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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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musste später von Wulfegar mehr über ihn erfahren, damit er seinem Ahnen im Frieden wie im Kampf nacheifern konnte.
     
    „Hundert kampfgewaltige Sachsenkrieger! Das war ihre Zahl - und ich war einer von ihnen!“ Stolz erhob Wulfegar sein Haupt. „In jenen Jahren wurde aus dem Knaben ein Mann und Krieger.
     
    Doch was vermögen hundert Wölfe gegen zwanzigtausend Hunde. Vergeblich war ihr Kampf und das ausgeblutete, geschundene Volk wollte nichts als in Frieden die Äcker bestellen und das Vieh weiden. Der Sachsen-Adel ging zu jener Siedlung an der Quelle des Pader und unterwarf sich dem König Karl. Klug entwichen Widukind und seine Getreuen zu König Siegfried ins Dänenland, wo noch die alten Götter zu Hause sind, um nicht durch die Heimtücke der Sachsenfürsten dem gnadenlosen Sieger ausgeliefert zu werden.
     
    Doch unterworfen hatte sich nur der unwürdige Adel, nicht das Sachsenvolk. Als König Karl abgezogen war und die Kunde zu uns drang, dass er mit seinen Franken tief unten im Süden gegen die dunkelhäutigen Anbeter des Gottes Allah kämpfte, kam Widukind nach Sachsenland zurück. Überall in den Gauen ließ er sein Heerhorn blasen und seinen Schild an die heiligen Thing-Eichen hängen. Aber auch diesmal schlossen sich ihm nur die Bauern der Grenzmarken an, die unter der Willkürherrschaft der Frankengrafen und der überall erbauten Klöster litten. Die Hauptmacht der sächsischen Bauern blieb auf ihren Höfen und der Adel stellte sich nicht, wie in den Tagen der Väter, an die Spitze des Volkes.
     
    Es war ein kleines, aber schlagkräftiges Heer das zur Rache auszog. Von Siegvaters Geist beseelt trieben die Sachsen die Franken fast bis zum Rhein. Ha, wie loten die Flammen über den Königsgütern und wie tanzte der rote Hahn über den Dächern ihrer Klöster, während die Mönche mit der stumpfen Speerseite in die Wälder geprügelt wurden. Aber köstliche Beute gab es dort zu finden. Kostbare Priestergewänder, die eines Königs würdig sind und goldene Kelche für das Wunder des Altars!“
     
    „Gold? Kelche?“ grunzte Haakon Bärensprung. „Ich habe diese Worte schon gehört, ohne ihre Bedeutung zu kennen. Sage mir, was ist ein Kelch. Und was ist Gold?“
     
    „Ich denke, es ist an der Zeit, unserem hochgeschätzten Gastgeber das kostbare Geschenk zu überreichen“, sagte Wulfegar mit einem Blick auf seine Tochter. Thursulas Augen ruhten auf der Gestalt von Lars Wolfssohn und sie zuckte zusammen, als sie angesprochen wurde. Kaum bemerkte sie, dass die Augen von Thorleif Knochenbrecher von unten herauf ihren fraulichen Körper mit bewunderndem Begehren betrachtete. Der älteste Sohn des Jarl schenkte ihr mehr Aufmerksamkeit als seinem stets nachgefüllten Methorn.
     
    „Nun, Thursula?“ fragte Wulfegar mit erhobenen Brauen. „Schläfst du mit offen Augen wie der Hase auf dem Felde?“
     
    „Sofort, Vater“, eifrig kramte Thursula in der Tasche, die sie bei ihrer Ankunft über der Schulter getragen hatte. Dann zog sie einen vielfach verzierten Altarkelch aus puren Gold hervor und reichte ihn Wulfegar.
     
    „Das ist ein Kelch, in dem die Christen das Blut ihres Gottes zaubern. Das gelbe Metall, aus dem er geschaffen, ist Gold. Gold aber ist die größte Kostbarkeit des Südlandes“, sagte der Sachse mit feierlich klingender Stimme. „Für dieses Gerät würde ein fränkischer Händler mehr als zwanzig Kühe geben. Es war ein Teil meiner Beute, als wir eins der Christenklöster ausräumten. In diesem heiligen Becher wurde ein süßer Saft gemischt, den die Christen das Blut ihres Gottes nennen!“
     
    „Welcher vernünftige Mensch wird wohl das Blut eines Gottes trinken?“ knurrte Björn und Ragnar setzte hinzu: „Mir genügt das salzige Blut von Ymir, dem Eisriesen, auf dem unsere Schiffe dahingleiten. Die Christen scheinen mir wahre Narren!“
     
    „Du würdest nicht so reden, wenn du jemals den Wein gekostet hättest, den sie das Blut Christi nennen“, lachte Sigurd Schildspalter. „Am Hofe König Karls gab es genug davon und ich schlürfte diesen Trank gern in vollen Zügen. So wie ihn die Priester trinken ist er süß wie Met und gibt einen wunderbaren Rausch, der dir jedoch am nächsten Morgen keinen schmerzenden Schädel beschert!“
     
    „Dieser Kelch ist das Geschenk des Sachsen an einen Nordmann“, erklärte Wulfegar. Mit einer großartigen Geste überreichte er Haakon Bärensprung das kostbare Gefäß.
     
    „Hab Dank, Freund!“ rief der Jarl. „Gleich

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