Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
Vom Netzwerk:
die Tänze«, protestierte ich. »Der Hof erwartet, dass du den Reigen eröffnest.«
    »Soll Hercule das tun. Er kann ja mit Margot tanzen.« Und bevor ich ihn aufhalten konnte, erhob er sich, stieg vom Podest herab und schritt, dicht gefolgt von Guast, aus dem Saal.
    Ich wich Monseigneurs pikiertem Blick aus und hielt mit wachsender Unruhe Ausschau nach Margot. Sie hatte ihren Tisch gegen einen Diwan in der Nähe des Wandpfeilers getauscht, auf dem sie, von Bewunderern umringt, ruhte.
    Als hätte sie gespürt, dass ich sie anstarrte, warf sie mir einen kalten, wissenden Blick zu.

    Ich stand vor der Morgendämmerung auf. Henri und ich sollten die Themen bei der noch in dieser Woche vorgesehenen Versammlung des Kronrats erörtern. Mit meiner Mappe lief ich los und traf Birago draußen im Flur. Auf seinen Stock gestützt, stand er da; sein faltiges Gesicht verriet, wie sehr er unter seinen Beschwerden litt.
    »Euer Fuß ist böse geschwollen«, meinte ich. »Ist es wieder die Gicht?«
    Er schnitt eine Grimasse. »Ich fürchte, ich habe beim Bankett zu viel gegessen. Aber ich habe einen Entwurf aufgesetzt und …«
    »… und Ihr müsst Euch heute ausruhen«, unterbrach ich ihn. Er wollte schon protestieren, doch mit erhobener Hand gebot ich ihm Schweigen. »Nein. Legt Euch wieder ins Bett, alter Freund. Es ist ja nur ein Treffen mit meinem Sohn. Gleich danach komme ich zu Euch.«
    Dankbar nahm er das Angebot an und humpelte davon, während ich mich zu den Gemächern meines Sohnes begab. Nachdem ich den Säulengang zum Königsflügel durchschritten hatte, traf ich vor der Tür auf einen Wächter.
    »Seine Majestät ist noch nicht aufgestanden«, erklärte er mir. »Er hat die Anordnung gegeben, dass er nicht gestört werden darf.«
    »Jetzt ist es Zeit aufzustehen. Zur Seite.« Der Wächter war klug genug, um mich nicht aufzuhalten. So trat ich ins Vorzimmer, wo ein düsteres Zwielicht herrschte, da an den Rändern der Vorhänge vor den Fenstern ein erster Schimmer der aufgehenden Sonne hindurchsickerte. Auf dem Tisch standen eine Karaffe und zwei Kelche; eine halb offene Tür in der getäfelten Wand führte ins Schlafgemach. Jäh von einer dunklen Vorahnung ergriffen, näherte ich mich. In der Stille konnte ich von drinnen Schnarchen hören. Vorsichtig spähte ich hinein. Direkt vor mir stand das Bett. Der scharlachrote Baldachin klaffte auf und ermöglichte mir so einen Blick auf den nackten, muskulösen Körper Guasts, der im Schlummer einen behaarten Arm über die Kissen gelegt hatte.
    Erschrocken wich ich zurück. Einen Aufschrei konnte ich gerade noch unterdrücken. Aber dann ließ mich ein Geräusch in meinem Rücken herumwirbeln. Aus einem Alkoven im Vorzimmer trat Henri auf mich zu. Er trug einen offenen weißen Seidenrock. Sein wallendes Haar fiel ihm über die Schultern. Ohne seine Prachtgewänder für den Hof wirkte er jünger als seine dreiundzwanzig Jahre, auch wenn seine Brust wie gemeißelt aussah und genau wie die seines Vaters von lockigen, schwarzen Haaren bedeckt war.
    »Was macht Ihr hier?«, fuhr er mich an, Scham und Zorn in der Stimme.
    »Das tut jetzt nichts zur Sache«, entgegnete ich. »Du hättest die Tür absperren müssen. Was … was ist das?«
    Er lief an mir vorbei und stieß die Tür zu. »Ich habe meinem Wächter Anweisungen gegeben. Ihr seid die Einzige, die es wagt, sie zu ignorieren.« Er trat an den Tisch und griff nach der Karaffe. Während er sich einen Kelch einschenkte, hob er die Augen zu mir. »Und was Euer ›das‹ betrifft, müsstet Ihr inzwischen eigentlich Bescheid wissen.«
    Entgeistert presste ich mir die Mappe an die Brust.
    Ohne mich aus den Augen zu lassen, trank er von dem Kelch. »Und? Möchtet Ihr nichts dazu sagen?«
    Ich wollte nicht fragen. Ich wollte mich nicht damit auseinandersetzen. Er war schon immer furchtlos gewesen – unerbittlich im Krieg und in seinem Standesdünkel – und verdiente es, den Namen seines Vaters zu tragen. Von allen Mitgliedern unserer Familie war er am begabtesten gewesen, disziplinierter als Margot, schneller von Begriff als Elisabeth, eifriger als Charles. Ich glaubte fest daran, dass in ihm die beste Mischung des Medici-Valois-Bluts floss, und daran, dass Frankreich zu guter Letzt endlich einen starken König in ihm hatte. Er hatte Fehler gemacht; er war impulsiv und dickköpfig, aber er war ja noch jung und konnte lernen, sich zu zügeln. Und wie bei seinen Brüdern war immer noch ich da, um ihn zu lenken.
    Aber das hatte ich

Weitere Kostenlose Bücher