Die florentinische Prinzessin
verhandeln. Charles ist Euer Sohn und ihr Herrscher. Le Balafré muss Bedingungen stellen, die wir zu unserem Vorteil wenden können.«
»Richtig, holt sofort Charles!«
Während Birago ging, eilte ich mit meinen Hofdamen in den Thronsaal. Gerade hatte ich das Podest mit den Thronen unter dem Baldachin erreicht, als auch schon Birago mit Charles heranhastete. Mein Sohn wirkte blass und verängstigt. An seiner Seite befand sich sein persönlicher Leibwächter – eine bedeutungslose Schutzmaßnahme angesichts der gleich darauf hereintrampelnden Horde aufständischer Katholiken. Sie traten alsbald auseinander, um le Balafré Platz zu machen, der in unverkennbarer Absicht auf uns zukam.
Ein Blick auf diese vernarbte Erscheinung genügte, und ich machte mich auf das Schlimmste gefasst.
Birago stupste meinen Sohn an. Mit zugeschnürter Kehle verfolgte ich, wie Charles seine schmalen Schultern straffte und mit erstaunlich harter und klarer Stimme sagte: »Herzog, Euch wurde befohlen, unbewaffnet zu uns zu kommen. Ihr werdet diese Männer sofort wegschicken.«
Wie zum Hohn führte le Balafré eine übertriebene Verbeugung aus. Mich würdigte er keines Blicks; seine Augen waren ausschließlich auf Charles gerichtet. »Eure Majestät, das kann ich leider nicht. Das Ketzertum droht, sich in Frankreich auszubreiten. Als Katholik bin ich eidlich verpflichtet, uns gegen solche Zersetzung zu verteidigen, notfalls mit einer Armee.« Er breitete die Arme aus, und aus der Mitte seiner Offiziere trat der Konnetabel vor. Ich schnappte unwillkürlich nach Luft, als ich die zerzauste Gestalt neben ihm erkannte: Wirres, schmutzig goldenes Haar, das ein hämisch feixendes Gesicht umrahmte.
Es war Antoine de Bourbon, der Gemahl von Jeanne von Navarra. Angesichts des selbstgefälligen Ausdrucks seiner Augen wurde mir klar, dass ich einen verheerenden Fehler begangen hatte. Birago hatte mich eindringlich vor diesem Rüpel gewarnt. Und jetzt stand er vor mir: ein katholischer Prinz, der von den Guises darauf eingeschworen worden war, mir die Regentschaft zu entreißen.
Ich ballte die Fäuste. Wie hatte ich nur so dumm sein können zu glauben, Jeanne wäre dazu in der Lage, ihren unberechenbaren Mann zu Hause im Zaum zu halten?
Als hätte er meine Gedanken gelesen, starrte mich le Balafré kalt an. Dann sagte er: »Hiermit rufe ich das Heilige Triumvirat aus, das dazu bestimmt ist, den römisch-katholischen Glauben zu verteidigen: Ich, der hochwürdige Konnetabel, und Antoine de Bourbon werden von nun an für den Schutz unseres Königreichs Sorge tragen. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns und wird entsprechend leiden müssen.«
Antoine pochte sich mit der Faust gegen die Brust. »Die Regentschaft gehört mir! Ihr habt sie mir gestohlen, aber sie gehört mir, und ich werde sie behalten!«
Ich spürte, wie Charles sich anspannte. Ich hatte ihm versprochen, dass er vor den Guises sicher sein würde. Bevor ich wusste, was ich tat, entgegnete ich: »Von betrunkenen Dummköpfen nehmen wir keinen Rat an.«
Mit einer Stimme, scharf wie eine Klinge, fauchte le Balafré: »Ihr habt das missverstanden. Der Prinz der Bourbonen braucht für seine Ernennung zum Regenten nicht Eure Erlaubnis. Nun, Madame, wollt Ihr ihm die Ehre erweisen und die Ketzer ihrem gerechten Schicksal überantworten, oder soll ich das tun?«
Charles stieß einen erstickten Laut aus. Ohne Vorwarnung schrie er: »Dafür werde ich dich töten! Ich werde dich an einem Galgen aufhängen und herunterschneiden, wenn du noch atmest. Und dann werde ich dir die Eingeweide herausreißen! «
Ich zog ihn an mich und spürte, wie er am ganzen Leib zitterte. »Ihr habt dazu kein Recht«, beschied ich le Balafré, während ich mit der Hand Charles über das Haar strich, als wollte ich ein verängstigtes Tier beruhigen. »Das ist Verrat. Ihr seid ein Verbrecher.«
»Ich bin nichts als ein bescheidener Untertan, dem es ein Anliegen ist, Frankreich zu schützen.« Le Balafré lächelte.
Dann schnippte er mit den Fingern, und seine Männer rückten vor.
»Was soll das heißen: Sie rücken mit einer Armee an?« Eine flackernde Kerze warf groteske Schatten an die Wände. Um Charles nicht zu wecken, der nebenan schlief, sprach ich nur im Flüsterton. Meine Gemächer waren zu unserer Welt geworden – und wir Gefangene im eigenen Palast. Unablässig sagte ich mir, dass es richtig von mir gewesen war, meine anderen Kinder rechtzeitig vor le Balafrés Eintreffen nach St. Germain zu
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