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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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mehr zu bekommen. »Wie oft haben sie sich schon getroffen?«
    Er blinzelte. »Mindestens zweimal. Charles hat es vorgezogen, zu ihm zu gehen, nachdem Coligny es abgelehnt hatte, ihn in seinen ehemaligen Räumen an unserem Hof zu treffen. Coligny meinte, in seinem Stadthaus fühle er sich woh-1er ; außerdem könne er dort die Hochzeitsgäste besser unterbringen. «
    »Hochzeitsgäste …«, wiederholte ich mechanisch. Mir fielen wieder die Gesichter der Männer ein, die ich beim Besuch an Jeannes Sterbelager gesehen hatte. Auch wenn ich in ihnen einige hugenottische Adelige erkannt hatte, hatte ich mir angesichts der Umstände nichts dabei gedacht.
    »Bringt so viel in Erfahrung, wie Ihr nur könnt«, forderte ich ihn auf. »Ich muss wissen, wie viele von diesen Freunden in seinem Haus weilen und was sie im Schilde führen. Denn irgendetwas planen sie, daran habe ich nicht den geringsten Zweifel.«
    »Sehr wohl, Madama. Und Charles? Soll ich mit ihm sprechen? «
    »Nein. Überlasst ihn mir.«
    Birago nickte, dann eilte er hinaus. Plötzlich spürte ich einen scharfen Schmerz in der Hand. Ich hatte meine Schreibfeder zerdrückt und sie mir in die Handfläche gebohrt.
    Ich stürmte schnurstracks in die Gemächer meines Sohnes. In seinem Zimmer herrschte Chaos. Kleider und Jagdutensilien lagen über den Boden verstreut, und sein Hund nagte an einem Fleischknochen, während Charles mit dem Rücken zu mir stand und sich hastig einen Umhang umlegte. Wäre ich eine Minute später gekommen, hätte ich ihn nicht mehr angetroffen.
    Er wirbelte herum, und jäh wich alle Farbe aus seinem Gesicht. »Was … was macht Ihr hier?«
    »Ich bin gekommen, um mit dir zu sprechen. Störe ich? Gehst du irgendwohin?«
    »Ich … ich wollte … Bei Vincennes wurde ein Rudel Hirsche gesichtet, und Navarra und ich …«
    Ich baute mich vor der Tür auf. »Lüg mich nicht an. Du wolltest zu Coligny, nicht wahr?«
    Er wich zurück, in seiner Miene spiegelte sich Verwirrung. Nervös ächzte er: »Coligny? Wie kommt Ihr nur darauf? Und warum sollte ich zu ihm gehen? Er jagt ja nicht mehr.«
    »Hirsche vielleicht nicht«, entgegnete ich. »Ich bin über deine Treffen mit ihm im Bilde. Ich weiß, dass du ihn seit einiger Zeit zusammen mit Navarra in seinem Haus besuchst.« Ich hielt inne. Seine Augen hatten sich geweitet, und sein Mund arbeitete, als suchte er verzweifelt nach einer Ausrede. »Du brauchst es nicht vor mir zu verheimlichen«, fuhr ich fort. »Du hast reichlich klargemacht, dass du vorhast zu herrschen, wie du es für richtig hältst. Sag mir einfach die Wahrheit, und ich verlasse den Hof noch heute.«
    »Ihr … Ihr könnt doch nicht weggehen«, stammelte er. »Wir müssen uns um Margots Hochzeit mit Navarra kümmern.«
    Ich stieß ein angespanntes Lachen aus. »Was denn für eine Hochzeit? Wenn du mit Coligny paktieren willst, setzt du alles aufs Spiel. Erweise mir wenigstens die Gnade, es nicht miterleben zu müssen.«
    Die Verwirrung wich aus seinem Gesicht. »Aber ich habe doch überhaupt nichts zugestimmt. Das schwöre ich Euch!«
    »Und was hast du dir angehört?«
    Erneut erbleichte er. Er starrte mich mit einer derart schrecklichen Mischung aus Verblüffen und Angst an, dass ich mich einen Moment lang fragte, worin mein Fehler gelegen hatte, dass ich in solchem Maße verkannte, trotz meiner beständigen Fürsorge für ihn den Einfluss eines Mannes wie Coligny nie eindämmen zu können. Mein Sohn war verletzbar; er hatte in jungen Jahren seinen Vater verloren, seinen älteren Bruder unter den Guises leiden sehen und selbst lange Kriegsjahre überstehen müssen. Schon seit er mit der Peitsche auf Margot losgegangen war, spürte ich, dass etwas in ihm zerbrochen war. Und jetzt nutzte Coligny seine Schwäche aus, seine verzweifelte Sehnsucht nach dauerhaftem Frieden und seinen Kampf darum, als König wahrgenommen zu werden, der nicht auf Führung durch seine Mutter angewiesen war.
    »Was will er von dir?«, fragte ich. »Ich werde dir keine Vorwürfe machen, das verspreche ich dir. Ich weiß, wie du dich fühlst. Ich weiß selbst, wie gut er es versteht, auf uns einzureden, bis wir ihm fast alles glauben. Sag’s mir einfach.«
    Er knetete seinen Umhang. Gleichzeitig zuckten seine Augen in alle Richtungen, als suchten sie einen Fluchtweg. »Er … er …« Er schluckte. »Er will, dass ich Euch aus Frankreich verbanne«, platzte er heraus. »Er sagt, Ihr würdet nur Zerstörung über uns heraufbeschwören, Ihr hättet

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