei, ihn nach dem Gesetz des Stärkeren einzunehmen, schlug man ihm mit dröhnenden Lachen klatschend auf die Schultern.
     
    Nur der schmächtige Nils Krähenfuß, der noch keinen Banksitz gefunden hatte, versuchte mit aller Macht, Widar von seinem Platz zu reißen. Nils war ellenlang und so dürr wie ein Knochengerüst.„Er hat Muskeln wie eine Krähe Krampfadern“, flüsterte man hinter seinem Rücken und es ging der Scherz, dass man ihn bei Sturm immer besonders anbinden müsse, damit er nicht vom Wind davon getragen wurde.
     
    Von seinem trippelnden Gang hatte Nils den Namen Krähenfuß bekommen. Sein Gesicht war eingefallen und eine schütterer Bart wagte sich vorsichtig aus den Poren. Aber die dunklen Augen blitzen hell und waren scharf wie die eines Falken. Außerdem kletterte Nils so geschickt wie ein Eichkater. Bei einer Wikinger-Fahrt war sein Platz meist oben auf der Rahe des Mastes.  Auf der Rahe des Segels war sein Platz und er spähte von seinem Ausguck in die Ferne, während er von den Männern, die unten an den Rudern schwitzen, glühend beneidet wurde. Das man hier nicht einfach einen Hergelaufenen zu seinen Ehren von der Bank warf, störte seinen persönlichen Stolz. Also musste er sich sein selbst angemessenes Recht auch selbst schaffen.
     
    „Steh auf, Sklave!“ herrschte er Widar an und in der Aufregung wurde seine helle Stimme piepsig.
     
    „Muss ich einer Krähe erst die Federn auf dem Haupt rupfen, damit wir hier den Sklaven haben, der gerufen wurde?“ fragte Widar gemütlich und die Tischgenossen lachten.
     
    „Runter von meinem Platz, oder...!“ Nils ließ den zweiten Teil des Satzes bewusst in offener Drohung.
     
    „Oder?“ echote Widar und setzte hinzu: „Jetzt bin ich aber gespannt!“
     
    „Oder ich werde dich packen und aus der Halle werfen!“ kreischte Krähenfuß .
     
    „Das will ich erleben“, brummte Widar.
     
    „Es wird dir weh tun“, drohte Nils.
     
    „Der wahre Nordmann ersetzt den Schmerz durch ein grimmiges Gesicht!“ grinste Eisenfaust .
     
    “Ich tue es! Ich tue es wirklich! Ich hebe dich aus der Bank und werfe dich raus“, versprach Nils Krähenfuß mit unsicherer Stimme.
     
    „Dann warte nicht, bis das Hauptmahl gebracht wird, sonst werde ich noch schwerer“, empfahl Widar. „Auf, du Sohn Thors. Weise mir, dass die Kraft deiner Arme der Stärke deiner Worte gleicht!“
     
    Nils Krähenfuß sagte nichts mehr. Er holte tief Luft und griff Widar unter den Armen. Mit aller Kraft versuchte er, den stämmigen Jüngling nach hinten umzureißen. Doch genau so hätte er versuchen können, mit bloßen Händen eine hundertjährige Eiche umzustoßen. Brummend wie ein Bär wandte sich Widar nach einer Weile um und sah Nils freundlich an. Dann hielt er ihm seine Hand hin, die der Pranke eines Bären glich.
     
    „Wenn es dir schon nicht gelingt, mich hochzuheben und über den Kopf zu schwingen und so aus der Halle zu werfen, dann versuch es doch einmal mit einem mannhaften Händedruck, mich davon zu überzeugen, dass mein Platz nach dem Gesetz des Nordens dir gebührt“, sagte Widar mit hintergründigem Lächeln. Ehe Nils Krähenfuß sich zurückziehen konnte, hatten die Umsitzenden seine feingliedrige Hand schon in Widars Pratze gelegt.
     
    „Wenn ich ein Sklave sein soll, dann will ich ihn einmal spüren, den kräftigen Händedruck eines freien Wikingers“, sagte Widar ganz freundlich. Für einen Augenblick war zu erkennen, dass Nils

Weitere Kostenlose Bücher