Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
Vom Netzwerk:
einem Samttuch arrangierte Puppen: ein Mann und eine Frau mit angedeuteten Geschlechtsteilen. Mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Abscheu nahm ich die männliche Puppe in die Hand. Sie fühlte sich beinahe an wie aus Fleisch und Blut.
    »Eine für ihn und eine für sie«, sagte Cosimo. »Mit diesen Figuren könnt Ihr Coligny und Jeanne von Navarra unter Eure Kontrolle bringen. Dann tun sie, was immer Ihr wollt.« Mit einem Griff in die Schachtel förderte er ein Stofftütchen mit silbernen Stecknadeln zutage. Eine davon hielt er mir unter die Augen. »Ihr müsst ihnen zunächst eine Identität verleihen, indem Ihr einen der jeweiligen Person gehörenden Gegenstand an ihnen befestigt: ein Haar, ein Stück ihrer Kleidung, irgendetwas. Dann beschwört Ihr Euren Willen herauf. Es ist wie beten. Ihr könnt auch Kerzen anzünden. Rot für Beherrschung, weiß für innere Reinigung, gelb für den Sieg. Wenn Ihr Macht ausüben wollt, steckt Ihr diese Nadeln in die Glieder. Ihr könnt Schmerz bewirken, Krankheit und auch Lähmung. Sogar den Tod.«
    Mit einem knochigen, langen Finger stülpte er das Samtfutter zurück, hinter dem sich ein Geheimfach verbarg. Nachdem er einen winzigen Riegel gelöst hatte, kam eine kleine Ampulle zum Vorschein, die mit einem weißen Pulver gefüllt war und derjenigen, die mir sein Vater in Florenz gegeben hatte, sehr ähnelte.
    Das Kerzenlicht warf grotesk verzerrte Schatten auf sein eingefallenes Gesicht. »Sie nennen es cantarella : eine Mischung aus Arsen und anderen geheimen Wirkstoffen. Es soll das Lieblingsgift der Borgias gewesen sein. Nur wenige wissen, wie es hergestellt wird. Es kann Krankheiten, Wahnsinn und den Tod verursachen. In Wein oder Mahlzeiten aufgelöst, ist es nicht nachweisbar. Niemand wird je davon erfahren.«
    Ich stellte mich seinem starren Blick. Die männliche Puppe fiel mir aus der Hand in die Schachtel zurück, wo sie der Länge nach auf der Frauenpuppe zu liegen kam – zwei makabre Gestalten unmittelbar vor dem Geschlechtsakt. Ich knallte den Deckel zu, als fürchtete ich, die zwei könnten wieder herausspringen.
    »Jetzt habt Ihr alles, was Ihr braucht«, flüsterte Cosimo. »Damit könnt Ihr gar nicht scheitern.« Er nahm sein Amulett ab, trat nahe an mich heran und streifte es mir über den Kopf. Schwerer, als ich gedacht hatte, hing es mir am Hals. »Böses gegen Böses«, murmelte er. »Falls sie danach trachten, Euch entgegenzuwirken.«
    Die Vorstellung, dass Coligny zu schwarzer Magie greifen könnte, war doch wirklich lächerlich. Ich unterdrückte gerade noch rechtzeitig ein Grinsen. Aber Cosimos starrer Blick irritierte mich immer mehr. Er meinte seinen Vorschlag, ich solle meine Gegner mit einem Zauber belegen und vergiften, tatsächlich ernst. Ich wiederum hatte das Gefühl, dass es das Klügste wäre, seine bizarren Geschenke nicht zurückzuweisen. Was immer er in diesem Herrenhaus getrieben hatte, hatte seinen Verstand verwirrt. Er hatte die Grenze zu einem Ort überschritten, wohin ich ihm nicht folgen wollte.
    »Du solltest dich in Acht nehmen«, mahnte ich ihn, auf einmal sehr in Eile, zu essen und dann aufzubrechen. »Wenn jemand dich belauscht, läufst du Gefahr, verhaftet und wegen Hexerei bestraft zu werden.«
    Er stieß ein scharfes und zu schrilles Lachen aus. »Wer außer Euch wird mich hier je hören, Hoheit?«
    Ich nickte, dann nahm ich die Schachtel an mich. Er führte mich zu einem mit Fackeln beleuchteten Treppenabsatz. »Morgen breche ich mit dem ersten Licht auf«, erklärte ich. »Wenn du in dieser Karte irgendetwas erkennst, musst du mir sofort eine Nachricht schicken.«
    Seine Augen bohrten sich in mich hinein, als hätte er intuitiv längst von dem unausgesprochenen Bruch zwischen uns gewusst. »Ich werde mich ihr voll und ganz widmen.«
    Ich drehte mich nicht mehr zu ihm um, doch als ich die Treppe hinunterschritt, spürte ich den lauernden Blick, mit dem er mich verfolgte.

    »Du siehst prächtig aus.« Ich trat zur Seite, um meiner neuen Schwiegertochter einen vollen Blick auf sich selbst im Spiegel zu gewähren. Isabell von Österreich war vor einer Woche eingetroffen. Wir hatten ihr einen fürstlichen Empfang bereitet, den sie mit stoischer Dankbarkeit über sich ergehen ließ, obwohl ihre Augen geschwollen waren und sie alle paar Minuten in ihr Taschentuch nieste. Während der langen Reise hatte sie sich erkältet, doch von meinem Vorschlag, die Hochzeit bis zu ihrer Genesung zu verschieben, wollte sie nichts

Weitere Kostenlose Bücher