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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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hier nicht in Spanien: Wir verbrennen hier niemanden wegen Meinungsverschiedenheiten.« Ich gebot ihrem Widerspruch Einhalt. »Doch, es ist eine Meinungsverschiedenheit. Soweit ich weiß, beten wir zu dem gleichen Christus. «
    Wutbebend sprang sie auf; ihr Stickzeug lag zu ihren Füßen. »Also ist es wahr! Ihr … Ihr seid …« Sie schluckte krampfhaft, als würde sie an dem Wort ersticken.
    Ich warf einen Seitenblick zu Lucrezia, die reglos dastand, den Krug in der Hand. Ich zwang mich zu einem Lachen. »Was? Was soll ich sein? Herrgott, du glaubst doch nicht etwa, ich, die Mutter des Königs, sei eine Ketzerin?«
    Sie stand mit bockiger Miene da und wich meinem Blick aus. Ihr Schweigen war Antwort genug.
    Ich seufzte. »Du enttäuschst mich. Ich wurde im römischen Glauben geboren und werde gewiss auch darin sterben. Dass ich zur Toleranz gegenüber diesen Hugenotten rate, heißt nicht, dass ich ihr Credo teile. Wie du, weiß ich fast nichts über sie, aber so viel ist sicher: Sie verfolgen uns nicht.«
    »Ihr verteidigt sie ja doch!«, schrie Mary. Sie wandte sich ab und stakste davon. Ich verdrehte die Augen in Richtung Lucrezia. »Hast du je im Leben solchen Blödsinn gehört? Meine eigene Schwiegertochter bildet sich ein, ich stünde mit den Protestanten im Bunde. Woher kann sie nur so eine hirnverbrannte Idee haben?« Noch während ich die Empörte mimte, wusste ich bereits, was sie sagen würde.
    »Woher schon? Nehmt Euch in Acht, Madama, auf dass Monseigneur nicht am Ende noch einen Weg findet, Euch den Flammen zu übergeben. Offenbar macht er vor nichts Halt, um seine Zwecke zu erreichen.«

    Fünf Nächte später weckte mich ein Klopfen an der Tür. Ich tastete nach einem Fidibus, um meine Kerze anzuzünden, als Lucrezia hereingestürzt kam. »Madama, Ihr müsst aufstehen! Wir müssen sofort weg!«
    Ich glitt aus dem Bett. Von ihrer Pritsche am Fußende aus blinzelte Anna-Maria verdutzt herüber. Nach ein paar Minuten kam auch Birago herein. »Heilige Muttergottes, was ist denn los?«, fragte ich und warf ein Schultertuch um.
    »Die Guises behaupten, hugenottische Rebellen seien auf dem Vormarsch. Monseigneur hat unsere Umsiedlung nach Amboise angeordnet. Zum Packen bleibt keine Zeit. Wir können nur mitnehmen, was wir am Leibe tragen.«
    Ich dachte an meinen Zusammenstoß mit Mary und hätte am liebsten irgendwas an die Wand geschleudert. Ich sah Birago forschend an. »Ist es wahr? Was wisst Ihr?«
    Er sah müde aus, die schmalen Wangen eingefallen von den langen Tagen und Nächten, die er als mein Spion in den Galerien und Korridoren des Hofes zubrachte, um Neuigkeiten auszukundschaften. »Anscheinend hat ein Spähertrupp der Guises die Rebellen im Wald aufgebracht und einen von ihnen geschnappt. Dieser Mann gestand, dass die Hugenotten planten, Blois zu belagern und Ihre Majestäten gefangen zu nehmen. « Er senkte die Stimme. »Die Guises haben ihre Spione überall. Ich kann mir nicht vorstellen, wie ihnen dieser Plan bislang entgangen sein soll. Jedenfalls werden wir im Schlosshof erwartet. Ich würde lieber nicht säumen.«
    Ich kleidete mich fertig an, nahm meine Schmuckschatulle und die verschlafene Muet unter den Arm und eilte aus meinen Gemächern. Höflinge stürzten aus allen Richtungen mit überquellenden Taschen und Bündeln in panischer Flucht zur Freitreppe. Meine Damen und ich wurden in dem Strom mitgerissen, taumelten, außer Atem und mit verrutschten Hauben, hinaus in den Schlosshof.
    Ein Kontingent von Wachen blockierte die eisernen Hoftore. Pagen liefen mit Fackeln herbei und tauchten die Szenerie in schwankende, rauchgeschwängerte Glut, während die Frauen auf Karren kletterten, die eigentlich zum Transport von Mobiliar bestimmt waren. Männer sprangen auf Pferde; le Balafrés Leibgarde galoppierte rings um den Hof und verbreitete noch mehr Panik mit ihrem Kriegsgeschrei. Wie ein Miasma hing die Angst über dem mitternächtlichen Menschengewühl.
    Ich erspähte le Balafré, wie er Mary und François in eine Kutsche drängte. Schnell lud ich Lucrezia meine Schatulle und Muet auf – »Finde einen Wagen!« – und rannte über den Hof. Als ich le Balafré erreichte, klopfte mir das Herz im Hals. Die hagere Gestalt in eine Rüstung eingeschlossen, warf er mir von seinem weißen Schlachtross herab ein grausames Lächeln zu. »Wie ich sehe, haben Hoheit unsere Warnung befolgt. So mögt Ihr denn mit Ihren Majestäten fahren.«
    Ich kletterte in den engen, gepolsterten Innenraum, wo Mary

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