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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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Blut in alle Richtungen spritzte. Schreie und vergebliche Bitten um Gnade gellten mir in den Ohren. Und dann sah ich jene unverkennbare Erscheinung auf dem riesigen weißen Schlachtross, die gezackte Narbe im Gesicht, trotz des Helms deutlich sichtbar, einen Arm wie ein Racheteufel hoch erhoben. Wütend trat ich meinem Pferd mit den Hacken in die Seiten.
    Meine sanfte Stute bäumte sich auf und hätte mich fast abgeworfen. Ich wirbelte im Sattel zu meinem Wächter herum, nur um mich Coligny gegenüberzusehen, der auf seinem Pferd saß und mit einer behandschuhten Hand den Schweif meiner Stute umklammerte.
    »Ich hatte dir versprochen, dass du in Sicherheit sein würdest.« Er blickte mir fest in die Augen, und als ich den Schmerz und Kummer in seinem Gesicht sah, hätte ich meine Verzweif lung am liebsten laut hinausgeschrien. Er gab meinem Wächter ein Zeichen. »Bring sie nach Paris zurück.« Dann zog er sich wieder die Kapuze über den Kopf, gab seinem Pferd die Sporen und jagte davon, vorbei an den Soldaten und le Balafré, die das Gemetzel ungerührt fortsetzten, während ihr grausames Gelächter die Luft erfüllte.
    Niemand sah mich mit meinem Wächter durch den Wald fliehen.

    »Wie viele?« Ich stand in meinen Gemächern im Louvre, die Haare hingen mir ins Gesicht, immer noch in den verschmutzten Umhang gehüllt, in dem ich ohne Unterbrechung bis nach Paris geritten war. Lucrezia drückte mir einen Kelch mit heißem Cidre in die von den Zügeln wund geriebenen Hände.
    Birago warf einen Blick auf die Nachricht, die er von seinen Spionen erhalten hatte, als ich noch unterwegs gewesen war. »Mindestens hundert, vielleicht noch mehr. Jeder Katholik in Vassy hat auf le Balafrés Befehl hin die Waffen ergriffen. Sie knüpfen Pastoren an den Bäumen auf und setzen die Häuser und Geschäfte der Hugenotten in Brand.« Er blickte traurig zu mir auf. »Was wir befürchtet hatten, ist eingetreten: Der Herzog von Guise hat den Hugenotten und Euch den Krieg erklärt. Vergebt mir. Ich bin gescheitert. Meine Spione hatten keinerlei Hinweis darauf, dass er das plante.«
    »Das ist nicht Eure Schuld. Wie hätten wir das ahnen können? « Ich ging mit schweren Füßen zu meinem Stuhl. »Niemand hätte das vorhersehen können.« Ich führte den Kelch an meine Lippen, nur um ihn jäh mit solcher Wut durchs Zimmer zu schleudern, dass er scheppernd gegen die vertäfelte Wand prallte. »Dort waren Frauen und Kinder«, flüsterte ich mit zitternder Stimme. »Unschuldige, die nie etwas Böses getan haben. Wenn es nach dem Herzog geht, wird kein einziger Hugenotte am Leben bleiben. Ich habe ein Edikt verkündet, das ihnen das Recht gewährt, ihren Glauben in Frieden auszuüben, und er hat es gebrochen. Ich will, dass er verhaftet wird. Dafür wird er bei Gott büßen.«
    Leise wandte Birago ein: »Wenn Ihr ihn zur Verhaftung ausschreibt, könnte er ganz Frankreich in Brand setzen.«
    »Soll er doch!« Ich stellte mich Biragos Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. »Er ist ein Verräter. Dafür muss er dem König Rede und Antwort stehen, und zwar allein und unbewaffnet. Bereitet die Verfügung vor. Es ist an der Zeit, dass die Guises lernen, dass mit mir nicht zu spaßen ist.«

    Mit dem Schlachtruf » Vive le Balafré! « zog eine endlose Reihe mit Spießen und Schwertern bewaffneter Soldaten in den Palasthof. An der Spitze ritt ihr Führer in seiner aus Silber gefertigten Rüstung.
    Von meinem Balkon aus starrte ich hinunter auf die Masse von Soldaten und Söldnern, die den Hof füllten. Selbst wenn ich meine gesamte königliche Wache aufgeboten hätte, wäre sie nicht einmal der Hälfte dieser Meute Herr geworden. Zwischen zusammengebissenen Zähnen fragte ich Birago: »Wo ist Konnetabel Montmorency? Wir haben ihn mit dem Haftbefehl losgeschickt. Wo sind er und die Fürsten, die ihn begleiten sollten?«
    Birago zeigte nach unten. »Dort.«
    Meine Augen folgten seinem ausgestreckten Finger. Montmorency ritt in seiner zerbeulten Rüstung neben den anderen katholischen Adeligen. Von einer ihrer Lanzen wehte ein zerrissenes Pergament: mein Haftbefehl.
    »Und ich habe den alten Montmorency persönlich in den Kronrat gesetzt!«, schäumte ich. »Ich habe ihm einen Ehrenplatz an unserem Tisch gegeben, nachdem ihn die Guises seiner Rechte beraubt hatten. Wie kann er uns bloß derart verraten? «
    »Die Risiken waren uns bekannt«, erwiderte Birago mit verblüffender Gelassenheit, nun, da uns die Krise ereilt hatte. »Jetzt müssen wir

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