Die florentinische Prinzessin
dass der Hof zu den Weihnachtsvorbereitungen in Orléans weilte, packten wir und reisten ab, die Kinder voller Vorfreude, während ich mich für einen weiteren Kampf mit den Guises wappnete.
Stattdessen platzten wir mitten in eine Tragödie.
Marie de Guise, Regentin von Schottland an ihrer Tochter statt, war vor Kurzem gestorben, nach Jahren der Streitigkeiten mit den protestantischen Adligen, die nun das Königreich regierten, bis Mary heimkam oder einen anderen Regenten ernannte. Mary hatte keine Ahnung von den politischen Querelen, die ihr Land plagten, und weinte um eine Mutter, an die sie sich nicht erinnerte. Die Guises ordneten Trauer an; doch ohne die Mittel, die katholische Vorherrschaft zu sichern, bestand unsere Allianz mit Schottland nur noch auf dem Papier. Das Prestige der Guises war stark gesunken, und nur wenige der Adligen, die an den Hof geladen waren, ließen sich dazu herab zu erscheinen. Auf den Straßen herrschte Tumult, an jeder Ecke prangerten Plakate die Guises als blutrünstige Tyrannen an. Ihr Würgegriff auf Frankreich lockerte sich langsam.
Ich kümmerte mich weiter um die Kinder und um Mary. Ihr Kummer verstörte François, der es nicht ertragen konnte, Mary unglücklich zu sehen. Die Kombination aus Sorgen, unterschwelligen Hofintrigen und täglichen Besuchen von Monseigneur erwies sich als zu anstrengend, und François wurde wieder krank.
Diesmal war der Anfall gnadenlos. Eine riesige Fistel hatte sich in seinem linken Ohr gebildet, und er wand sich vor Schmerzen, eiternd und nass geschwitzt. Ich verschanzte mich in seinem Schlafgemach und hielt ihn in den Armen, während er brüllte und seine Ärzte debattierten, ob die Opiumdosis noch weiter erhöht werden sollte.
»Idioten!«, schrie ich. »Seht ihn doch an! Gebt ihm mehr, sonst kostet es euch den Kopf!«
Mary hielt sich zaghaft im Hintergrund. Fast hätte ich sie hinausgewunken, aus Angst, ihr Anblick könnte François noch mehr aufregen, doch sie trat still an seine Seite und nahm seine Hand. Ehrfürchtig sah ich zu, wie er sich beruhigte wie ein krankes Tier, das von der Hand seines Herrn besänftigt wird. Sie hatte eine beruhigendere Wirkung als das Opium, und so ließ ich ihn in ihrer Obhut, um mich mit der wachsenden Besorgnis bei Hof auseinanderzusetzen.
Jedes Mal, wenn ich aus seinen Gemächern kam, um meine Kleidung zu wechseln oder etwas zu mir zu nehmen, fand ich eine Horde von wispernden Hofschranzen und dolchäugigen Gesandten in den Galerien wartend vor, die in meiner Miene nach Anzeichen für den nahenden Tod meines Sohnes forschten. François war kinderlos; Thronerbe war der zehnjährige Charles. Ich konnte sie förmlich hören, die gierigen Spekulationen am Hof, als sie spürten, wie die Balance der Macht ins Kippen geriet; und ich gewöhnte mir an, durch Geheimgänge in meine Gemächer zu schleichen, wo ich nur lange genug verweilte, um wieder zu Kräften zu kommen.
Eines Nachts, als ich erschöpft von meiner Krankenwache zurückkehrte, spürte ich eine verborgene Anwesenheit im Alkoven. Mit einem leisen Aufschrei fuhr ich herum; Nostradamus trat auf mich zu wie aus dem Nichts. »Ihr habt mich zu Tode erschreckt! Wie seid Ihr hereingekommen?«
»Durch die Tür«, sagte er. »Keiner hat’s gesehen.« Er trug schlichtes Schwarz, den Kragen hochgeschlagen, stützte sich auf einen Stock und setzte achtsam seine Schritte, wie es betagte Leute tun. »Ihr würdet Euch wundern, wie wenig Aufmerksamkeit man alten Männern zollt.« Seine Stimme wurde sanft. »Es tut mir leid, von Euren Schicksalsschlägen zu hören, Madame. Ich wäre nicht von so weit hergekommen, um Euch zu stören, hätte ich nicht gefühlt, dass die Zeit drängt.«
Ich trat einen Schritt zurück. »Sagt das nicht.«
Er legte den Kopf schräg. »Wenn ich es nicht sage, wie könnt Ihr es dann wissen?«
»Ich will es nicht wissen!« Meine Stimme brach. »Mein Sohn stirbt! Wenn Euch irgendetwas an mir liegt, sprecht nicht von weiterem Leiden. Ich bin nicht Ihr. Ich kann es nicht ertragen, die Zukunft zu kennen.«
»Und doch müsst Ihr es, denn ich habe Euch im Wasser gesehen. « Seine Stimme wurde düster.»›Der älteste Zweig stirbt, ehe er achtzehn wird, ohne Spross, und hinterlässt zwei Inseln in Zwietracht. Der jüngere Stamm wird länger herrschen und sich jenen entgegenstemmen, die das Reich mit Blut und Zwist füllen wollen.‹«
Eine schwarze Welle schlug über mir zusammen. »Was … was bedeutet das?«
Er schüttelte den Kopf.
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