Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
Vom Netzwerk:
in seinem Sattel in den Hof sprengen sah, konnte ich mich nicht länger bezähmen. Stürmisch drängte ich mich mit ausgestreckten Armen durch die Menge. »Henri, mon fils ! Henri!«
    Kaum war er abgestiegen, warf ich mich ihm in die Arme und sog einen ungewohnten Moschusgeruch ein. Sein dunkles Haar quoll wie eine parfümierte Welle unter seiner Kappe hervor, sein Körper unter dem violetten Wams war straff wie die Saiten einer Leier. » Chère Maman «, flüsterte er und wandte sich, die Arme um mich geschlungen, an die wartende Menge. »Heute«, verkündete er mit tönender Stimme, »huldige ich meiner Mutter, die dieses Reich durch so viele Untiefen gelenkt hat, damit ich den heutigen Tag erleben darf!«
    Und mitten im allgemeinen Applaus ließ ich meinen Tränen, von niemandem bemerkt, freien Lauf.
    Damit das Volk Henri bejubeln konnte, kehrten wir in einer Prozession nach Paris zurück. Er war es auch, der an der Spitze des Zugs ritt, ganz der König, wie ich ihn mir in meinen Träumen vorgestellt hatte, bekleidet mit silbern durchwirktem, malvenfarbenem Brokat, die Gesten majestätisch doch durchaus herzlich, wenn er die sich an den Straßenrändern drängenden Menschenmassen begrüßte und sie ihm entgegenjubelten : » Vive Henri trois! Vive le roi!«
    Im Louvre hielt ich ihm zu Ehren ein Festmahl im Thronsaal ab, den ich für ihn mit den Zweigen immergrüner Pflanzen hatte schmücken lassen, dem Symbol für Beständigkeit. Zwischen ihm und Hercule thronte ich auf dem Podest. An unseren Tisch schloss sich derjenige für Guise an, dem ich anlässlich von Henris Thronbesteigung die Rückkehr an den Hof gestattet hatte. Dort saßen auch sein Oheim, der Monseigneur, sowie unser katholischer Hochadel. Margot saß am Kopfende eines separaten Tischs, wo sich die Gemahlinnen unserer Fürsten und andere hochstehende Hofdamen befanden.
    Henri saß, eine kleine Krone auf dem Kopf, auf seinem Thron. Er zeigte sich sehr wohlwollend den Höflingen gegenüber, die ihn der Reihe nach begrüßten, und erinnerte sich mit einer Genauigkeit an die einzelnen Namen, die ich zuletzt bei seinem Großvater, François I., erlebt hatte. Wir verzehrten gebratenes Wildschwein, Schwan und Fasan. Nach dem Festmahl führte ein Schauspielertrupp von Zwergen eine Komödie auf. An deren Ende gab Henri seinem Leibwächter Guast ein Zeichen, woraufhin dieser einen Beutel Münzen zwischen sie warf. Sofort sprangen die Zwerge alle auf den Boden und fingen an, sich um die Münzen zu prügeln, wobei sie ihre Perücken verloren. Die Anwesenden brüllten vor Lachen.
    Henri indes gähnte. »In Savoyen hält sich jeder von Rang und Namen eine Theatertruppe. Hofnarren hat keiner mehr.« Er wandte sich an Hercule, der die Frauen unter den sich raufenden Zwergen anglotzte, als wollte er sie essen. »Was meinst du, kleiner Affe? Sollen wir die Narren entlassen?« Sein Ton war liebevoll. Noch nie hatte er ein böses Wort zu Hercule gesagt. Doch heute lief mein jüngster Sohn dunkelrot an und spuckte Gift und Galle. »Ich bin nicht mehr dein kleiner Affe! Ich bin jetzt der Dauphin!«
    Henri lächelte nur und ließ den Blick wieder über den vollen Saal schweifen. Die Musiker stimmten unterdessen ihre Instrumente. Und während die Höflinge begannen, ihre Partnerinnen für den Tanz zu wählen, wandte er sich abrupt an Monseigneur. »Monsieur, könnt Ihr mir etwas über Madame de Lorraine-Vaudémont sagen?«
    Ich hatte keine Ahnung, wen er meinte. Aber Monseigneur, der auf seiner anderen Seite saß, neigte mir sofort sein ausgezehrtes Gesicht zu, womit er bewies, dass er zur selben Zeit Gespräche führen und bei anderen lauschen konnte. »Seine Majestät spricht über meine lothringische Nichte. Er hat sie kürzlich in Savoyen kennengelernt, wo sie der Herzogin als Kammerfrau dient.«
    »Sie war bezaubernd!«, schwärmte Henri. »Ich möchte sie an unseren Hof holen.«
    »Es wäre mir eine Ehre«, säuselte Monseigneur honigsüß wie immer, wenn er einen Vorteil für sich witterte. Er mochte die meisten seiner Zähne und Haare verloren haben, doch sein Verstand funktionierte weiterhin wie eine gut geölte Maschine. Ich wollte mich schon zu Henri hinüberbeugen und mich näher nach dieser Madame de Lorraine-Vaudémont erkundigen, als ich sah, wie seine Augen in Guasts Richtung wanderten, der wie ein zerklüfteter Schatten am Fuß des Podests Stellung bezogen hatte. Henri gähnte erneut. »Ich bin schrecklich müde. Ich glaube, ich ziehe mich zurück.«
    »Aber

Weitere Kostenlose Bücher