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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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Zuflucht betrachten, aber keiner von uns konnte sicher sein, dass nicht auch hier Spione der Guises lauerten. Und er hatte an seine Familie zu denken, die er verlassen hatte, um mich zu besuchen.
    »Natürlich«, sagte ich, meine Enttäuschung verbergend. »Es war gedankenlos von mir, etwas anderes anzunehmen.«
    »Nein, nein …« Er schüttelte den Kopf. »Ich würde bleiben, wenn ich könnte. Aber meine Frau … sie ist leider unwohl.«
    »Oh – ich hoffe, es ist nichts Ernstes.«
    »Ich fürchte, doch.« Er wandte die Augen ab. »Charlotte wird sterben. Sie hat vor einigen Monaten eine Tochter zur Welt gebracht«, sagte er so leise, dass ich mich vorbeugen musste, um ihn zu verstehen. »Die Geburt war schwer, aber das Kind ist gesund. Dann hatte Charlotte keine Milch; sie konnte das Baby nicht stillen. Sie hatte auch keinen Appetit mehr, und erst dachten wir, es sei das Milchfieber, doch sie erholte sich nicht. Wir ließen einen Arzt kommen, und er fand …« Er schluckte. »Sie hat einen Knoten in der Brust. Sie siecht vor meinen Augen dahin, und ich kann nichts dagegen tun.«
    Ich kannte nur zu gut das Gefühl der Hilflosigkeit, einen Ehegatten im Sterben liegen zu sehen, um ein Wunder zu beten, an das man nicht mehr zu glauben wagte. Ich streckte die Hand aus und legte sie auf die seine. »Ich werde Euch unseren Hofarzt schicken, Docteur Paré. Wenn irgendjemand sie heilen kann, dann er.«
    Er sah mich schweigend an. Dann zog er seine Hand zurück und stand auf. »Nein. Es ist zu spät.«
    Die kurze Berührung seiner Haut brannte in mir. Ich folgte ihm zum Erkerfenster, das auf den nachtverhangenen Park blickte, wo Komödianten Mary und François in einem funkelnden Pavillon mit ihrem Mummenschanz unterhielten. »Sie könnte noch gerettet werden. Solange es noch eine Chance gibt, dürfen wir nie die Hoffnung verlieren.«
    Er wandte sich abrupt zu mir um. Ich sah dunkle Punkte in seinen blauen Augen, die Falten in seinen Augenwinkeln, die scharf gezeichneten Wangenknochen über dem schimmernden Bart. Er war einen Kopf größer als ich; sein weinschwerer Atem strich mir warm über die Stirn. »Ihr erinnert mich an sie«, sagte er. »Auch sie ist tapfer und kühn.«
    Unter meinem Mieder klopfte mir das Herz. »Ich … ich bin nicht sie«, flüsterte ich.
    Seine Hand glitt hinab zu meiner Taille. »Nein. Sie hat nicht Eure Kraft. Ihr seid die stärkste Frau, die ich kenne, Cathérine de Medici.«
    Der Klang meines Namens auf seinen Lippen ließ eine Welle von Hitze in mir aufsteigen. Niemand hatte mich je so angesehen; kein Mann hatte je meine Kraft erkannt so wie er. Ich hatte das Gefühl, unter seinem Blick zu vergehen, als hätte er das Geheimfach in meinem Herzen geöffnet, in dem ich die Ruinen meiner Jugend und meiner Träume verschlossen hatte – alles, was das Leben und die Jahre mir abgefordert hatten.
    Da wusste ich, dass ich diesen Mann wollte. Ihn immer schon gewollt hatte.
    Verlangen flammte in mir aufwie eine neue Sonne, so überwältigend, dass ich versuchte, mich von ihm loszureißen. Er ließ mich nicht los. Er zog mich an sich, presste seine Lippen auf die meinen, raubte mir den Atem. Ich verlor jeden Sinn für Zeit und Raum, ertrank in dem Gefühl, einfach um meiner selbst willen begehrt zu werden, zum allerersten Mal.
    »Nur für heute Nacht«, hörte ich ihn murmeln, und es war genug. Es war alles.
    Ich führte ihn durch das dunkle Château zur Treppe. Durch das offene Fenster, das die laue Abendluft einließ, waren Musik und Gelächter zu hören. Meine Kinder und Mary Stuart vergnügten sich bei ihrem Gartenfest; endlich einmal klangen sie wie die jungen Leute, die sie waren.
    Lucrezia fuhr von ihrem Schemel hoch. Ihre Augen glänzten im Mondlicht, das wie Seide durch die Scheiben floss. Ich winkte ihr, zu gehen. Sie nahm Muet auf den Arm und zog sich wortlos zurück.
    Mein Schlafgemach wartete; an der Sonne getrocknete Decken, die über der von mir selbst bestickten Satinwäsche zurückgeschlagen waren. Anna-Maria war bei den Kindern. Leise fiel die Tür hinter mir ins Schloss, und ich trat wie im Traum zu der Kerze auf meinem Nachttisch.
    »Nein«, sagte er, »lass sie brennen. Ich will dich sehen.«
    Ich fühlte mich wie in der ersten Nacht mit Henri, unsicher, wie ich mich verhalten sollte. Fast hätte ich laut gelacht. Ich war einundvierzig Jahre alt. Ich war oft genug mit einem Mann im Bett gewesen. Ich wusste, was Paare taten.
    Mit dieser eigentümlichen Art, meine Gedanken zu

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