Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
Vom Netzwerk:
geschickt wurde, und jetzt ist er tot. Das ist Eure Schuld. Alles ist Eure Schuld! Vor Eure Familie, vor Gott und vor alles andere habt Ihr Frankreich gestellt, und seht Euch doch nur an, wohin uns das gebracht hat!«
    Angesichts ihrer Grausamkeit, diesem unheimlichen Echo meiner eigenen Schuldgefühle, verschlug es mir die Sprache.
    Margot stieg aus der Wanne. »Ich habe getan, was in meiner Macht stand«, fuhr sie fort. »Ich habe Navarra zugesichert, dass Ihr ihn zum Erben bestimmt, wenn er nach Paris kommt und an der Messe teilnimmt. Ich habe ihn um Hercules Gedenken willen gebeten, den alten Streit zwischen uns beizulegen – und was hat er getan? Er hat mich ausgelacht. Er lacht und spielt den fröhlichen Monarchen, was immer das ihm einbringt.«
    Sie schnappte sich ein Handtuch und wickelte es sich um den Leib. »Ich habe ihn satt. Ich bin an seinem erbärmlichen Hof geblieben und habe gelächelt, bis mir die Zähne wehgetan haben. Ich habe die Beleidigungen seiner Pastoren ertragen und mir geduldig ihre salbungsvollen Klagelieder angehört. Und brav habe ich die pflichtbewusste Gemahlin gespielt, während er es mit jeder Schlampe getrieben hat, die er zu fassen bekam, ehe er eine von meinen eigenen Dienerinnen zu seiner Mätresse gemacht hat. Er hat kein Herz. Ohne ein Wort des Abschieds hat er mich über die Grenze geschickt. Seine Leibwache hat mich nicht weiter als bis zur Provence begleitet. Wie eine Witwe haben sie mich mit meinen wenigen Bediensteten durch Frankreich reiten lassen. Von mir aus kann er bleiben, wo er ist! Er sieht mich nicht wieder.«
    Ich runzelte die Stirn. Ob sie nun trauerte oder nicht, das hier war nicht die Margot, die ich kannte – die trotzige und närrische Frau, die sich um nichts kümmerte, was nicht ihren persönlichen Interessen diente.
    »Das glaube ich nicht«, sagte ich. »Mehr noch, ich rate dir davon ab, dich hier allzu bequem einzurichten, denn sobald die offizielle Trauerzeit vorbei ist, bringe ich dich persönlich zu ihm zurück.«
    Ich wartete ihre Antwort gar nicht erst ab, sondern drehte mich um und stürmte hinaus. Ich hätte mir denken können, dass Navarra sich nicht aus seiner Festung entfernen würde, dass er es nicht riskieren würde, entweder erneut von uns gefangen genommen zu werden oder Guise zum Opfer zu fallen. Gut, wenn er nicht zu mir kam, würde eben ich zu ihm reisen.
    Ich hatte eine Krone anzubieten, und was immer ihn das kostete, er musste konvertieren und sie annehmen.

    Ich sorgte dafür, dass Hercule ein über alle Maßen prunkvolles Begräbnis bekam. Als der Sarg in die Gruft hinabgelassen wurde, schluchzte Margot herzzerreißend, doch binnen weniger Tage bewirtete sie schon wieder Gäste in meinem Palais, wo ab sofort Festbeleuchtung und dröhnendes Gelächter bis spät in die Nacht ihren dramatischen Trauerbekundungen Hohn sprachen.
    Schließlich fand unsere vierzigtägige Trauer ihr offizielles Ende. Henri und Louise sollten den Hof im Louvre wiedereröffnen, und ich begab mich in das Hôtel de la Reine, das Palais der Königin, um Margot zur Feier abzuholen. Ich traf sie in einem schwarzen Samtgewand und einer Halskrause an, die so hoch und breit war, dass sie zwar das Gesicht einrahmte, aber dennoch das extrem weit ausgeschnittene Mieder nicht bedeckte – kurz: Schultern und Brüste waren mehr oder weniger entblößt. An ihren Hals schmiegten sich Perlenketten, die Ränder ihrer Augen waren mit Kohlestift nachgezeichnet und die Lippen scharlachrot geschminkt.
    »Du siehst aus wie eine Dirne«, tadelte ich sie. »Bedecke dich auf der Stelle.«
    Sie funkelte mich böse an. Wortlos griff sie nach einer durchscheinenden Stola, warf sie sich über die Schultern und stolzierte zu der wartenden Kutsche hinaus. Mir blieb nichts anderes übrig, als hinter ihr herzutrotten.
    Im Louvre tauchten Bienenwachskerzen die Höflinge in ein goldenes Licht. Der Festsaal war bei Weitem nicht so gefüllt, wie ich es erwartet hatte; der nach wie vor herrschende allgemeine Mangel und unsere immer noch nicht geregelte Nachfolge hatten viele Mitglieder des Hochadels zu ihren Ländereien getrieben. Aber als Margot und ich unsere Sitze auf dem Podest eingenommen hatten, erspähte ich dennoch einige unserer katholischen Fürsten, alle höhnisch feixend, was ihre Bärte nicht zu verdecken vermochten.
    Spannung hing in der Luft, die auch dann noch mit Händen zu greifen war, als gebratenes Eberfleisch aufgetragen wurde. Als ein Diener mir ein Stück Fleisch auf den

Weitere Kostenlose Bücher