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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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Glühwürmchen, in der lauen Frühlingsluft zu kreisen. In der Ferne erklang eine Pavane, die vage Erinnerungen an Florenz weckte. Mit Sonnensegeln überdachte Kähne in den fantastischen Formen stolzer Schwäne oder Raubvögel glitten auf dem Cher dahin und wühlten mit ihren bemalten Rudern die silbrige Wasserfläche auf. Mary und François segelten dort mit einer ausgewählten Gruppe von Getreuen, hielten sich bei den Händen und fanden Trost in ihrer sanft schaukelnden, mit Goldschleiern verhängten Zuflucht. Meine anderen Kinder, Margot, Charles und Henri, saßen mit ihren Erziehern in einem anderen Kahn und freuten sich des Lebens.
    Ich hatte sie nach den Hinrichtungen fortgebracht, aber erst, nachdem der Gestank der faulenden Köpfe auf den Balustraden Mary hatte in Ohnmacht fallen lassen und aufgebrachte Bürger einen toten Hund gegen die Kutsche des Kardinals geschleudert hatten, als er Amboise verlassen wollte. Wie erhofft, hatten die Guises sich durch jenen Akt der Unmenschlichkeit als Tyrannen demaskiert, und alle, bis auf unsere konservativsten Katholiken, gegen sich aufgebracht; wenn Monseigneur und sein Bruder nämlich zweiundfünfzig Männer ohne Gerichtsurteil abschlachten konnten, verhieß das nichts Gutes für jedweden, der sich ihnen entgegenstellen wollte.
    Und so bewilligte Monseigneur meine Bitte um einen Wechsel der Umgebung. Er und le Balafré mussten in Amboise bleiben, um einen Anschein von Ordnung wiederherzustellen, doch er wollte nicht, dass seine kostbare Stuart-Nichte oder François krank würden. Ich nutzte die Gelegenheit, um mich von einem Großteil des Hofstaats zu befreien, da mein Château zu klein war. Sobald wir Chenonceau erreicht hatten, sandte ich meine Einladung ab. Jetzt befand ich mich im Vorteil; ich stand an meinem Fenster und beobachtete, wie mein Sohn und seine Königin vorbeisegelten.
    Es klopfte an der Tür meines Kabinetts. »Er ist da«, sagte Lucrezia. »Seid Ihr sicher, dass Ihr wisst, was Ihr tut?«
    »Natürlich. Mach dir keine Sorgen.« Ich lächelte ihr zu und nahm die Mappe mit dem Dokument, das ich mit Birago aufgesetzt hatte. »Ich komme gleich. Sieh zu, dass unser Nachtmahl bereitsteht.«
    Unwillig zog sie sich zurück. Ich warf einen schnellen Blick in den Spiegel. Ich hatte ein neues schwarzes Damastkleid mit Stehkragen angelegt, Perlen schmückten meine Ohren, und ein Sud aus Walnuss und Henna hatte meinem Haar den rötlichen Schimmer zurückgegeben; es lag jetzt in ein goldenes Netz gefasst in meinem Nacken. Ich hatte einiges an Gewicht verloren, da ich jeden Morgen ausritt und den Verzehr meines heißgeliebten Brotes einschränkte. Alles in allem bestätigte mir mein Spiegelbild, dass es mir gelungen war, etwas von dem Mädchen wiederzubeleben, das er damals in Fontainebleau getroffen hatte. Es war unbedingt notwendig, lebensfroh und überzeugend zu wirken.
    Mit der Mappe unter dem Arm trat ich in den angrenzenden Raum.
    Birago und Coligny standen am Kamin, Becher in den Händen. Ein gutes Zeichen: Er hatte meinen Wein angenommen und seinen Umhang abgelegt. Als er meine Schritte hörte, wandte er sich um. Im flackernden Kerzenschein schien er um keinen Tag gealtert.
    »Willkommen«, sagte ich, während er den Becher absetzte und sich über meine Hand beugte. Birago entschuldigte sich und ließ uns allein. Coligny war von einem kräftigen Geruch nach Pferden und Schweiß umgeben, da er mehrere Stunden im Sattel verbracht hatte. Plötzlich befangen, winkte ich ihn an den Tisch.
    Ich hatte diesen Raum wegen seiner intimen Atmosphäre gewählt und sah, dass Lucrezia sich trotz ihrer Vorbehalte selbst übertroffen hatte. Auf der Anrichte schimmerten goldene Servierplatten; eine Vase mit Lilien stand auf dem Kaminsims, und der Tisch war mit Limoges-Porzellan und Muranogläsern gedeckt.
    Stirnrunzelnd stand Coligny neben seinem Stuhl. Sein Bart war voller und von strahlendem Messingglanz, als ob er Pomade hineingekämmt hätte. Aber das Kerzenlicht trog: Ich konnte sehen, dass er tiefe Falten um die Augenwinkel hatte und sehr viel dünner geworden war.
    »Seigneur«, sagte ich, »Ihr müsst hungrig sein. Bitte, setzt Euch doch.«
    »Zuvor muss ich Euch fragen, was in Amboise geschehen ist. Die Hugenottenpastoren sind entsetzt, ebenso wie unsere Glaubensbrüder. Ich … ich muss es wissen.«
    Ich fuhr herum. »Was? Dass ich dort saß und wohlgefällig zusah, wie unschuldiges Blut vergossen wurde? Ist es das, was Ihr denkt?«
    Zu meiner Erleichterung

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