Die florentinische Prinzessin
meine Liebe, was haltet Ihr von ihnen?«
»Sie sind schön, wie es ein Königspaar sein sollte.«
»Aha.« Ich sah meinen Sohn an. »Findet Ihr die Königin von Frankreich schön, mein Prinz?«
Er wand sich. »Mary«, wisperte er, »diese Dame, sie … sie ist …«
In dem Moment kam eine junge Frau hereingestürzt, umweht von einem Duft nach frischem Gras und Rosen, das feuerrote Haar zerzaust um das gerötete Gesicht, die üppige Figur in ein viel zu pompöses azurblaues Kleid gepresst. Sie blieb wie angewurzelt stehen, japste erschrocken auf und sank in einen Hofknicks.
Mary machte große Augen.
»Bitte erhebt Euch«, sagte ich. »Ihr müsst Janet Fleming sein, die Gouvernante unserer schottischen Königin hier.«
Janet Fleming richtete sich auf. »Jawohl, Eure Hoheit«, murmelte sie, »zu Diensten, Eure Hoheit.«
Mary blickte verblüfft zu mir auf. »Ihr seid …?«
Ich nickte und umarmte sie. »Jetzt«, flüsterte ich ihr ins Ohr, »jetzt hast du die Königin getroffen.«
Sie erschauerte in meinen Armen. Ich ließ sie los. »Also dann«, sagte ich, »spielt schön weiter.« An der Tür wandte ich mich um. »Ihr habt meine Frage nicht beantwortet, meine Liebe.«
»Welche Frage, Hoheit?« Sie hatte ihre Selbstsicherheit schnell wiedergefunden.
»Findet Ihr mich schön, so wie eine Königin sein sollte?«
»Natürlich«, erwiderte sie ohne Zögern. »Alle Königinnen sind schön.«
Es war eine ausweichende Antwort. Aber sie freute mich trotzdem.
Im folgenden Jahr gebar ich mein viertes Kind und den zweiten Sohn, Charles. Einen Monat übertragen, war er ein schmächtiges Baby, ungewöhnlich still. Aber dafür sah er seinem Vater sehr ähnlich, sogar schon als Kleinkind; und mein Gemahl, der die Kinderzimmer immer gemieden hatte, fand sofort Gefallen an ihm, verzaubert von Charles’ beglücktem Glucksen, wann immer er auftauchte. Henris Zuneigung zu unserem neuen Sohn bedeutete auch, dass Diane sich sofort um Charles zu kümmern begann und darauf bestand, dass er zwei Ammen bräuchte, um zu gedeihen, und zusätzliche Dienerschaft. Wieder einmal wurde ich übergangen, obwohl ich es war, die das Kind bekommen hatte, und mein Hass auf Diane erstickte mich fast.
Doch ebenso wie ich sollte sie bald herausfinden, was für einen Preis sie zahlen musste.
Ich hatte mich früh vom Abendbankett zurückgezogen und saß vor meinem Frisiertisch, wo Lucrezia mir das Haar bürstete. Anna-Maria verkündete an der Tür: »Majestät, Madame de Valentinois ist hier«, und schon kam Diane unaufgefordert hereingefegt.
»Lasst uns allein«, sagte ich zu meinen Frauen und wandte mich zu ihr. »Madame, ich wollte gerade zu Bett gehen.«
Ihr Mund zuckte. »Ich musste Eure Hoheit sprechen. Es ist entsetzlich! Entsetzlich!«
Ich sprang auf. »Um Gottes willen! Was ist mit meinen Kindern?«
Sie schüttelte den Kopf. »Es geht ihnen gut. Ich komme gerade von ihnen, und sie schlafen wie die Engelchen. Es geht nicht um sie. Es geht um die Hure, die sie betreut.«
Ich stutzte. Das war eine unerwartete Entwicklung. »Auf wen spielt Ihr an: Madame d’Humeries oder Lady Fleming?«
»Lady Fleming, natürlich. Ich habe herausgefunden, dass sie und der Konnetabel ein Verhältnis haben.«
Ich konnte mir das Lachen nicht verkneifen. »Die Fleming ist zweifellos ein kesses Weib, aber nicht einmal sie würde mit einem Mann ins Bett gehen, der alt genug ist, ihr Großvater zu sein.«
Mein kleiner Seitenhieb auf das Alter blieb unbemerkt; ich vermied es, zu erwähnen, dass ich Janet Fleming ganz nett fand und die Kinder sie liebten, denn sie war immer bereit, ihre Röcke zu raffen und mit ihnen Verstecken zu spielen oder sich auf alle viere niederzulassen und nach einem verlorenen Spielzeug zu suchen.
»Es ist wahr«, fauchte Diane. »Janet Fleming wohnt ihm bei. Man hat sie wiederholt in seine Gemächer schlüpfen sehen. So kann das nicht weitergehen. Denkt an den Skandal, wenn ihre Hurerei öffentlich bekannt wird.«
Obwohl ich es ungern zugab, war sie nicht hysterisch. Sexuelle Indiskretionen zogen am Hof ihre eigenen Kreise. Jeder, der etwas gegen die Guises hatte (und davon gab es viele), hätte das Gerücht ausschlachten können, um Mary zu verleumden, die eines Tages meinen Sohn heiraten sollte. Sicher wusste Diane, wovon sie sprach, wenn sie Janet Fleming beschuldigte; sie hatte ihre Spione überall, und ich kannte ihre voyeuristischen Gelüste ja aus eigener Erfahrung. Nur dass Montmorency etwas damit zu tun haben sollte,
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