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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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Eisenteil in einen Wassereimer, wo die Glut dampfend verzischte. Thursula ballte die Hände zu Fäusten als sie erkannte, dass er sie kaum ansah, sondern nur Augen für seine Arbeit hatte. „Sie war fest davon überzeugt, dass Odin, der sie aus den Händen seiner Peiniger befreit hatte, sie auch auf dem Meer nicht vergessen würde. Als sie mit ihrem kleinen Nachen die nördliche See erreicht hatte, ließ sie sich von den Elementen treiben.
     
    Sie segelte an der heiligen Insel Forsetis mit den roten Felsen vorbei, auf denen die Priester und Richter der Sachsen das höchste Gerichts-Thing halten. Danach erspähte sie kein Land mehr und fuhr nur noch über das unendliche Wasser.
     
    Sie weiß heute nicht mehr zu sagen, wie lange sie über das Meer glitt. Ägir, der Herr der Meere, war ihr gnädig und hielt Ran, sein wildes Sturmweib, in Fesseln. Und Njörd, der Herr der Wogen, vernahm Odins Weisung und ließ ihren Kahn mit einer Strömung zur Küste Norwegens treiben.
     
    Als alle Vorräte aufgezehrt und der letzte Trunk Wasser genommen war, fanden die Wikinger von Ringan-Fjord, die gerade zu den Fischgründen segelten, den steuerlosen Nachen mit der ohnmächtigen Frau. Wiltrudis wurde von Snorre in sein Haus genommen, ohne dass er jemals fragte, wer der Vater ihres Sohnes sei. Meine Mutter verkündete mir schon als Kind, dass ich der Sohn Odins sei, trotzdem nenne ich auch Snorre meinen Vater und ehre ihn so, als habe er mich gezeugt. Aber wenn die Zeit gekommen ist, werde ich Odin suchen und mir von ihm die Runen auf Thors heiligem Zeichen deuten lassen, das mir die Mutter zu Erbe gab.“
     
    Er berührte den Thorhammer auf seiner Brust, den er seit jenem Tage stets an einer festen Lederschnur um den Hals trug. Keiner aus der Thing-Gemeinschaft hatte jemals Runen dieser Art gesehen.
     
    Nur Sigurd Schildspalter wurde für einen Augenblick bleich wie der Tod, als ihm Lars Wolfssohn die geheimnisvollen Schriftzeichen wies. Doch der weit gefahrene Wikinger hatte sich schnell unter Kontrolle und bewahrte seine gleichmütige Miene. Als Lars auch ihm verkündete, dass er einmal die Welt durchwandern wolle, um Odin zu suchen, blickte er ihn lange an.
     
    „Und du wirst den Erhabenen auch finden, Wolfssohn“, sagte der Schildspalter mit solcher Bestimmtheit, dass Lars nun fest daran glaubte, in den Tagen seines Lebens dem Herrn von Walhall gegenüber zu treten.
     
    „Snorre hat mich schon seit Jahren in seinem Handwerk unterwiesen“, sagte Lars zu Thursula, während er kräftig den Blasebalg bediente und der fauchende Luftstrom die Holzkohle in der Esse hoch-aufglühen ließ. „Bis jetzt hatten wie hier zu wenig Metall, als dass ich viel Gelegenheit gehabt hätte, das kostbare Eisen tatsächlich zu schmieden. Doch die Vorräte, die dein Vater aus Dänenland mitbrachte, waren so reichhaltig, dass es vollauf genug Metall zu formen gibt.“ Dabei lächelte er Thursula zu, ohne zu erkennen, dass in ihr ein Feuer ungezügelter Leidenschaft brannte, dass die wabernde Glut seiner Esse weit in den Schatten stellte.
     
    Lars war bis auf ein Schurzfell aus geschmeidigen braunem Leder nackt. Gelegentlich zuckte sein muskulöser Körper, wenn einer der umher-schwirrenden Glut-funken in seinem Körperschweiß verdampfte. Denn obwohl draußen die ersten Winterstürme von den Bergen herab in die Fjorde, heulten war in der kleinen Schmiedehütte eine Temperatur wie im Mittsommer.
     
    „Durch meinen guten Rat haben wir noch mehr Eisen“, lachte Thursula. Lars nickte. Die Sachsentochter hatte dem Jarl vorgeschlagen, was nur ein Weib ersinnen konnte. Aber mit dröhnendem Gelächter hatte Haakon Bärensprung eingewilligt. Der zusammengedrückte Goldkelch war ohnehin für ihn der nutzloseste Gegenstand seines Hauses. Wenn die Franken so närrisch waren, dieses weiche Metall in hartes Eisen zu tauschen, machte man ein gutes Geschäft.
     
    Mit einer kleinen Mannschaft war Sigurd Schildspalter mit der MEERMAID die Küste hinunter zur Elbe gesegelt. Bei Annäherung an die Mündung des Stromes nahmen sie als Zeichen für friedlichen Handel den Drachenkopf vom Schiffsbug. Ungefährdet und ohne Kampf gelangten sie die Elbe hinab bis zur Hammerburg, die jetzt einen vorzüglichen Flusshafen besaß und von fränkischen Siedlern zum Umschlagplatz für Waren aller Art ausgebaut worden war.
     
    Für Sigurd Schildspalter, der sich mit der fränkischen Sprache auskannte, war es ein Leichtes, einen Händler zu finden, der das Gold des zu

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