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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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streiften“, erzählte Wiltrudis weiter. „Widukind wollte vermeiden, dass seine Tochter im zarten Mädchenalter den Christen in die Hände fiel und zum Dienste ihres Gottes in ein Kloster gepresst wurde. Am Hofe des Thiudbrand wusste er Mutter und Tochter sicher vor den geschorenen Mönchspriestern und den verschleierten Nonnen. Der alte Friese hielt meine Mutter und mich wie seine eigene Sippe. Besonders seit dem Tage, an dem die Nachricht kam, dass Wercho, der Heidebauer, tapfer fechtend an der Seite Herzog Widukinds im Kampf gegen die Franken gefallen sei.“
     
    „Eben dort auf der Hammerburg lernte ich Wiltrudis als kleines Mädchen kennen und sah sie zur herrlichen Jungfrau erblühen“, übernahm Wulfegar wieder das Wort. „Sie wuchs im Dienste der alten Götter auf und hütete den Garten mit Freias heiligen Apfelbäumen. Die Kräuter-Weiblein der Hammerburg lehrten sie ihre geheimen Künste, mit den Kräften von Pflanzen und Kräutern Krankheiten zu heilen, Schmerzen zu lindern und Wunden zu schließen.“
     
    „Durch dieses Wissen hat sie vielen unserer Thing-Gemeinschaft das Leben gerettet“, nickte der Jarl. „Ihre Kräuter und die leise geflüsterten Beschwörungen haben oft genug die heimtückischen Krankheiten, die schleichenden Boten der Hel verjagt.“
     
    „Nun erzählte aber endlich von den Kriegen, in denen mein Ahn die Franken besiegte!“ forderte Lars energisch. Ihn drängte es danach, mehr über seinen geheimnisvollen Ahnen Widukind zu erfahren. Diesmal sagte der Jarl nichts, denn auch er wollte nun endlich etwas von den Kämpfen hören.
     
    „Ich sagte bereits, dass die Franken in unser Land einfielen und die Heiligtümer zerstörten“, nahm Wulfegar den Faden seiner Erzählung wieder auf. „Wie raubende Wölfe drangen sie fast vier Jahre in jedem Sommer unsere Wälder ein, verbrannten unsere Saaten und zerstörten unsere Höfe. Es waren große Heeresabteilungen, gegen die ein Sachsenbauer mit seiner Sippe und seinem Gesinde selbst bei tapferster Gegenwehr nicht siegen konnte. Wollte der Sachse sein Leben waren, blieb ihm und den Seinen nur die Flucht in die Wälder oder Sümpfe, während er mit verbitterten Grimm hinter sich die Rauchsäule seines brennenden Gehöfts sehen musste.“
     
    „Aber warum haben die Sachsen keinen Gegenschlag geführt?“ fragte Harald Drachenreiter von unten herauf.
     
    „Weil sie meist in einzelnen Höfen hausten und nur wenige Siedlungen hatten“, erklärte Wulfegar. „Und weil jeder Bauer nur an die Sicherheit seines eigenen Hofes dachte und ihn nicht verließ, bis die Franken auch über ihn hereinbrachen und ihn entweder töteten oder zur Flucht zwangen.“
     
    „Aber der Herzog! Der hat doch gegen die fränkischen Eindringlinge gekämpft?“ rief Thorsten Elchnase fragend.
     
    „Ja, Widukind griff ein, wenn er mit seiner Gefolgschaft in der Nähe war, denn ihre Zahl war so groß, dass sie sich selbst einer größeren Abteilung der Franken stellen konnte. Damals hatten sich noch nicht viele Sachsen unter Widukinds Banner mit dem steigenden schwarzen Hengst zur Rache versammelt. Rastlos ritt der Herzog mit seinen Getreuen durch das Land, die ärgste Not zu lindern und den fränkischen Bluthunden zu wehren. Doch oft genug kam er zu spät und fand nur noch rauchende Trümmern und  vor.
     
    Das Land war zu groß, als dass Widukind jedem Angriff der Franken entgegen treten konnte. Der Herzog hatte nur die auf ihn eingeschworene Gefolgschaft von ungefähr hundert schwertgewaltigen Sachsen. Eine tapfere Schar, mit der er aus dem Schutz des Waldes wie Wotans wilde Jagd über die Feinde herfiel und sich ins Dickicht zurückzog, wenn der Hornruf der Franken Verstärkung herbei brachte.
     
    So todeskühn die Sachsen von Widukinds Gefolgschaft waren, ihre Zahl war zu gering, als dass der Herzog damit den großen Heerabteilungen der Franken entgegen treten konnte. Gelegentlich schlossen sich ihm einige Bauern an, deren Höfe gebrannt hatten. Die Masse des Sachsenvolkes jedoch hielt sich in den Wäldern verborgen. Der sächsische Adel aber, der seine ruhmvolle Abstammung bis zu den Göttern zählt, war nicht zu bewegen, unter Widukinds Führung für die Freiheit zu streiten!“
     
    „So hatte der Heldenherzog nur hundert Helme gegen die Übermacht der Franken!“ In den Worten Sigurd Schildspalters lag Hochachtung.
     
    Lars verkrampfte die Hand um das Methorn, als ihm bewusst wurde, was für ein heldenhafter Krieger sein Großvater war. Er

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