Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.
Gegenteil. Omi ließ sich nie im Dorf blicken. Angeblich, weil sie nie frei hatte. Erst, als der Bauer kürzlich starb, wurde ihre lebenslange Haft beendet. Aber sie konnte sie nicht lange genießen, denn sie wurde krank und kam nach Haus Holle.“
„Und Marisabel?“
„War in allerlei Gerichtsprozesse verwickelt“, entgegnete Mike. „Außerdem hat sie schon zweimal einen Offenbarungseid geleistet. Ein Ex-Geliebter behauptet, dass sie ihm viel Geld gestohlen habe. Aber er konnte nichts beweisen.“
„Und die Pellenhorns?“
„Haben eine lupenreine Weste. Barbara Pellenhorn war mal in einen schlimmen Verkehrsunfall verwickelt, bei dem ein Mann zu Tode kam. Ihr wurde aber keine Schuld nachgewiesen. Nein, die Pellenhorns sind völlig in Ordnung.“
„Was ist mit Angie Pfeiffer?“
„Kein einziger polizeilicher Eintrag! Sie hat nicht mal ein Bonbon gestohlen.“
„Dann haben wir etwas Wichtiges übersehen“, sagte Minnie. „Das spüre ich ganz genau. Wenn ich nur wüsste, was es ist… Ich muss nochmal alles überdenken… Irgendwo liegt der Schlüssel zu allem… wahrscheinlich direkt vor unserer Nase… und bestimmt schon während der ganzen Zeit…“
Ed
Ursula Demarmels war überpünktlich. Sie betrat Haus Holle in Begleitung ihres Gatten Dr. Gerhard W. Hacker, eines Universitätsprofessors für medizinische Grenzfragen – und einer Katze auf dem Arm. Demarmels war eine zierliche Frau mit brünetten, halblangen Haaren, einem offenen Blick und einer sanften, klaren Stimme, die jeden an feinstes Kristall erinnerte.
Der Psychologe bot der Rückführerin einen Kaffee an, doch Ursula wollte sich zunächst das Haus ansehen. Andreas führte die Besucherin ins Esszimmer, wo Frau Demarmels auf Rudi Weiß traf. Ohne Scheu vor seinen gelben Fingernägeln, die längst hätten geschnitten werden müssen, gab sie dem alten Vagabunden die Hand und musterte ihn sehr freundlich.
Anschließend fixierte sie Adolf und nickte ihm zu.
„Sind Sie ein neuer Gast?“, fragte Montrésor.
„Ja“, sagte Ursula. „Ich bin hier als Gast, um einen anderen Gast zu treffen.“ Sie wandte sich dem Psychologen zu. „Wo finde ich Minnie?“
„Sie macht sich frisch“, antwortete Andreas. Darf ich Ihnen vorher noch ein paar Fragen stellen?“
„Gern“, meinte die Rückführerin. „Dann nehme ich doch ein Getränk.“
Rasch tischte Kostja, dem kein Wort entgangen war, einen Marzipan-Napfkuchen auf und bot dem Ehepaar Demarmels einen Vitaminmix aus Orangensaft, Joghurt, Pfirsich und ein bisschen Erdbeere an. „Die Atmosphäre in Haus Holle gefällt mir so gut, dass ich direkt einziehen könnte“, scherzte Ursula fröhlich.
Andreas jedoch wurde ernst.
„Was muss ich mir unter einer spirituellen Rückführung vorstellen?“, fragte der Psychologe.
„Ganz einfach“, antwortete Frau Demarmels. „Mit meiner Methode ist es möglich, sich an frühere Leben zu erinnern, und daran, wo wir nach dem Tod in der spirituellen Welt, im Jenseits, als Seelen sind.“
„ Es geht um Wiedergeburten?“ Adolf, der das Gespräch belauschte, staunte.
„Genau“, bestätigte Ursula. „Heute nehme ich Minnie mit auf eine Zeitreise. Einige Menschen, mit denen ich das bislang gemacht habe, erinnern sich an Ereignisse, die geschichtlich sogar oftmals beweisbar sind. Dadurch werden Ängste und Blockaden aufgelöst. Gewiss wird Minnie das helfen, wenn ihr der Übergang in ein neues Leben bevorsteht. Die Erinnerungen während einer Rückführung unterstützen uns Menschen dabei, mehr über unsere karmischen Verbindungen zu erfahren.“
„Heißt das, Sie glauben, dass wir nach unserem Tod nicht weg sind?“
„Natürlich nicht!“ Frau Demarmels lächelte. „Ich glaube fest an die Reinkarnation. Meine Arbeit basiert auf den Erkenntnissen meines Lehrers, des berühmten US-Hypnotherapeuten Dr. Michael Newton, und meiner eigenen Methode. Er hat über 8000 Menschen in Vorleben und in die spirituelle Welt der Seelen begleitet und ihnen faszinierende Erlebnisse ermöglicht.
„Wie lange machen Sie das schon?“ Dr. Albers wurde immer neugieriger.
„Über 28 Jahre“, antwortete Ursula.
„Haben Sie schon mal selbst eine Rückführung gemacht?“
„Eine?“ Frau Demarmels lachte und ihr Mann ergriff ihre Hand. „Unzählige!“
„Aber wie lange dauert eine Sitzung?“
„Circa drei Stunden“, sagte die Besucherin. „Minnie wird während der Sitzung faszinierende Einsichten über ihren persönlichen Seelenführer, den
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