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Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Titel: Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Powelz
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ist spannend, dass einem Wissenschaftler, ähnlich wie bei CSI , genau erklären, was passiert, wenn man betrunken im Whirlpool einschläft oder einem eine Schildkröte auf den Kopf fällt.“
    Er trank einen Schluck Bier und fuhr fort. „Irgendwie erinnert mich mein Aufenthalt hier auch ein bisschen an 1000 Wege ins Gras zu beißen – oder an den Kinofilm Final Destination . Der Zuschauer ahnt die ganze Zeit über, dass die Hauptpersonen sterben. Die Fragen lauten nur: Wer ist der Nächste? Wann passiert es? Und wie schlägt der Tod zu?“
    Andreas nahm Adolf ins Visier. „Wenn Sie diese Erkenntnis aus Ihren übertriebenen Erzählungen gewonnen haben, Herr Montrésor, dann war das Ganze für etwas gut. Ich muss Ihnen aber sagen, dass die Todesfälle, die in 1000 Wege ins Gras zu beißen gezeigt werden, so genannte urbane Legenden sind.“
    „Was sind urbane Legenden?“, fragte Rudi.
    „Eine Art moderner Sagen oder Schauermärchen, Geschichten, die nur den Anstrich von Realismus haben! Man erkennt sie fast immer daran, dass die ursprüngliche Quelle fehlt – ein konkreter Ort, eine konkrete Zeitangabe und ein konkreter Name des Betroffenen.“
    Rudi protestierte. „In 1000 Wege ins Gras zu beißen wurde auch über den Tod eines berühmten Magiers berichtet, den es tatsächlich gegeben hat.“
    „Sie meinen Houdini“, ergänzte Adolf, während sein Auge unter dem Uhrglasverband Rudi fixierte. „Das habe ich auch gesehen! Harry Houdini war ein amerikanischer Entfesselungskünstler und Zauberer, der um 1900 lebte und sich damit rühmte, Schläge in den Bauch zu überleben, weil er seine Muskulatur extrem anspannen konnte. Eines Tages jedoch trafen ihn mehrere Hiebe, als ihn zwei Studenten in seiner Garderobe aufsuchten. Aufgrund dieser Schläge soll er einen Blinddarmriss erlitten haben, durch die eine gefährliche Bauchfellentzündung entstand. Houdini starb im Krankenhaus.“
    Triumphierend nahm Rudi den Psychologen ins Visier. „Verstehen Sie jetzt, wie realistisch die Sendung ist?“
    Dr. Albers seufzte erneut. „Meine Herren“, sagte er. „Natürlich gibt es außergewöhnliche Todesfälle. Aber ich bleibe bei meiner Haltung: Es sind tendenziell Legenden.“
     
    Zwei Stunden später standen etliche leere Bierflaschen auf dem Ecktischchen. Zwischenzeitlich waren Adolf und Rudi mehrmals nach draußen gegangen, um Zigaretten zu rauchen, während das leise Schimpfen der eifersüchtigen Violetta und das Beten des Priesters von oben zu den Gästen drangen.
    Nicht einmal Marisabel störten die angenehmen Gebete. Die Hundezüchterin war tief und fest eingeschlafen. Sie schlummerte sogar weiter, als Kostja den Tisch eindeckte. 
    Der Koch wandte sich Rudi zu. „Worauf haben Sie Appetit?“
    „Auf Frikadellen“, antwortete Herr Weiß. „Gibt’s die hier?“
    „Natürlich“, erwiderte Kostja. „Aber ich muss sie erst zubereiten. Mögen Sie vorher vielleicht eine Kräuter-Buttermilch-Terrine probieren? Und danach ein Lachsfilet mit Kartoffelkruste an Lauch-Apfel-Gemüse?“
    „Ja“, sagte Rudi und griff nach einer bunten Serviette. Ein Rest Bier lief an seinem Kinn hinunter und bahnte sich seinen Weg durch die weißen Bartstoppeln. „Das habe ich noch nie probiert.“
    „Das glaube ich Ihnen sofort“, sagte Marisabel, die aus dem Schlaf aufgeschreckt war. Bedauernd musterte die Hundezüchterin die Speisen. Sie fröstelte. „Mit meinem Infekt sollte ich mich lieber etwas ausruhen – nicht, dass ich ihn noch verschleppe.“
    Als sie sich unter Qualen erhob, und den Arm auf die Tischkante stützte, knickte ihr Ellenbogen ein. Marisabels letzte Porzellantasse fiel auf den Boden und zerbrach.
    „Die lässt sich noch kleben!“ Kostja sammelte die größten Scherben auf. 
    „Lassen Sie mal“, winkte Marisabel ab. „Das ist heute auch egal – ich will nur noch eins: Sofort ins Bett.“
    Als letztes sah Minnie den krummen Rücken von Frau Prinz, und ihre zitternden Hände am Griff des Rollators. Im nächsten Augenblick war Marisabel aus ihrem Sichtfeld verschwunden.
     
    Die Herren aßen alles auf.
    Hätte Adolf, der zu tief ins Glas geschaut hatte, Rudi nicht gebremst – wahrscheinlich hätte der neue Gast sogar seinen Teller abgeleckt.
    Auch Minnie verspeiste ein paar Happen. Die Kartoffelkruste war köstlich.
    „Heute kommt meine Frau“, sagte Adolf.
    „Meine kommt auch bald“, erwiderte Rudi. „Sie ist ein ganz scharfes Gestell – mit großen Titten und einem knallroten Flitzer.“
    Stolz

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