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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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will ich dein Geschenk weihen - wenn auch nicht mit dem Blut eines Gottes, sondern mit dem Trank, den Allvater Odin der Speise vorzieht.“
     
    Auf seinen Wink brachte eine der Frauen einen mächtigen Schöpflöffel des beliebten Rauschtranks. Wie flüssiges Gold rann der Met in den Kelch.
     
    „Heil, Odin und heil Euch, geehrte Gäste!“ Mit beiden Händen umfasste der Jarl den Kelch und hob ihn hoch empor. Doch das weiche Metall wurde von seinen kräftigen Händen zusammengedrückt. Ölig rann der Met über seine Finger, als sich das Gold in den Händen Bärensprungs verformte. Entgeistert starrte der Jarl auf die Metpfütze, die sich auf dem roh gehauenen Eichentisch ausbreitete.
     
    „Ich vergaß zu erwähnen, dass Gold ein sehr weiches Metall ist“, entschuldigte sich Wulfegar, während Haakon aus dem völlig deformierten Kelch die verbliebenen Reste des Met heraus leckte.
     
    „Wozu ist dieses Metall dann nütze“, knurrte Snorre, der Schmied. „Metall muss hart sein wie Eisen, damit man daraus Werkzeuge oder Waffen schaffen kann. In diesem Tand, den sie Gold nennen, mögen sich die Könige des Südlandes spiegeln. Hier im Norden können wir Geschirr, das in unseren Händen zerbricht, nicht gebrauchen!“
     
    „Ein so kostbares Gefäß“, stieß Thursula verblüfft hervor. „Zwanzig Kühe hätte ein Händler dafür gegeben!“
     
    „Wenn ihr das nächste Mal nach Nordland Geschenke bringt, dann treibt Kühe zu uns“, schmatzte Jarl Haakon und ließ sich das Methorn wieder füllen. „Welscher Tand taugt in die feingliedrigen, schwachen Hände der Könige von Romaburg und Greekaland. Hier im Nordland haust die Kraft. Doch nun erzählte weiter...“
     
    Wulfegar berichtete von den vielen Aufständen der Sachsen, die sofort zusammenbrachen, wenn Karl der Große selbst an der Spitze seiner Heeresmacht als gnadenloser Rächer erschien. Er erzählte von den grausamen Gesetzen, die Karl gegen die Männer und Frauen erließ, die den Göttern ihrer Ahnen die Treue hielten. Der Tod bedrohte jeden Sachsen, der sich nicht willig taufen ließ oder nach der Taufe weiter Donar und Wotan in der Heimlichkeit der Wälder verehrte.
     
    Gnadenlos wandten die Frankengrafen die grausamen Gesetze des Königs gegen die Sachsen an, denen die Flucht in die Wälder nicht gelungen war. Überall wurden Männer erschlagen, die Nachts zum Weihestein gingen und Frauen verbrannt, weil man sie, die Dienerinnen Freyas, Frickas, Ostaras und der hohen Nertus als Hexen bezeichnete.
     
    Und Wulfegar erzählte, dass Widukind, der Karls Häschern stets entkam und am Hof der Dänenkönige gastliche Aufnahme fand. Immer wieder versuchte der Herzog, die sächsischen Stämme unter einem gemeinsamen Banner zu sammeln und zu vereinigen. Doch nur vierundeinhalbes Tausend Mann stellten sich unter sein Kommando. Der Sachsen-Adel verweigerte ihm stets den Gehorsam. Die Fürsten des Volkes hatten wohl eingesehen, dass es sich als Vasall des großen Karl gut leben ließ.
     
    Obwohl Widukinds kleine Schar einige militärische Erfolge gegen die Franken errang, löste er sein Heer doch auf, als die Kunde kam, dass die Heermassen des Frankenkönigs eine zu gewaltige Übermacht darstellten. Nur so konnte er den Männern, die ihm treu gefolgt waren, die Möglichkeit geben, vor dem gnadenlosen Rächer Leben und Besitz zu wahren.
     
    „...aber als König Karl mit gewaltiger Heeresmacht heranrückte, gab Widukind die Sache verloren und floh wieder zu den Dänen.“ erzählte Wulfegar. „Den Männern, die ihm gefolgt waren empfahl er, auf die Höfe zurückzukehren und bei einer Anklage alle Schuld auf ihn zu schieben.
     
    Doch Karl befahl den sächsischen Adel zu sich und forderte Rechenschaft für den Bruch des Friedens. Die Führer des Volkes erwiesen sich als feige Nachkommen ruhmvoller Ahnen. Sie schworen, mit Widukind und den Rebellen nichts gemein zu haben und sie versprachen, Karl die Männer des Aufstandes auszuliefern.
     
    Viertausendfünfhundert Ladungen wurden von Boten ins Land an die Bauern gesandt, die Widukind gefolgt waren. Die Worte ihrer Gaufürsten befahlen ihnen, sich unbewaffnet zu Verden an der Aller einzufinden. Getreu ihrem Eid, den jeder freie Sachse bei der Schildbelehnung auf den Sachs schwört, gehorchten die Bauern dem Aufruf der feigen Volksführer. Gleichwohl sie ahnten, dass es der Weg zum Tode war, beschritten sie ihn. Denn wer dem Eid auf den Sachs untreu wird, der verliert seine Ehre und diese achtet ein Sohn

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