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Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Titel: Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Powelz
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alles. Dein Matze .“
    Unter dem alten Kondolenzbuch wartete bereits ein neues darauf, mit den Namen von Menschen vollgeschrieben zu werden, die vielleicht gerade ihre Weihnachtsgeschenke auspackten und noch nichts von ihrer Krankheit ahnten. Minnie fielen die Worte ein, die ihr Dr. Albers vor dem Einzug ins Hospiz mit auf den Weg gegeben hatte: Eines musst Du verstehen, Minnie. Die Menschen da draußen, all die vermeintlich Gesunden, möchten sich nicht mit dem Tod beschäftigen. Bis er sich mit ihnen befasst .
    Die alte Dame lächelte. „Jetzt möchte ich zurück zum Christbaum“, sagte sie mit fester Stimme. Ihre Leibwächterin setzte sich in Bewegung.
    Als sie den Grünen Saal betraten, erlebte Minnie eine Überraschung. Inmitten der glücklichen Gäste, Pfleger und Angehörigen sah sie eine vertraute Gestalt unter dem Weihnachtsbaum – ihren alten Freund Hans, der Nepomuk streichelte und es duldete, dass der süße Kater sein hübsches Gesichtchen in seine graue Hand schmiegte. Liebevoll sah der Seelenführer die alte Dame an und zwinkerte ihr zu. 
    Minnie duldete es. Seit der spirituellen Rückführung in ihr Vorleben wusste sie, dass andere Menschen Hans nicht sehen konnten. Diese Begabung hatte nur sie. Schließlich war er ihr Seelenführer.
    Die alte Dame sah, dass er mitsang, als die Bischöfin Weihnachtslieder anstimmte. Fasziniert schaute sie zu, als er sich tanzend zu den Klängen eines Ave Maria bewegte, indem er seine Kittelspitzen in die Fingerspitzen nahm und sich ausdrucksstark bewegte. Und sie erkannte, dass er nur sie anschaute.
    „Wohin schauen Sie immer?“, fragte Olimpia. Die Trans-Frau kniff die Augen zusammen, und fixierte die Mitte des Grünen Saals, wo Hans seine Pirouetten drehte.
    Minnie lächelte. „Ich habe gerade an einen alten Freund gedacht“, gestand sie, und wandte sich der großen Dame zu, die ihre Beine elegant übereinander schlug. „Möchten Sie mir nicht ein bisschen mehr aus Ihrem Leben erzählen? Ich wüsste so gerne, ob man als Trans-Frau Liebe macht wie jeder andere Mensch.“
    Olimpia sah sie strahlend an. „Natürlich! Ich habe eine große Liebe. Aber bevor ich Ihnen davon erzähle, muss ich kurz zurückgreifen auf die Geschichte meines Sex- und Liebeslebens. Vor 23 Jahren schenkte ich mein Herz einem Mann, mit dem ich innerhalb von nur fünf Minuten zusammenkam. Er stand am Rande der Tanzfläche in meiner damaligen Lieblingsdisco, wo er sich mit einer schönen Frau unterhielt. Ständig blickten die beiden zu mir hinüber. Ich wusste nicht, ob sie beide mit mir flirteten oder über mich lästerten. Damals war ich noch unglaublich schüchtern.“
    „Waren tatsächlich beide an Ihnen interessiert?“, fragte Minnie.
    „Ja, aber ich hatte nur Augen für den Mann. Schnell kam er zu mir herüber. Wir sprachen ein paar Worte, ich stellte ihm einige Fragen, und dann küssten wir uns wild.“
    „Das ging ja flott“, staunte Minnie. „Was hatten Sie ihn gefragt?“
    „Ob er eine eigene Wohnung hat“, verriet Olimpia, „oder ein Auto, in dem wir uns lieben könnten.“
    „Ui ui ui“, sagte Minnie.
    „Hatte er eins?“, fragte Rudi Weiß, der sich zu den beiden Damen gesellt hatte und mit den Ohren schlackerte.
    „Ja, einen Golf“, antwortete Olimpia. „Der Sex mit ihm war wunderbar. Wir blieben 19 Jahre zusammen. Leider jedoch hatte die Beziehung einen Haken, den ich fast zwei Jahrzehnte lang verdrängt habe.“
    „Jetzt bin ich gespannt“, sagte Rudi, und lehnte sich weit über den Tisch.
    „Obwohl ich rettungslos in ihn verliebt war“, verriet Olimpia, „traute er sich nicht, sich zu outen.“
    „ Auten – was ist das?“, forschte Rudi wissbegierig nach. „Das habe ich noch nie gehört. Sie sind doch eine feine Dame!“
    „Ganz einfach: Er war schwul, sogar stockschwul, aber er machte ein großes Geheimnis daraus. Obwohl wir 19 Jahre zusammen waren, hat er mich nicht einmal seiner Familie vorgestellt. Allerdings haben wir seine Eltern einmal durch Zufall bei einem Spaziergang getroffen. Zwar ließen sie sich nicht anmerken, dass ich ihnen nicht gefiel, aber am nächsten Tag fragten sie meinen Liebsten, ob er sich mit Strichern herumtriebe. Später sah ich seine Mutter noch einmal, als er einen runden Geburtstag feierte. Das war vielleicht ein komisches Gefühl, inmitten der anderen Gäste zu sein, die alle wussten, dass wir zusammen sind – und ihm gegenüber distanziert sein zu müssen.“
    „Was für ein Arsch“, sagte Rudi. „Warum waren

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