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Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Titel: Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Powelz
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Bislang hatte sie vergeblich nach Mike und Anne Ausschau gehalten. Dabei musste sie dem jungen Reporter so viel über die Flocken verraten. Schließlich entdeckte sie ihn unter dem Christbaum. Der junge Mann spielte mit den Katzen, die Fee’s Mops um die Tanne jagten.
    Erleichtert atmete Minnie aus. „Soll er sich ruhig erst erholen“, dachte die alte Dame. „Er wird schon sehen, dass ich da bin.“
    Nachdem die Bischöfin eine lange, durchaus zutreffende Rede über die tiefe Bedeutung des Weihnachtsfestes, der menschlichen Verbundenheit, den Sinn der Familien und Ersatzfamilien, die Wichtigkeit der Freundschaft, Nächstenliebe, Vergebung, Einsicht und Hoffnung gehalten hatte, und ja, auch über die Liebe zu Jesus, roch Minnie vorsichtig an Kostjas Gans – und probierte sie sogar.
    Das Fleisch schmeckte köstlich. Auch der Rotwein war Spitzenklasse. Minnie stieß mit ihren Töchtern an, und gedachte der Hundezüchterin, die heute allein war. Nach wie vor drückte Marisabel pausenlos auf den Alarmknopf. Doch sobald ein Pfleger erschien, blickte sie ihn unschuldig an und sagte: „Ich habe nicht nach Ihnen gerufen!“
    Dennoch: Einen so friedlichen Heiligabend – bei tobendem Schneefall – hatten die meisten Anwesenden seit Jahren nicht mehr erlebt. Niemand musste Schlange im Supermarkt stehen oder sich mit seinem Ehepartner über die richtige Dekoration des Christbaums streiten. Es gab keinen Stress, und die Angst, dass ausgerechnet an den Festtagen der Notarzt gerufen werden müsste, existierte nicht mehr.
    Eine neue Zeit war angebrochen.

Unter der Treppe
     
     
    Clara schob Minnie unter die Treppe.
    „Kann ich Dich wirklich allein lassen, Mama?“, fragte sie besorgt. „Was willst Du hier?“
    „Keine Sorge, meine Kleine“, antwortete die alte Dame. „Es wird nicht lange dauern. Ich muss unbedingt mit jemandem reden. Bitte sage Bruno, dass er Mike unauffällig zu mir schicken soll. Solange im Grünen Saal gefeiert wird, werden wir hier unsere Ruhe haben. Und nein, ich möchte nicht auf mein Zimmer.“
    „Unauffällig? Mutter, führst Du etwas Verbotenes im Schilde?“
    „Keineswegs“, beruhigte Minnie ihre Tochter. „Ich muss wirklich dringend mit Mike sprechen. Er wird mich danach zurückschieben. Und jetzt beeil’ Dich…“
    Seufzend beugte sich Clara dem Wunsch.
    Fünf Minuten später erschien Mike unter der Treppe. Zum ersten Mal seit vielen Wochen waren seine Gesichtszüge entspannt. Minnie glaubte zu erkennen, dass er seit dem Tod seines Vaters viel geschlafen hatte.
    „Mein aufrichtiges Beileid“, sagte die alte Dame. „Wie waren Ihre letzten Tage?“
    „Sehr bewegt“, antwortete der Reporter. „Die Beerdigung meines Vaters fand im kleinsten Kreis statt. Es war sehr traurig, aber Schwester Serva hat sehr schöne Worte über den Charakter und den Umgang meines Vaters mit dem Sterben gefunden. Jetzt können wir alle aufatmen – auch, wenn das erst mal seltsam klingt. Natürlich fehlt uns mein Dad total. Aber es hilft uns, dass wir seit seiner schlimmen Diagnose jede Möglichkeit genutzt haben, um über alles mit ihm zu reden. Ich erinnere mich an so viel. Außerdem hat er mir versprochen, dass er mich abholt, wenn ich einmal sterbe. Am zweiten Januar werde ich wieder zur Arbeit gehen.“
    Mike drückte Minnies Hand. „Wie ist es Ihnen ergangen? Sie sind nicht wieder zu erkennen.“
    „Ich lag ein paar Tage im Tiefschlaf“, gestand die alte Dame ehrlich. „Währenddessen hatte ich unzählige Visionen. Jetzt weiß ich mit absoluter Sicherheit, dass sowohl die alten Knopinskis als auch Berthold Pellenhorn in Haus Holle ermordet wurden. Was ich Ihnen jetzt sagen werde, klingt rätselhaft – aber ich habe die Lösung gefunden, als ich in den Spiegel blickte ! Jetzt kenne ich sogar den Täter. Hören Sie mir gut zu, Mike. Uns fehlt nur noch die Information, warum der Mörder früher schon einmal inhaftiert war und was Knut Knopinski über ihn wusste.“ 
    „Wer ist der Täter?“, fragte Mike wissbegierig.
    Minnie drückte ihm einen Zettel in die Hand. „Hier habe ich Ihnen einen Namen notiert. Bitte falten Sie ihn erst auseinander, wenn Sie das Haus verlassen haben. Anschließend müssen Sie umgehend Ihren Polizeireporter anrufen, und alles über die Biografie des Täters recherchieren – und das bitte so schnell wie möglich. Mir bleibt nicht mehr viel Zeit! Ich spüre, dass der Tod nach mir greift, und ich möchte partout vermeiden, dass es am Ende auf einen Wettlauf gegen die

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