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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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wenn Frankreich Euch braucht.«
    Ich griff nach hinten und schloss meine Hand um die ihre. »Ja«, murmelte ich, »das habe ich auch gedacht.«
    Nachdem ich mich ins Bett gelegt hatte, fiel ich bald in einen erschöpften Schlaf. Und ich träumte.
    Blut tropft von meiner Zimmerdecke. Ich liege der Länge nach ausgestreckt im Bett; ich spüre, wie meine Lippen sich zu einem Schrei öffnen, kann aber meine Stimme nicht hören. Die Blutstropfen sickern von den bemalten Deckenbalken und fallen einer nach dem anderen auf meine Bettdecke. Der Tod ist im Zimmer. Der Tod ist um mich herum. Ich kann sein erbarmungsloses Wesen riechen, sein Salz und seine Bitterkeit fast schmecken. Ich schlage um mich, versuche davonzukriechen, doch die Tropfen fallen jetzt schneller, immer schneller und noch schneller, verwandeln sich in Hagel, prasseln um mich herum nieder, fallen mir in die Augen, den Mund …
    »Hoheit, wacht auf!« Lucrezia stand über das Bett gebeugt und schüttelte mich.
    Schweißgebadet rappelte ich mich mühsam auf. » Dio mio , ich hatte einen grässlichen Traum.«
    Sie blinzelte mich an. »Ihr habt geschrien. Ihr habt uns im anderen Zimmer drüben geweckt.«
    »Wie spät ist es?«, murmelte ich und blickte auf die erloschene Kerze neben meinem Bett, in deren Seiten die Stunden eingeritzt waren.
    »Es wird bald Tag. Schlaft noch ein wenig.«
    »Nein. Ich … ich muss aufstehen. Ich muss doch zu Henri nach Vincennes.« Ich stieg hastig aus dem Bett, aber noch während mir Lucrezia in meine Kleider half, wirkte der Traum in mir nach. Sie heizte im Kamin ein und stellte eine Karaffe davor ab, um den Morgenwein anzuwärmen. »Soll ich Euch etwas zu essen bringen?«, fragte sie mit einem eigenartigen Unterton, der mir erst jetzt auffiel. Ich musterte sie scharf. »Lucrezia, was ist passiert?«
    Sie erstarrte. Im selben Moment hörte ich hinter mir ein Geräusch und drehte mich um. Auf der Türschwelle stand Henri. Er war abgemagert und blass. Bekleidet war er mit einem schmucklosen schwarzen Wams. Das Haar fiel ihm lose auf die Schultern.
    »Es ist etwas mit Hercule«, sagte er leise.
    Die Kehle schnürte sich mir zu. »Aber Hercule ist in England und wirbt um Königin Elizabeth.«
    »Nein. Sie hat seinen Antrag abgewiesen. Daraufhin hat er sich in die Niederlande zurückgezogen, wo er in eine lutheranische Revolte verwickelt wurde. Er wurde gefangen genommen, und Birago hat das Lösegeld für ihn gezahlt. Seit ein paar Tagen ist er wieder hier, aber …« Henri stockte. »Maman, Ihr müsst ihm helfen. Docteur Paré sagt, dass er im Sterben liegt.«
    Ich stand regungslos da. Ich hatte mich doch bestimmt verhört. »Im Sterben liegt?«
    »Ja. Er hat eine Wunde am Bein erlitten; jetzt hat der Wundbrand eingesetzt. Ich habe alle auf Schweigen eingeschworen. Ich wollte es Euch selbst sagen. Aber nach der langen Reise wart Ihr so müde. Ihr brauchtet doch Ruhe.«
    Ich griff nach meinem Umhang. »Bring mich zu ihm.«

    Birago stand mit dem alten Paré am Bett. Beide blickten mich traurig an. Ihre Gesichter waren vor Erschöpfung eingefallen. Sie mussten die ganze Nacht bei meinem Sohn Wache gehalten haben, damit ich schlafen konnte.
    Ich trat ans Bett. Unter Hercules fast durchsichtiger Haut zeichneten sich die Adern ab. »Maman, Ihr seid wieder da?« Seine Stimme war heiser, kaum mehr als ein Flüstern.
    Ich legte ihm die Hand auf die Stirn. Sie war glühend heiß. »Mir ist gesagt worden, dass du verwundet wurdest. Lass mich sehen, ja?« Ich sprach sehr sanft mit ihm. Sein Gesicht war vor Angst verzerrt.
    »Lasst sie das nicht machen! Lasst nicht zu, dass sie mir das Bein abnehmen!«
    »Das werden sie nicht. Das verspreche ich dir.« Während ich das sagte, schlug Paré die Decke zurück. Gerade noch konnte ich ein lautes Aufkeuchen unterdrücken, als ich die schwärende Wunde an seinem rechten Schenkel sah. Die Entzündung war so schlimm, dass man meinen konnte, das Fleisch würde jeden Moment platzen. Wie Tentakel streckten sich bösartige rote Striemen nach der geschwollenen Lende aus.
    »Das habe ich auf dem Schlachtfeld gesehen«, erklärte Paré. »Wenn die Fäulnis nicht behandelt wird, dringt sie ins Blut ein. Als er hier ankam, war er schon sehr krank, und ich wagte nicht, ihn aufzuschneiden. Jetzt …«
    Ich fiel ihm ins Wort. »Ich mache Euch keine Vorwürfe. Geht. Bringt mir heißes Wasser, frische Tücher und Mohn.« Ich fegte einen Stapel Kleider von einem beim Bett aufgestellten Hocker, um mich setzen zu

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