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Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Titel: Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Powelz
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perlmuttfarbige Ausgehschuhe.
    Der lange Schlaf hatte sie beflügelt, doch noch mehr wurde Minnie von dem Vorsatz angetrieben, mit Mike zu sprechen und das Fest zu genießen. Außerdem hatte sie einen Plan gefasst: „Ute, Du hast doch eine Kamera?“
    Eilig bejahte ihre Tochter.
    „Dann knipse jetzt ein Foto von mir. Bewahre es gut auf. So wie ich jetzt aussehe, möchte ich später im Sarg liegen. So findet sich Mutter wunderschön.“
    „Das bist Du, Mama“, entgegnete Clara schniefend. „Ich möchte auch ein Foto von uns machen. Du bist die schönste Mutter der Welt.“
    „Aus Deiner Perspektive bin ich das, mein liebes Kind“, entgegnete die alte Dame. „Erinnerst Du Dich an die alte Geschichte aus der Sesamstraße , die wir mal zusammen gesehen haben?“
    Clara wischte die Tränen fort. „Natürlich, Mama, ich weiß, was Du meinst. Ein kleiner Junge sucht seine Mama. Weinend läuft er durch die Straßen. Da spricht ihn ein Monster an: Was ist los, mein kleiner Junge? “
    Ute imitierte den Jungen: „ Ich bin auf der Suche nach meiner Mama .“ 
    „ Wie sieht sie denn aus ?, fragte das Clara- Monster .
    „ Meine Mama ist die schönste Frau der Welt! Deshalb kannst Du sie leicht finden !“
    „Daraufhin hielt das Monster eine schöne Frau an und fragte das Kind: Ist das Deine Mutter ?“
    „ Nein! Ich habe Dir doch gerade gesagt, dass meine Mama die schönste Mama der Welt ist!“
    „ Noch schöner?’ , staunte das Monster, und hielt eine zweite Dame an. „ Jetzt habe ich sie gefunden! Das hier, das ist Deine Mama!“
    „Doch der kleine Junge weinte noch heftiger: Meine Mama ist viel, viel schöner. Sie ist die aller-aller-schönste Mama der Welt!“
    „Das Monster war hilflos. In diesem Moment stakste ein grauhaariges, altes, krummes und am Stock gehendes Mütterchen an dem Monster und an dem Jungen vorbei.’
    „Da stockte dem Kleinen der Atem. Das da , rief der Junge, das da ist meine Mama! Mama, liebe Mama, wie schön, dass ich Dich gefunden habe. Du bist die schönste Mama der Welt.“
    „Daraufhin schloss das alte Mütterchen den Kleinen fest in ihre Arme. Ihre Stimme klang zerbrechlich, als sie ihren kleinen Sohn vor Freude begrüßte und dann gemeinsam mit ihm fortging.“
    „…  und das Monster verstand, dass jede Mutter für ihre Kinder die schönste Mama der Welt ist.“ Minnie beendete die Geschichte. Die alte Dame war glücklich. „Wie schön, dass Ihr nicht vergessen habt, was ich Euch gelehrt habe. Kommt her, meine Töchter, ich liebe Euch so sehr.“
    Ihre großen Mädchen stürzten in ihre Arme, und aus drei älteren Damen wurde eine einzige Frau. 
     
    Die Bischöfin klopfte um 11.15 Uhr an Minnies Zimmertür.
    Sie trug einen bordeauxfarbenen Rollkragenpullover. Darüber staunte Minnie sehr, weil sie irgendeine Kutte vermutet hätte. Dann jedoch fiel ihr ein, dass sie noch nie im Leben darüber nachgedacht hatte, wie sich Bischöfinnen privat anzogen.
    „Wie gut es hier riecht“, sagte die Bischöfin, die eine stämmige Frau um die Fünfzig war. Sie blähte ihre Nasenflügel. „Duftet es hier nach Lavendel?“
    „Chanel Nr. 5“, antwortete Minnie.
    „Und Sie sind…?“, fragte die Geistliche.
    „Nennen Sie mich einfach Minnie.“
    Die Bischöfin nahm Platz und fuhr sich durch ihr graues Haar. „Seit wann sind Sie in Haus Holle und wie gefällt es Ihnen hier?“
    „Am 1. November bin ich eingezogen“, antwortete die schöne Minnie, „und mir gefällt es hier sehr gut.“
    „Aber wissen Sie auch, dass heute ein hohes Fest zu Ehren des Menschensohnes gefeiert wird?“ Die Bischöfin zwinkerte der alten Dame zu.
    Minnie antwortete ihr mit einer Gegenfrage. „Besuchen Sie die Gäste von Haus Holle immer an den Weihnachtsfeiertagen?“
    „Nicht nur dann“, erwiderte die Bischöfin auskunftsfreudig. „Ich komme auch am Vormittag des Osterfestes, bevor ich das Fest mit meiner eigenen Familie feiere. Weihnachten und Ostern sind die höchsten kirchlichen Feiertage. Viele Menschen fühlen sich dann besonders einsam. Deshalb schenke ich den Gästen jedes Jahr etwas, das ihnen Trost spendet.“
    Sie griff mit der Hand in die Tasche ihres Blazers, zog eine kleine Figur hervor und überreichte sie Minnie. „Das ist ein Engel aus einem ganz besonderen Metall“, erklärte die Bischöfin. „Wenn Sie ihn lange genug in der Hand halten, wird er immer wärmer werden. Probieren Sie es einmal aus.“
    Minnie konnte sich vorstellen, dass sich Marisabel sehr über das

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