Die florentinische Prinzessin
war durch seinen Austritt aus meinem Leib. Ich wiegte ihn stundenlang, und zur Bestürzung meiner Frauen stillte ich ihn sogar selbst, obwohl er eine Amme hatte. Lucrezia fand es unschicklich, dass man mich mein Kind säugen sah wie eine Bäuerin, aber das war mir gleichgültig.
Das folgende Jahr war eines der glücklichsten für mich, obgleich 1552 ein Kriegsjahr war, da der Ausbruch von neuen Streitigkeiten um Mailand uns wieder einmal nötigte, Truppen zu Italiens Verteidigung gegen Kaiser Karl V. zu stellen. Bevor Henri diesmal jedoch an die Front aufbrach, nahm er mich im Thronsaal vor dem versammelten Hofstaat bei der Hand und verkündete: »In meiner Abwesenheit betraue ich meine Gemahlin, die Königin, mit den Staatsgeschäften. Sie soll über euch herrschen, und ihre Entscheidungen sollen ebenso geachtet und befolgt werden, als wären es meine eigenen. «
Tränen traten mir in die Augen, als er sich zu mir umwandte und murmelte: »Das hast du dir verdient, Weib.« Es war eine Ehre, die wenige Königinnen von Frankreich je genossen hatten, und als ich an ihm vorbei auf die Menge der Höflinge blickte, sah ich Diane an ihrem Tisch, kreidebleich. Neben ihr zog Monseigneur eine finstere Miene. Jetzt wussten sie, dass man mich nicht mehr geringschätzen konnte, und dieser unerwartete Triumph entschädigte mich für Jahre der Erniedrigung, die ich zu erdulden gehabt hatte.
An jenem Abend sprach Henri in meinen Gemächern zu mir von meinen Pflichten.»Lasst Euch vom Kronrat anleiten, aber vergesst nicht, die Regentin seid Ihr, nicht sie. Seid streng mit ihnen, Cathérine«, sagte er mit einem Lächeln, »wie Ihr es so oft mit mir seid.«
Dann brachte er mich zu Bett und liebte mich wie ein vertrauter Freund.
Ich nahm meine Regentschaft ernst. Ich traf mich mit dem Rat, hielt Audienzen mit Gesandten und spornte meine trägen Hofdamen an, Vorräte für die Front einzupacken. Abends schrieb ich an Henri und schilderte ihm jedes Detail, während der so hoffnungsvoll begonnene Krieg sich gegen uns wandte. Die Mailänder, die unseren Beistand erbeten hatten, wehrten sich plötzlich gegen unseren Vorstoß, und zusammen mit seinem Sohn, Philipp von Spanien, stellte Karl V. uns eine eindrucksvolle Streitmacht entgegen, die den Mailänder Boden bald mit französischem Blut tränkte.
Drei Monate, nachdem er an der Spitze eines großen Heeres losgezogen war, um Mailand dem kaiserlichen Joch zu entreißen, kehrte Henri erschöpft und ausgezehrt nach Frankreich zurück. Mehr als die Hälfte der Männer, die ihn begleitet hatten, waren verwundet oder gefallen, und unsere Staatsschatulle war leer.
»Ich muss einen Friedensvertrag anstreben«, erklärte er. »Sonst werden Karl und Philipp uns zermalmen. Ich habe versagt. Mailand wird uns nie wieder gehören.«
Ich setzte mich neben ihn. »Ihr müsst tun, was das Beste für Frankreich ist.«
Er nickte müde und entsandte unsere Unterhändler zum Habsburger Hof. Während sie um die Vertragsklauseln stritten, erreichte uns die Nachricht, dass Karl V., von Gicht geplagt, beschlossen hatte abzudanken; Österreich, Flandern und die deutschen Provinzen hinterließ er seinem jüngeren Bruder, während Spanien, die Niederlande und die Neue Welt an seinen Sohn gingen, Philipp II., der mit Mary Tudor, der Schwester des verstorbenen Königs von England, vermählt war.
Meine letzten beiden Kinder bekam ich in den nächsten zwei Jahren: im Mai 1553 meine Tochter Margot und zwei Jahre später meinen vierten Sohn, Hercule. Beide kamen im Zeichen des Stiers zur Welt, einem Zeichen, das ebenso zu Inbrunst und Leidenschaft fähig ist wie zum Verrat.
Als ich sechsunddreißig Jahre alt war, lernte ich Michel de Nostradamus kennen.
Hungersnot und Unwetter plagten den Süden und dazu noch ein Ausbruch der Pest, der Massen von Bauern in unsere Städte schwemmte. Ich las schaurige Berichte von unseren Bürgermeistern, dass ganze Städte verbarrikadiert wurden, um das Eindringen der Pest zu verhindern, sodass die drinnen gefangenen Bürger mehr schlecht als recht nach Nahrungsmitteln stöbern mussten, während Massengräber ausgehoben wurden.
Wie allen anderen lief es mir beim Gedanken an die Pest kalt über den Rücken; zwar hatte es bei Hof keinen einzigen Fall gegeben, seit ich in Frankreich war, aber einer hätte schon gereicht, um ganze Dynastien auszumerzen. Also ordnete ich strenge Hygienemaßnahmen in den Räumlichkeiten meiner Kinder an, bestand darauf, dass jeder Boden mit Teppichen
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