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Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Titel: Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Powelz
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sagte Mike hastig. „Aber ist Euch am Tag vor oder nach Knopinskis Tod was Komisches in Bezug auf das Auto aufgefallen?“
    „Nein“, meinte Angie. „Am Nachmittag des 1. November stritten Mutter Merkel und Knut Knopinski im Esszimmer, weil sie ihn zugeparkt hatte. Am gleichen Abend hat Mutter Merkel ihren Golf rückwärts gegen den Poller gesetzt. Sie kam zurück ins Esszimmer, und der dicke Dietmar musste ihr beim Ausparken helfen.“ 
    „Seid Ihr endlich fertig?“, fragte Herr Müller wütend. Der Vater tätschelte Annettes Wange.  
     
    Omi schlief nur noch. Sie würde Mike nichts mehr verraten können – außer in jenen wenigen Minuten, in denen die sedierende Wirkung der Spritze nachließ und bevor sie eine neue bekam.
    Bruno schleuste den Journalisten heimlich in ihr Zimmer. „Jetzt kannst Du sie für fünf Minuten besuchen. Aber beeil Dich! Sie wird gleich wieder einschlafen.“
    Mike näherte sich dem Krankenbett.
    Inmitten der großen Kissen wirkte die spindeldürre Frau mit den erschrocken aufgerissenen Augen noch winziger. Anscheinend hatten sich alle Poren ihres Körpers geöffnet: Omi war klitschnass, aber auch untröstlich.
    „Dass ich das erleben muss“, sagte sie leise. „Nehmen Sie mir bitte den Schmuck ab?“
    Vorsichtig befreite Mike die dünne, kleine Frau von ihren Ohrsteckern, ihrem Fingerring und ihrer Halskette.
    „Das wiegt alles so viel“, flüsterte Klärchen Krause. „Ich mag gar nichts mehr an mir tragen. Können Sie mir eine Frage beantworten?“
    „Klar?“, sagte Mike.
    „Wenn ich einen Teelöffel esse, kommen fünf Löffel hoch“, meinte Klärchen. „Warum ist das so? Ich bin doch in Haus Holle – und nicht in Haus Hölle. Ich möchte so gern etwas essen, um endlich wieder zu Kräften zu kommen. Aber es klappt nicht. Und ich spucke immer Blut. Woher kommt das?“
    „Ich gebe Ihnen jetzt Ihre Schlafspritze“, sagte Bruno.  „Dann geht es Ihnen sofort besser.“
    „Nein“, rief Omi leise. „Bitte noch einen Moment. Ich habe doch Besuch.“ Sie bat Mike, den Fernseher anzustellen. 
    „Nur fünf Minuten Daily Soap “, sagte sie leise. „Kommt heute die Lindenstraße ? Die sehe ich so gern.“
    „Leider nicht“, sage Mike. „Sie müssen bis Sonntag warten.“
    „Wo ist meine Tochter?“
    „Ich weiß es nicht.“ Ratlos blickte sich Mike im Zimmer um. Mit einem Wink bedeutete ihm Bruno, dass er das Thema vermeiden solle.
    „Geben Sie mir etwas zu essen“, bat Omi flehentlich. „Ich muss doch meine Kräfte behalten!“
    „Vielleicht morgen, nachdem Sie geschlafen haben, Frau Krause?“, fragte der Pflegehelfer.
    „Nein , heute!“, insistierte die Kranke. 
    Mike reichte ihr einen Löffel Vanillepudding. Angeekelt begutachtete Klärchen die Speise. Sie konnte sich nicht überwinden, den Mund zu öffnen. Im Gegenteil: Sie würgte plötzlich.
    „Eine Frage noch, Frau Krause“, sagte Mike, als Bruno bereits die Spritze aufzog. „Ist Ihnen etwas Ungewöhnliches in Bezug auf das Auto der Knopinskis aufgefallen, bevor oder nachdem das alte Ehepaar starb?“
    Die winzige Dame sah ihn scharf an. „Ich glaube, er ist damit gefahren. Fährt er nicht immer damit?“ Dann schloss sie ein Auge.
    Bruno setzte die Spritze an.
    Als Klärchen eingeschlafen war, nahm er den Reporter beiseite. „Was ist denn mit dem Auto der Knopinskis passiert?“
    „Nichts“, log der Journalist. „Ich wollte Omi lediglich ablenken.“
    „Seltsame Idee, um jemanden auf andere Gedanken zu bringen“, meinte der Pflegehelfer misstrauisch. „Unsere liebe, dünne Dame findet ihren inneren Frieden nur, wenn sie sich mit ihrer Tochter versöhnt. Ich glaube, dass Omi ihr sagen möchte, dass sie sie liebt. Aber sie kann sich nicht überwinden. Wahrscheinlich glaubt sie, dass sie ein Liebesgeständnis sterben lässt.“
    „Wie die Menschen, die glauben, dass sie tot umfallen, sobald sie ihr Testament oder ihre Patientenverfügung gemacht haben?“
    „Genau! Wenn Omi nicht aufpasst, verpasst sie ihren letzten bewusstseinsklaren Gedanken. Ihr Ende ist nah. Bald wird sie Sabine nicht mehr sagen können, was sie für sie empfindet.“
    Mike blickte auf die röchelnde Kranke. „Es wirkt so schrecklich, dass sie nicht los lassen kann.“
    „Was wir Gesunden wie Qual empfinden, nimmt der Todkranke ganz anders wahr“, wusste Bruno. „Klärchen geht es gut. Sie könnte sanft in den Tod hineinschlafen. Mich besorgt ihr Darmverschluss viel mehr. Wenn sie nicht bald stirbt, kommt ihre

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