Die florentinische Prinzessin
mich mit einem finsteren Blick empfing. In Pelze gehüllt, stöhnte François: »Worauf warten sie denn? Dass wir alle erschlagen werden?« Ich pochte ans Wagendach. »Los jetzt! Befehl des Königs!«
Rumpelnd setzte die Kutsche sich in Bewegung, rollte den steilen Schlossweg hinab und hinaus in die Nacht.
»Wie könnt Ihr das eine Revolte nennen?« In Amboise, dem prächtigen, von meinem Schwiegervater restaurierten Palast, in dem ich meinen Pakt mit Diane geschlossen hatte, trat ich Monseigneur und le Balafré entgegen. Jetzt kämpfte ich darum, einen neuen Pakt zu schließen, nachdem ich tagelang auf eine Audienz gewartet und Monseigneurs Sekretär so lange bestürmt hatte, bis er mich endlich vorließ. »Ihr habt uns Hals über Kopf aus Blois davongescheucht, obwohl Ihr wusstet, dass diese Leute nur ein armseliger, versprengter Haufen waren. Sie haben sich wie Lämmer ergeben; sie wollten beim König Gehör für ihre Notlage erflehen. Sie sind verzweifelt; Euer Edikt verwehrt ihnen das Recht, Handel zu treiben, und sie wissen nicht mehr, wie sie ihren Lebensunterhalt erwirtschaften sollen. Kein Wunder, dass sie Gerechtigkeit suchen.«
Monseigneur saß an seinem Schreibtisch, die fleischigen Wangen zornrot. An seiner Seite stand sein Bruder le Balafré wie ein Granitpfeiler, die eisblauen Augen starr auf mich gerichtet.
»Man muss ein Exempel statuieren«, wiederholte der Kardinal. »Diese armen Leute, wie Ihr sie nennt, sind Verräter. Sie haben einen Angriff auf ein königliches Schloss geplant.« Er hob die Stimme, um meinen Widerspruch zu übertönen. »Wir haben Dokumente, die beweisen, dass sie bereit und willens waren, Ihren Majestäten Leid zuzufügen. Sie wollten sie gefangen nehmen und meinen Bruder und mich umbringen.«
»Und sie planten, den Hugenottenglauben zu legalisieren und ihre Anführer in den Kronrat einzuschleusen«, erklärte le Balafré, die Stimme so schneidend wie das goldgefasste Schwert an seinem Gürtel. Er zog eine Grimasse, und seine Zickzacknarbe verzerrte ihm die Lippen. »Wir sind es, die Gerechtigkeit suchen, Madame, und wenn wir sie gefunden haben, dann haben wir auch ihre Anführer – alle, einschließlich den Admiral de Coligny.«
Ich zwang mich, Ruhe zu bewahren, denn nun wusste ich, dass ich für mehr kämpfte als für das Leben anonymer Leute, die den Guises in die Falle getappt waren.
»Was … was hat denn Coligny damit zu tun?«
»Er ist der Drahtzieher«, entgegnete Monseigneur. »Wir haben bei einem der Festgenommenen einen Brief gefunden mit Colignys Befehl, den König gefangen zu nehmen. Das alles war sein Plan. Er ist ein Satan von einem Ketzer.«
»Wenn das wahr ist«, gab ich zurück, »warum sollte er uns dann einen so armseligen Haufen schicken?« Ich sah le Balafré an. »Ihr seid Soldat, Monsieur, Ihr habt an der Seite meines Gemahls gekämpft und wisst, dass Genf und die Niederlande voll von Söldnern sind, die man mieten kann. Sicher hätte Coligny sich einige davon leisten können.«
Le Balafré antwortete nicht; der Kardinal ballte die feiste Hand auf dem Schreibtisch zur Faust. »Madame, wir haben Euch geduldig angehört«, sagte er, »aber ich schlage vor, Ihr beschränkt Euch in Zukunft auf Haushaltsfragen. Diese Leute sind Rebellen. Sie werden hingerichtet, und auf Coligny wird ein Haftbefehl ausgestellt.«
»Herrgott«, ächzte ich. »Ihr seid verrückt. Ihr könnt diese Leute doch nicht töten. Das würde Krieg mit den Hugenotten bedeuten. Coligny ist ein Edelmann, Neffe des Konnetabels. Ihr könnt nicht …«
»Wir können!«, donnerte le Balafré. Er trat auf mich zu, die riesige geäderte Hand am Knauf seines Schwerts. »Bildet Euch nicht ein, uns vorschreiben zu können, wie wir zu herrschen haben. Wir sind die Guises, Abkömmlinge eines Adelsgeschlechts, und Ihr eine schäbige Krämerstochter. Unser verstorbener König hatte keine Wahl, als sie ihn mit Euch vermählten, der Nichte eines falschen Papstes, die nichts hatte, was zu ihren Gunsten sprach. Wir aber haben die Wahl. Königsmutter oder nicht, noch ein Wort von Euch, und wir sorgen für Eure Verbannung auf Lebenszeit, Medici.«
Er spie meinen Namen aus, als wäre er Dreck. Mir stockte der Atem. Ich begegnete seinem Basiliskenblick und sah die Verachtung für mich und meine Herkunft, die er noch nie so offen gezeigt hatte. Der Gedanke war mir unerträglich, dass der beste Freund meines Mannes mich die sechsundzwanzig Jahre, die ich mit Henri verbrachte, stets gehasst hatte.
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