Die florentinische Prinzessin
Königshäuser gelehrt hatte. »Allerdings«, murmelte ich und richtete mich mit schmerzverzerrter Miene auf. Mein Korsett war zu fest geschnürt. Ich hätte Lucrezia nicht bitten sollen, die Stäbe noch ein Stückchen höher zu ziehen, nur weil ich wider besseres Wissen gehofft hatte, wenigstens einen Teil meiner früheren Figur wiederherzustellen.
»Ihr seht wunderbar aus«, sagte Isabell und deutete auf den Spiegel.
Ich hatte keine andere Wahl, als mich meinem Spiegelbild zu stellen. Was ich sah, war eine kleine, dickliche Frau in einem Kleid mit einer beinahe schwarzen Violettschattierung, mit spitzer Haube und Krähenfüßen um die dunklen Augen. Meine Ohren zierten gediegene Smaragdtropfen; unter der Halskrause hatte ich eine Onyxbrosche und meine Perlen angelegt. Doch nichts in der Welt konnte mir meine Jugend zurückgeben. Ich wandte mich ab.
Glocken begannen zu läuten, und schon legte sich wieder Isabells königliche Maske über ihr Gesicht. »Es ist so weit«, sagte ich und ergriff ihre Hand, um sie zur Trauung mit meinem Sohn zu führen.
Unter der gewölbten Decke nahmen wir unsere Plätze auf der königlichen Bank ein, Henri und Hercule zu meiner Rechten, Margot, Claude und deren Gemahl links von mir. Die Kapelle war zum Bersten voll mit Höflingen und Adeligen, und das schwere Aroma ihrer Parfüms mischte sich mit dem herben Rauch, den die Kerzen und die an den Wänden angebrachten Fackeln verströmten, und gelegentlich einer Note von Pferdedung, der an den Stiefeln eines Edlen kleben geblieben war. Der mit seiner Krone und seinen königlichen Roben bekleidete Charles kniete neben Isabell vor dem Altar, während Monseigneur, der Kardinal, die endlose Zeremonie zelebrierte.
Unterdessen beobachtete ich Margot aus den Augenwinkeln und bekam so mit, wie ihr Blick immer wieder zur Bank der Guises wanderte. Nun, in seinem scharlachroten Wams, das seine intensiven blauen Augen und sein weißgoldenes Haar zusätzlich hervorhob, verdiente der junge Guise ganz gewiss jede Aufmerksamkeit. Er hatte sich einen Bart wachsen lassen, der seinen Zügen einen für sein Alter ungewöhnlichen Ernst verlieh. Jäh setzte mein Herz einen Schlag aus, als ich das Abbild seines falkenhaften Vaters, le Balafré, darin erkannte, und mich durchzuckte ein Schauer.
Sowohl Guise als auch Margot trugen Rot.
Plötzlich spürte ich Henris Lippen an meinem Ohr. »Ein Gespenst ist unter uns. Schaut nur. Coligny ist da.«
Ich erstarrte. »Das … das kann nicht sein.«
»Doch. Spürt Ihr es denn nicht? Er starrt Euch an.«
Das Blut stieg mir in den Kopf. Auf einmal fühlte ich mich wie unter einer Glocke. Ich konnte weder sehen noch hören. Das konnte doch nicht sein. Ich war nicht für ihn bereit. Mir war immer klar gewesen, dass dieser Tag kommen musste, aber ich hatte ihn nach meinem Geschmack inszenieren wollen, nachdem ich die Hochzeit Margots mit Navarra in die Wege geleitet hatte. Noch hatte ich meine Spielfiguren nicht dort, wo ich sie haben wollte. Königin Jeanne entzog sich mir immer noch. Ich hatte sie zur Feier von Charles’ Hochzeit an den Hof eingeladen, doch sie hatte sich damit entschuldigt, dass sie krank sei. Folglich hatte ich angenommen, dass auch Coligny fernbleiben würde, zumal ich die Sanktionen gegen ihn immer noch nicht aufgehoben hatte. Da konnte er seine Sicherheit doch unmöglich aufs Spiel setzen. Henri hatte sich bestimmt getäuscht.
Ich riskierte einen Blick über die Schulter, vorbei an den gelangweilten Höflingen, die das Ende der Zeremonie herbeisehnten, damit endlich das Fest beginnen konnte; vorbei an den tuschelnden Hofdamen und Brautjungfern, die sich trotz der Kälte frische Luft zufächerten; bis ganz nach hinten, wo in einer dunklen Nische eine Handvoll Gestalten zu erahnen war.
Und dort stand er tatsächlich im Schatten, mit glühenden Augen in seinem von Sorgen durchfurchten Gesicht.
»Seht Ihr?«, murmelte Henri. »Ich habe es Euch doch gesagt. Die Toten sind unter uns.«
»Wie konntest du das tun?«, wetterte ich, als Charles sich fürs Bankett umzog. »Er ist nie offiziell begnadigt worden! Wie konntest du ihn einladen?«
Mein Sohn wirbelte zu mir herum und stieß dabei den vor ihm knienden Pagen um, der ihm gerade die mit Juwelen besetzten Schuhe ausgezogen hatte. »Ihr habt gesagt, dass mit dem Edikt alle Hugenottenführer begnadigt werden!«
»Das ist doch etwas anderes. Sie standen unter seinem Befehl. Die Führer befolgten seine Anweisungen.«
»Ich sehe da keinen
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