Die florentinische Prinzessin
Hercule nur dann gestatten, um sie zu werben, wenn wir unseren Fehdehandschuh in den Ring werfen. Es ist immer dieselbe Ausrede, mit der sie uns nun schon seit Monaten hinhält. Wenn sie unseren Beistand gegen Spanien haben will, dann soll sie auch eine Gegenleistung erbringen.«
»Aber die Unruhen könnten sich auf Frankreich ausbreiten. Wir können nicht …«
Ich stampfte mit dem Fuß auf. »Sehe ich so aus, als wäre ich für den Kronrat gekleidet?«
Birago richtete sich so hoch auf, wie ihm das dieser Tage noch möglich war. »Vergebt mir. Ich merke, dass ich in einem unpassenden Moment gekommen bin. Die Staatsangelegenheiten müssen offenbar warten.«
Damit ging er hinaus. Lucrezia löste meinen Schleier von einem Haken in der Halskrause. »Ich komme mir vor wie eine Kalbskeule bei einem Bankett«, stöhnte ich. »Ist das alles wirklich nötig?«
»Unbedingt. Wollt Ihr denn, dass Seine Majestät seine Mutter in ihrer alten Witwentracht sieht?«
»Das ist mir gleichgültig. Er soll nur endlich kommen und …«
Kanonensalven übertönten meine Stimme. Meine Hofdamen scharten sich eilig hinter mich, während ich schnell in den Flur hinausstürmte, was mein Leibesumfang und der unbequeme Rock eigentlich gar nicht gestatteten.
Als ich den Hof erreichte, erspähte ich Margot mit ihrem Gefolge. Sie trug ein pfirsichfarbenes Kleid mit einer Halskrause, die so weit war, dass sie mehr der Umrahmung des Kopfes als der Verhüllung von Blößen diente. Das Haar über ihrem gepuderten Gesicht war so raffiniert frisiert, dass daraus Federn zu sprießen schienen, an Hals und Brust glitzerten Turmaline. Ich hatte sie aus der Haft in ihren Gemächern entlassen, bestand aber darauf, dass ein von mir ausgewähltes Aufgebot von strengen Ehrendamen sie begleitete.
»Dieses Kleid steht dir hervorragend«, lobte ich. Mein Zorn auf sie verebbte allmählich. Da Charles tot und Navarra nicht mehr am Hof war, befand sie sich in einem Schwebezustand: Königin und Gemahlin war sie nur dem Namen nach. Nichts konnte ihr Verhalten entschuldigen, andererseits wusste ich aus eigener Erfahrung, wie bitter der Verlust von Illusionen sein kann.
Sie bedachte mich mit einem sarkastischen Lächeln. »Warum sollte ich mich auch nicht herausstaffieren, wenn ich bedenke, dass der gesamte Hof so tut, als wäre ich irgendeine bedauernswerte Witwe. Die arme Margot, flüstern sie, erst wird sie von ihrem Mann verlassen, und dann hat sie noch nicht einmal ein Kind von ihm, das sie ihr eigenes nennen kann.« Sie stockte und reckte dann leicht das Kinn vor, denn sie hatte gemerkt, dass sie mir soeben eine Schwäche gestanden hatte. »Von wegen Ehemann, habt Ihr Neuigkeiten von meinem Gemahl? Soviel ich gehört habe, ist er unter großem Jubel seiner Untertanen in seinem Reich eingetroffen und hat seine Konversion widerrufen. Jetzt ist er wieder Hugenotte. Ich frage mich, wie lange es dauern wird, bis er uns den Krieg erklärt.«
Ich hätte so gerne Mitgefühl für sie gezeigt, aber das hätte sie mir natürlich nie gestattet. »Warum sollte er?«, gab ich zurück. »Nach Hercule ist er der Nächste in der Linie der Thronfolger. Da würde ich annehmen, dass ihm an der Wahrung guter Beziehungen mit uns gelegen wäre.« Ich kniff sie in den Arm. »Und lass mich dich warnen: keine Dummheiten mehr. Ich habe dein Geheimnis für mich behalten und erwarte jetzt von dir, dass du Henri in Ruhe regieren lässt.«
»Ach, um mein Geheimnis braucht Ihr Euch nicht zu sorgen«, entgegnete sie. »Nicht, wenn Henri selbst eines zu hüten hat.« Und mit diesen rätselhaften Worten rauschte sie zurück zu ihren Anstandsdamen.
Sie war einfach unmöglich. Was ich auch versuchte, jedes Mal gelang es ihr, mich zu provozieren. Doch dann verscheuchte ich jeden weiteren Gedanken an sie, als ich erneut angestrengt über die Höflinge hinweg Ausschau hielt. Ich wollte mir nicht die gute Stimmung verderben lassen. Ich war jetzt fünfundfünfzig Jahre alt und hatte viele Verluste erlitten. Heute war der Tag meines Triumphs. Heute war alles möglich.
Henri III. war da. Endlich würden wir den König bekommen, den Frankreich verdient hatte.
Lucrezia, die meine Freude spürte, schlug vor: »Wir können näher zum Tor gehen, wenn Ihr möchtet. Dann seid Ihr die Erste, die ihn willkommen heißt.«
»Nein.« Tränen brannten mir in den Augen. »Lass ihn diesen Moment genießen. Er gehört ganz allein ihm.«
Doch als ich ihn endlich in Begleitung seiner Edlen so stolz und aufrecht
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