Die Flammen von Lindisfarne
wäre es nicht schlecht, über zahme Schäflein, die sich willig scheren lassen, statt über diese störrischen Widder zu wachen“, brummte Jarl Haakon in seinen Bart. „Wenn die Furcht vor dem unbekannten Gott die stolzen Nacken der Vasallen beugt, dünkt mich diese seltsame Christenlehre für einen König ganz brauchbar. Doch wie langweilig muss es sein, über solche Sklaven zu herrschen oder sie gegen den Feind zu führen...“
„Wir Sachsen waren nach Eurer Art, ihr Männer des Nordens“, unterbrach Wulfegar die Gedanken des Jarls. „Und das Land, in dem wir hausten, drängte sich von Süden an der Chatten Grenze und endete im Norden an der See-Dänen Reich, wo heute König Göttrik, der Sohn König Siegfrieds von Sturmland, mit harter Hand und weisem Rate seinem stolzen Volke vorsteht. Wie bei euch im Lande der Nordwege so werden auch in den Gauen König Göttriks die alten Götter verehrt. So war es auch im Sachsenlande, bevor Priesterrede und Beutelust die Franken und ihren König dazu brachten, in unsere friedlichen Gaue einzufallen und mit der geschwungenen Axt das Kreuz zu predigen.“
„Ich bitte dich, Wulfegar, nun von den Kämpfen der Sachsen zu berichten“, brachte Lars Wolfssohn aufgeregt hervor. Er ignorierte einen missbilligenden Blick seines Jarl, dass er, der Jüngling, sich in das Gespräch des geehrten Gastes mischte.
„Du wirst früh genug von den Taten deiner Ahnen hören, Sachsensohn“, Wulfegar lächelte nachsichtig. „Doch solltest du das Volk, von dessen Blut du bist, erst einmal richtig kennen lernen.
Der Name der Sachsen stammt von Tiu Saxnot, dem einarmigen Herrn des Krieges zu Walhalla. Unsere Sänger singen Sagen, das Teile unseres Volkes einst Schiffe bauten, um jenseits des Meeres auf der Insel Britannia Land zu nehmen. Von Horsa und Hengist, den Führern der Sachsen, Angeln und Jüten, klingen die Lieder. Und sie erzählen von jenem Heldenkönig Artus, der an der Spitze der kühnsten Krieger seines Landes im Kampf gegen die tapferen Sachsen fiel. Aber das sind Legenden aus Altväter-Tagen, an die sich heute niemand mehr so recht erinnert.“
„Ich weiß viele Lieder über König Artus“, sagte Olaf Metkanne und seine Finger glitten über die Saiten.
„Jetzt wird aber nicht gesungen, sondern geredet“, knurrte Thorleif böse.
„Die Tage der Landnahme in Britannia sind Legende“, sagte Wulfegar. „Doch an die Einfälle der Franken unter König Pippin erinnern sich die Sachsen sehr wohl. Nie kamen die südlichen Grenzmarken von Sachsenland zur Ruhe. Stets mussten die Bauern mit ihren Familien und ihrem Vieh in die dichten Wälder fliehen, während die Franken ihre Höfe ausraubten und anzündeten. Dann bauten sie dort einen Tempel ihres Christengottes, den sie Kirche nennen und umgeben ihn mit Gebäuden und einem ummauerten Hof. Das nennen sie Kloster in dem die kahlschädligen Priester in den härenen braunen Gewändern lebten, die sich Mönche nennen. Wer wollte es den Sachsen, deren Gehöfte dort in Flammen versanken, verdenken, dass sie die Klöster überrannten, die Mönche erschlugen und...!“
„...und ihre Weiber im Triumph heimführten!“ johlte Ragnar, der diese Art von Beute besonders zu schätzen wusste.
„Die Mönche leben nicht mit Frauen zusammen“, warf Thursula ein. „Es ist eine reine Gesellschaft von Männern...in der ein junger Krieger wie du es sicher nicht aushalten würde“, zischte sie zu Lars Wolfssohn hinüber und warf ihm einen Blick zu, dass es dem Jüngling eiskalt über den Rücken rieselte.
Was waren das für Gefühle, die durch den Blick einer einzigen Frau in ihm hervor t? Doch jetzt war nicht die Zeit, über jene Erregung nachzudenken, die ihn durchrieselte, wenn er die Tochter Wulfegars betrachtete und sich vorstellte, ihren schlanken Leib so zu umfassen, wie er das in wildfrohem Spiel mit einer der erbeuteten Mägde gemacht hatte, die auf Weisung seiner Mutter im Ziegenstall schliefen.
„Es stimmt, was hier gesagt wurde“, nickte Sigurd. „Die Mönche haben keine Frauen. Ihr Gott Christus habe keine Frau gehabt und deshalb dürfen sie auch keine Frauen haben.“
„Was? Nur Männer? Keine Weiber?“ Björn Baumfäller prustete vor Lachen und die Männer in der Halle schüttelten verständnislos die Köpfe. „Wie halten die das denn aus?“
„Kannst du die Worte deiner Tochter bestätigen, Wulfegar?“ fragte der Jarl zweifelnd. Der Sachse nickte.
„Sie
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