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Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Titel: Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Powelz
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Annette und Angie sind meistens unterwegs, genau wie das uralte Ehepaar, die Knopinskis.“ Die Sommersprossige legte ihre Hand auf Minnies und näherte sich der alten Dame mit dem Mund. „Frau Schiffer, unsere Schönheitskönigin, schläft sogar noch oft bei ihrem Mann. Ihre Wohnung ist nur sechs U-Bahn-Stationen entfernt. Aber vielleicht kommt ja heute Abend doch mal einer von den drei fremden Gästen zum Konzert. Dann wüsste ich endlich, mit wem ich seit Wochen unter einem Dach schlafe.“ Ihr Blick fixierte einen leeren Punkt an der Wand. „Man will doch wissen, wer sich hier noch herumtreibt… Manchmal denke ich… Einmal habe ich gesehen… Ach, ich rede Unsinn.“
    „Nicht doch“, ermunterte sie Minnie. „Was haben Sie gesehen?“
    Marisabel starte sie an. „Manchmal denke ich, dass hier noch…“ Die Hundefrau vollendete den Satz nicht. Dann blickte sie Minnie tief in die Augen. „Kann ich offen zu Ihnen sprechen?“
    „Natürlich.“
    „Manchmal denke ich, dass hier noch ein Gast wohnt. Nach dem Einbruch der Dunkelheit habe ich ein furchterregendes Wesen gesehen. Es ist mir zweimal im Flur begegnet und hat mir große Angst eingejagt. Aber ich bin mir nicht sicher, ob mir nicht meine Sinne einen Streich gespielt haben, weil…“
    In diesem Moment wurde ihr Gespräch von einem bösen Zischen unterbrochen.
     
    „Sofort frischer Kaffee!“
    Die keuchende Stimme eines alten Mannes ließ alle anwesenden Gäste schlagartig verstummen.
    Reflexartig suchte Minnie nach ihrem Besitzer. Sie fand ihn am Kopfende der anderen Tischseite. Es war ein betagter, aufgedunsener Herr, der etwas Düsteres ausstrahlte.
    „Widerlich“, dachte Minnie. „Wer ist das?“
    Die fette Hand des Greises katapultierte die Tortenplatte mitsamt dem Schokoladenkuchen derart ruckartig über den Esszimmertisch, das sie gegen die Kaffeetasse der Schönheitskönigin knallte. „Gibt es hier nichts Gescheites? Wir haben Hunger – nicht wahr, Gertrud?“
    Die Angesprochene, eine mollige Frau in einem himmelblauen Nacht-Pyjama, ergriff die Hand des schlecht Gelaunten. Ihre ausladenden Ohrläppchen zierte echter Goldschmuck, außerdem blitzten mehrere mit Juwelen besetzte Ringe an ihren dicken Fingern.  „Knut, ich…“, begann sie beschwichtigend. Doch der Greis, dessen Alter Minnie auf Neunzig schätzte, bedeutete seiner Gattin, sofort zu schweigen. Dazu reichte die Andeutung einer Handbewegung.
    Gertrud Knopinski verstummte umgehend. Als hätte ihr Mann an einer unsichtbaren Schnur gezogen, wandte sie ihren Kopf in die Richtung des bewegungslosen Alten, der nun Mutter Merkel in sein Visier nahm. „Sie haben die Einfahrt wieder blockiert mit Ihrer hässlichen Karre!“
    Angestachelt schüttelte Hildegard Merkel ihre weißen Locken. Bevor die pfiffige alte Dame das Wort ergreifen konnte, hetzte die misstönende Stimme von Knut Knopinski weiter, und auf seinem Gesicht breitete sich ein seltsames Lächeln aus.
    Boshaft starrte er in die Runde. Als erstes haftete sein Blick auf Angie, die die Hand ihrer kranken Frau ergriffen hatte. Knut Knopinski entging die Geste nicht. Scharf zog er den Atem ein.
    „Er hat den bösen Blick!“, hörte Minnie Omis Stimme in ihrem Ohr. Doch leider war die spindeldürre Dame nicht leise genug gewesen. Oder Knut Knopinski hatte ein feines Gehör. Seine glühenden Augen wanderten über die Gesichter der Versammelten und beendeten ihre Reise bei der spindeldürren Dame, die sich erschrocken in ihr künstliches Haar fasste. Dabei verrutschte Omis Perücke. Außerdem fiel ihr vor Schreck die Serviette hinunter.
    Minnie bückte sich, um ihr zu helfen. Als sich ihr Kopf unterhalb der Tischkante befand, sah sie etwas Erschreckendes. Angie Pfeiffer zerrte an einem Taschentuch und zerriss es in Fetzen. Rasch tauchte Minnie wieder auf.
    Jetzt erst nahm Knut Knopinski wahr, dass es einen neuen Gast gab. Feindselig blickte er die alte Dame an. Der Greis musterte Minnie mehre Sekunden lang, unverhohlen und unverschämt. Anstelle normaler Augen sah Minnie ein Paar zusammengezogener Schlitze. „Ganz schön weiß, die neue Lady“, sagte Knopinski zu seiner Gattin. Er lachte blechern und scheppernd. Trotz seiner gemeinen Freude blieb sein aufgeblähter Körper vollkommen bewegungslos. Dann tat er einen grotesken Ausruf, der Minnie zurück in die Realität holte. „Mich regiert mein Körper nicht! Was zählt ist der Wille! Selbstbeherrschung zeigt den Meister!“
    Schlagartig erkannte Minnie, dass dieser Mann

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