Die florentinische Prinzessin
sich doch kaum von ihrem einzigen Kind trennen wollen.«
»Meine Schwester fürchtet um die Sicherheit ihrer Tochter«, mischte der Kardinal sich ein. »Sie bittet Eure Majestät ebenfalls, Mary hierherschicken zu dürfen, wo sie unter Eurem Schutz leben kann.«
Nichts hätte berechneter sein können. Mein Gemahl war vernarrt in altmodische Vorstellungen von Ritterlichkeit; die hilflose schottische Königin vor den Engländern zu retten konnte ihm nur gefallen, wie Diane und der Kardinal sehr wohl wussten.
Henri wandte sich mir zu. »Cathérine, was sagt Ihr?«
Fast hätte ich gesagt, mein Sohn solle lieber eine Teufelsbraut ehelichen als eine Guise, doch ich hatte keinen vernünftigen Grund, dagegen zu sein, außer dass ich den Guises misstraute und dass Mary Stuart vom selben Stamm war. Ansonsten war es tatsächlich eine ideale Verbindung, die Schottland und Frankreich eine unverbrüchliche Allianz bescheren und unsere Stellung in Europa festigen würde.
Ich war von meisterhaften Ränkeschmieden ausmanövriert worden und lächelte mit so viel Würde, wie ich aufzubringen vermochte. »Was kann ich da noch sagen? Wie es aussieht, müssen wir die kleine Mary Stuart wohl mit offenen Armen aufnehmen.«
»Gut, dann ist das also abgemacht.« Henri zupfte an seinem Wams, konnte es wohl kaum erwarten, sich zu seinem Nachmittagsvergnügen umzuziehen. »Lasst die Königin der Schotten von unseren Galeonen eskortieren«, wies er den Kardinal an, »und versichert Eurer Schwester, dass ihrer Tochter hier Ehre erwiesen wird, bei meinem Wort.«
Der Kardinal neigte den Kopf.
»Würdet Ihr mich zu einer Partie Tennis begleiten?«, wandte Henri sich an Diane.
Sie lächelte. »Ich fürchte, ich beherrsche das Spiel nicht, aber zusehen würde ich gern.« Sie nickte mir zu, als sie an der Seite meines Gemahls hinausrauschte. Ich blieb allein zurück.
Anfang August begaben Henri und ich uns nach Lyon, wo wir unseren festlichen Einzug als neues Königspaar halten sollten. Dianes Anwesenheit wäre dabei unpassend gewesen, also blieb sie widerwillig bei den Kindern, sodass ich endlich einmal die Gelegenheit ergreifen konnte, als Henris Gattin und Königin aufzutreten.
Zehn gesegnete Tage lang wohnten wir ohne sie unter dem gleichen Dach, empfingen Bittsteller, spazierten durch den Schlosspark, dinierten im Thronsaal mit den ortsansässigen Edelleuten, spielten abends sogar Karten. Henri schien weicher zu werden, gelassener: Er lächelte und hörte mir zu. Ich erkannte, dass er fern von seiner Mätresse im Grunde seines Wesens ein schlichter Mensch war, der seine Ruhe schätzte, und ich bekam einen Eindruck davon, wie unser Eheleben aussehen könnte, als ein Bote mit einer eiligen Depesche eintraf.
Henri verdrehte die Augen, während er das Siegel brach. »Schläft unser guter Kardinal überhaupt jemals? Er scheint den Gänsekiel ja nie aus der Hand zu legen.«
Schmunzelnd mischte ich die Karten, während er las. Plötzlich schlug er mit der Faust auf den Tisch. »Herrgott, ich lasse mir von diesem Ketzergesindel doch nicht auf der Nase herumtanzen! «
Ich legte die Karten beiseite. Als ich sah, wie er die Zähne zusammenpresste, sagte ich: »Darf ich mal sehen?«
Er runzelte die Stirn. Ich hatte mich noch nie in Staatsangelegenheiten eingemischt, schon gar nicht, wenn es um den Kardinal ging. Aber Monseigneur hatte mich in der Sache mit der Verlobung übertrumpft, und ich war nicht gewillt, ihm noch mal nachzugeben. »Vielleicht kann ich irgendwie behilflich sein.«
Er hielt mir den Brief hin. Es war ganz einfach: Die Hugenotten wollten gleiche Rechte, ihren Gottesdienst abzuhalten, und verteilten diesbezügliche Pamphlete in Paris, wie sie es schon zu Zeiten meines Schwiegervaters taten, doch jetzt wollte Monseigneur sie dafür verhaften lassen und auf den Scheiterhaufen bringen.
Ich blickte auf. »Abgesehen von Monseigneurs Meinung sehe ich hier eigentlich keinen Hinweis darauf, dass die Hugenotten Euch provozieren würden. Vor lauter Übereifer scheint unser Kardinal in jeder Ecke Verräter zu sehen.«
Henri schwieg eine Weile, trommelte nur mit den Fingern auf den Tisch. Schließlich murmelte er: »Kann sein. Er wollte mein Plazet, die Inquisition bei uns einzuführen.« Er sah mich prüfend an. »Ihr habt nie erwähnt, dass Ihr etwas von den Hugenotten wisst.«
Ich verkniff mir einen Seufzer. Es gab so vieles, was er nicht von mir wusste. »Ich habe am Hof davon reden hören«, sagte ich. »Ich versuche, mich auf
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