Die florentinische Prinzessin
was ich wollte, war, dass er mir mit seiner Leichenbittermiene den Tag verdorben hätte.
Navarra stand vor dem Podest mit Charles und Hercule zusammen. Von meinen Söhnen trug der Erstere ein leuchtendes goldenes Wams und einen Federhut, Letzterer einen Samtanzug. Charles redete auf seinen bourbonischen Cousin ein, während der siebzehnjährige Hercule, der in seinem übertriebenen Aufzug noch zwergenhafter wirkte, Navarra neugierig anstarrte.
Über das Stimmengewirr hinweg hörte ich Charles rufen: »Von allen meinen Jagden war das die beste! Mit einem Schuss habe ich den Eber erlegt! Mit einem einzigen! Selbst Coligny meinte, er hätte so etwas noch nie gesehen. Das stimmt doch, Hercule, nicht wahr?«
Mein Jüngster zuckte die Schultern. Unterdessen brach Navarra in ausgelassenes Lachen aus, und als er den Kopf zurückwarf, stand sein widerspenstiges feuerrotes Haar in allen Richtungen von seinem sonnenverbrannten Gesicht ab. Dann bemerkte er Margot und mich und drehte sich zu uns um.
Fast wäre ich wie angewurzelt stehen geblieben.
Er glich bis hin zu dem Lachen und seinen eng stehenden Augen dem Mann, der mir vor all den Jahren in meiner Vision erschienen war.
Seine Diener traten näher an ihn heran. Unmittelbar hinter ihrem Kreis erspähte ich meinen Henri, ein wahrer Prachtkerl in seinen malvenfarbenen Samtkleidern, mit der über die Schultern fallenden Löwenmähne und einer am Ohr baumelnden Perle. Um seine Lippen spielte ein süffisantes Lächeln, während sein Arm beiläufig auf der Schulter seines Freundes Guast ruhte.
Mit ausgestreckten Armen eilte ich Navarra entgegen. »Mein Kind, wie groß du geworden bist!«
»Tante Cathérine«, sagte er und neigte das Haupt. »Es ist so lange her.«
Ich schloss ihn in die Arme. Sein gedrungener Körper war hart; er stank nach Schweiß. Sein schwarzes Wams war nicht nur schmucklos und abgewetzt, sondern auch aus der Mode. Doch als ich mich von ihm löste und ihn eingehend betrachtete – die Augen mit den fast mädchenhaft dichten Wimpern, den kräftigen Unterkiefer und den von Intelligenz zeugenden Mund, das gestrüppartige Haar und die mächtigen Schultern – , schoss es mir in den Sinn, dass er von einer natürlichen Männlichkeit war, wie man sie bei unseren französischen Stutzern nur selten sieht.
»Du bist das Inbild eines französischen Königs«, sagte ich.
»Ich wäre lieber Prinz und hätte meine Mutter noch bei mir«, erwiderte er.
»Ja, natürlich. Die arme, liebe Seele! Sie war ja so stolz auf dich. Bestimmt lächelt sie jetzt auf uns herab. Komm, begrüße Margot.«
Ich trat einen Schritt zur Seite. Gerade als sie vortreten wollte, stolperte Margot über den Saum ihres Rocks. Errötend murmelte sie »Cousin« und neigte sich zu ihm, um ihn auf die mit Bartstoppeln bedeckte Wange zu küssen.
»Das heißt Margot, nicht Marguerite, richtig?« Er grinste sie an. »Oder hat sich da etwas geändert, seit ich dich zuletzt gesehen habe? Dann lass es mich besser gleich wissen, ja? Schließlich haben wir jetzt ein ganzes gemeinsames Leben vor uns.«
Margot zögerte. Dass er Humor haben würde, hatte sie nicht erwartet. »Margot ist mir recht«, sagte sie steif. »Aber nennt mich von mir aus, wie Ihr wollt. Es ist ja nicht so, als ob ich die Wahl hätte.«
Ich lachte laut auf. »Sind sie nicht reizend?«, rief ich und blickte mich unter den lauschenden Höflingen um.
Sofort klatschten alle Beifall. »Einen Toast!«, forderte Charles. Er entriss einem Diener zwei Kelche und reckte einen davon Navarra mit solchem Schwung entgegen, dass der Rotwein überschwappte. Den anderen Kelch reichte er Margot und überließ es mir, mich selbst um einen Kelch zu kümmern. Hercule jagte auf den Pagen zu und schnappte derart ungestüm nach dem letzten Kelch auf dessen Tablett, dass er Mann und Getränk fast zu Boden geworfen hätte. Henris Grinsen wurde immer breiter. Er selbst rührte sich nicht von der Stelle.
Charles hob seinen Kelch. »Auf meinen Cousin Navarra und meine Schwester Margot.« Damit kippte er seinen Wein hinunter, und alle anderen taten es ihm gleich. »Und nun wird gegessen!« Mit wehendem Umhang stürmte Charles voran zum Bankettsaal.
Gerade wollte ich Navarra bei der Hand nehmen, um ihn zu dem Stuhl neben dem meinen zu führen, als Margot sagte: »Vergebt mir, edler Herr, aber ich habe Kopfschmerzen. Ich ziehe mich besser zurück.«
Ich funkelte sie böse an. Doch sie ignorierte mich, machte einen Knicks vor Navarra und verließ sehr zum
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