Die florentinische Prinzessin
der Abtei von St. Denis aufgebahrt lag, trugen wir beide Trauer. In Erwartung einer Antwort auf unsere Einladung hatten wir die Bestattung hinausgeschoben. Endlich hatte uns Navarra nach langen Wochen eine Nachricht geschickt, mit der er den Wunsch ausdrückte, in der Zeit unserer Trauer bei uns zu sein. Bald würde er eintreffen; gemeinsam würden wir sicher einen Weg finden, Guise in seine Schranken zu weisen.
Endlich tauchte der Zug aus der Talsenke auf. Ich spähte unsicher in seine Richtung. Selbst für die Verhältnisse des verarmten Navarra war er erbärmlich klein – nicht mehr als eine Handvoll Pferde und Karren. Als die Gruppe besser zu erkennen war, packte Henri die Zügel seines Pferdes.
»Ich sehe Margot«, sagte er knapp. »Navarra ist nicht bei ihr.«
Im Hôtel de la Reine stand meine Tochter in ihrem knielangen Hemd da, ihre schmutzigen Kleider lagen wild durcheinander zu ihren Füßen. Ihre müden Hofdamen schütteten kannenweise heißes Wasser in einen mit Leinentüchern behängten Zuber. Ungeduldig wartete ich. Endlich verließen uns die Damen mit einem Knicks.
»Himmelherrgott!«, explodierte ich. »Wo steckt er? Begreift er denn nicht, dass er Frankreich erben könnte?«
Margot ließ sich das nach Rosen duftende Wasser über die üppigen Brüste rinnen. Zu meinem Verdruss war ihr Bauch so flach wie eh und je. »Er lässt sein Bedauern ausrichten, aber er konnte Eure Einladung dann doch nicht annehmen, als sein Kronrat Einwände erhob. Sie glauben nicht, dass er hier in Sicherheit ist. Und um zum Erben ausgerufen werden zu können, müsste er doch erneut seinem Glauben abschwören, nicht wahr? Eine solche Entscheidung, sagt er, kann nicht leichthin getroffen werden. Er hat Euch einen Brief geschrieben. « Sie deutete auf den Haufen Taschen beim Bett. »Er ist in meinem Beutel.«
Ihr Gobelinbeutel lag obenauf. Er war offen, und die Düfte von Kosmetika und Parfümflakons strömten mir daraus entgegen. Das zusammengefaltete Pergament mit Navarras Siegel entdeckte ich unter ihrem emaillierten Handspiegel.
Ich sende Eurer Hoheit liebevolle Grüße und mein Bedauern darüber, dass ich den Hof und Seine Majestät in dieser tragischen Zeit nicht beehren kann. Ich bin in tiefer Trauer über den Tod Seiner Hoheit Hercule, Duc d’Alençon. Leider zwingen mich jedoch wichtige Staatsangelegenheiten, in meinem Reich zu bleiben, bis mein Kronrat anderes verfügt. Wie ich vermute, hat Eure Hoheit unser letztes Gespräch nicht vergessen, in dem ich Euch zur Vorsicht riet, denn loyale Hugenotten in Frankreich versorgen mich regelmäßig mit Informationen, dass ein gewisser Angehöriger des Hochadels nicht aufhört, seine Macht unbefugterweise auszuweiten, was zwangsläufig zu einer Bedrohung für Seine Majestät führen wird. Ihr werdet in mir einen Amtsbruder finden, der sich sehr um das Wohl seines Cousins, des Königs, sorgt und aufrichtig hofft, dass Eure Hoheit und Seine Majestät es für angebracht halten, den Ehrgeiz dieses Fürsten in seine Schranken zu weisen, bevor es zu spät ist. Bis auf Weiteres ist es unwahrscheinlich, dass mein Kronrat mir eine Reise nach Frankreich genehmigt.
»Er traut Euch nicht«, sagte Margot, die Augen starr auf mich gerichtet. »Er glaubt, dass Guise ihn ermorden wird, so wie er es mit Coligny getan hat. Ich konnte sagen, was ich wollte, er ließ sich nicht davon abbringen.«
»Du hättest dir mehr Mühe geben sollen.« Ich faltete den Brief zusammen und schob ihn in meine Tasche.
»Ihr habt gut reden«, entgegnete sie. »Ich habe es satt, mit ihm zu streiten! Er behandelt mich wie den letzten Dreck! Kaum wart Ihr abgereist, hat er sich nur noch um seinen Wein und seine Jagden gekümmert und sich geweigert, mir auch nur einen Sou für meine Bedürfnisse zu geben. Das lasse ich mir nicht bieten. Ich bin seine Gemahlin, seine Königin.«
Ich betrachtete sie voller Abscheu. »Du hast dich kein bisschen geändert. Dein jüngster Bruder ist noch nicht unter der Erde, aber du denkst nur an dich. Wenn Navarra sich geweigert hat zu kommen, hättest du bei ihm bleiben müssen.«
Sie setzte sich so abrupt auf, dass das Wasser nach allen Seiten spritzte. »Wagt es bloß nicht, Hercule gegen mich auszuspielen! « Zu meinem Erstaunen traten ihr Tränen in die Augen. »Er war der Einzige, der mich geliebt hat! Keiner von euch hat sich um ihn gekümmert. Keiner von euch hat auch nur einen Finger gekrümmt, um ihn zu retten! Ihr habt zugelassen, dass Hercule nach England
Weitere Kostenlose Bücher