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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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ergriff die andere Axt und stellte sich eine Armlänge weiter entfernt auf, während Wulfegar nach geeigneten Hölzern für Keile Ausschau hielt.
     
    „Baum! Hohe, hehre Eiche!“ rief Lars Wolfssohn hinauf in die Krone. „Seit dem Tage, an dem du zu knospen begannst, ist dir diese Stunde vorherbestimmt. Ich weiß, dass du noch viele Winterstürme und Sommerhitze erleben könntest, bis du im Innern morsch zusammen gebrochen wärst. Das wäre der Strohtod eines Baumes und niemand fragt nach verrottenden Stämmen.
     
    Du wirst jetzt sterben Baum! Doch du wirst sterben wie ein Wikinger in aller Kampfeskraft. Und wie man dem toten Nordmann ein eherndes Angedenken bewahrt und er in den Liedern und Legenden niemals stirbt, so wirst auch du, Baum, im Körper unseres neuen Schiffes, wieder auferstehen und lebendig sein. Dein Tod als Baum ist der Beginn deines Tatenruhmes als Schiff. Darum verzeih uns, dass wir jetzt tun, was wir tun müssen!“
     
    Und mit aller Kraft hieb Lars Wolfssohn die Axt in den Stamm der Eiche, dass die Späne der Borke flogen...
     
    Immer wieder fuhren die Äxte in den mächtigen Stamm und mit jedem Schlag fühlte Lars, dass dieser Baum, wenn er das Herz ihres Schiffes werden würde, er sich diesem voll anvertrauen würde. Dieses Schiff würde auf den Wogen reiten und jedem Sturm trotzen.
     
    Stolz erfüllt ihn, dass Widar und er, Brüder im Blute, es waren, die diesen König des Waldes zum Herzen ihres Schiffes machten.
     
    Volle zwei Tage arbeiten Lars und Widar, bis sich die Eiche majestätisch neigte und zuerst langsam, dann immer schneller fiel. Sie riss zwei kleiner Kiefern mit und federte, nachdem sie aufgeschlagen war noch einmal wieder hoch, als wolle sie Lars und Widar grüßen, die der Eiche den Strohtod erspart hatten.
     
    Die Arbeit war hart und ein Dutzend Kühe wurden ins Joch gespannt, um den Riesen ins Dorf zu schaffen. Und dann begannen die Arbeiten an dem Drachenschiff, dass so anders war, als alle Schiffe, die Lars kannte. Er schuftete in der Schmiede, bis er, als er allein war, unerwarteten Besuch erhielt...
     
    „Nahmst du ein Bad im eisigen Fjord, Wolfssohn?“ vernahm Lars eine gurrende Stimme hinter sich. „Ich sehe Wasser über deine Stirn perlen und deine Augen brennen rot wie vom Salzwasser gespült!“
     
    „Arbeit und Mühe verhelfen mir zu diesem Bad im Saft des eigenen Körpers, Sachsentochter!“ knurrte Lars ohne von der Arbeit auf zusehen. Die Zange in der Linken hielt ein rotglühendes Eisenteil über dem Amboss, dem Lars mit kurzen, gezielten Schlägen eines schweren Hammers die gewünschte Form gab.
     
    „Ich sehe, du bist recht geschickt im Gewerk!“ in Thursulas Stimme klang echte Bewunderung. „Und stark dazu. Aber wenn man der Sohn eines Schmiede ist...!“
     
    „Ich bin nicht Snorres, sondern Odins Sohn“, gab Lars nicht unfreundlich, aber bestimmt zurück. „Du hast doch die Worte meiner Mutter vernommen, die sie vor mehr als zwei Monden in der Methalle redete. Odin, den ihr Wotan nennt, hob sie in das Boot und mit günstigem Wind getrieben segelte sie die Elbe hinauf. Sie wusste, dass nur im Norden noch das alte Gastrecht und die Treue wohnt. Sie wollte sich lieber den tödlichen Gefahren von Ägirs Element anvertrauen, als auf dem Holzhaufen der Franken zu brennen.“
     
    „Und wie kam deine Mutter hierher in diese wilde Gegend?“ fragte Thursula. Sie trug ein Gewand aus brauner Wolle, das bis zu den Füßen herab fiel und einer Mönchskutte glich. Doch war der Stoff so gerafft, dass sich ihr fraulicher Körper unter dem Stoff abzeichnete. Ihre zarten Finger spielten mit ihrem roten, mit Goldfäden durchzogenen Frauengürtel aus feinem Ziegenleder. Als Lars sie musterte erkannte er, dass die Ausläufer des Gürtels genau über der Stelle lagen, wo unter dem Stoff ihre wohlgeformten Oberschenkel zusammenliefen.
     
    Thursula trug das Haar offen und die rot-goldene Pracht fiel wie ein Schleier auf ihre Schultern herab. Ihre meergrünen Augen konnten sich nicht von Lars und dessen schweißglänzendem Körper lösen, unter dessen wettergebräunter Haut das Spiel der Muskeln eine eigenartige Faszination auf sie ausübte. Sinnlich glitt ihre Zunge über iher Lippen und sie fragte sich, wie lange der Jüngling noch ihrem Verlangen wiedersehen konnte.
     
    „Wiltrudis, meine Mutter, spürte das neue Leben unter ihrem Herzen und empfahl ihr Geschick Odin, dem Vater ihres Kindes“, erzählte Lars und schob das fertig gehämmerte

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