Die florentinische Prinzessin
Seine Gefährten präsentierten sich in der gleichen Aufmachung. Ich sah mich um, konnte aber Coligny nicht entdecken. Dann zügelte der junge Bursche seinen Hengst und maß die Männer des Konnetabels mit einem verächtlichen Blick. Zu mir sagte er: »Ich heiße Eure Hoheit willkommen bei der Heiligen Bruderschaft in Christus, Verfechter des einen und wahren Glaubens.«
Die Katholiken hatten also das Heilige Triumvirat und die Hugenotten ihre Bruderschaft. Ich fragte mich, was Coligny von diesem ganzen Getue halten würde. Als Nächstes fragte ich mich, wo er stecken mochte.
»Wo kann ich mit euren Führern sprechen?«,wollte ich wissen.
»Im Pavillon«, antwortete der Bursche. »Aber Eure Hoheit muss allein kommen.«
»Ihre Hoheit geht nirgendwo allein hin!«, bellte der Konnetabel. »Ich habe den Befehl, jedes Wort zu melden, das zwischen euch fällt.«
»Dann wird keines fallen. Es steht Euch frei, nach Paris zurückzukehren. «
Als Montmorencys Hand zu seinem Schwert fuhr, griff ich ein. »Eure Führer haben mir freies Geleit zugesichert.« Ich musterte den Burschen. »Habe ich noch ihr Wort?«
Er bedachte mich mit einem schiefen Lächeln. »Wenn der Konnetabel schon Zweifel hat, dann soll er an seiner eigenen Sache zweifeln. Wir verbrennen keine Frauen oder Kinder, noch hängen wir Pastoren an Bäumen auf.«
Bevor sie den Krieg schon jetzt anzetteln konnten, ritt ich allein weiter, mitten in das Hugenottenlager hinein.
Der Pavillon war ein großes weißes Segeltuchzelt, das immerhin ein wenig Schutz gegen die Hitze bot. Als Erstes reichte mir der junge Bursche einen Kelch Wasser. Wenige Augenblicke später marschierte zu meinem Schrecken Coligny herein. Er trug denselben weißen Uniformrock wie beim letzten Mal. Doch er war abgemagert. Tage des Reitens unter der Sonne hatten sein Haar mit goldenen Strähnen durchwirkt, was seine Züge zusätzlich betonte. Und plötzlich erkannte ich eine gewisse Ähnlichkeit, als der Junge sich mit einer Verbeugung zurückzog. Coligny und ich waren allein.
»Dein Bruder?«, fragte ich.
Er nickte. »Der jüngste.«
»Sieh an«, kommentierte ich, »eine Familienangelegenheit.«
Ich konnte keine Ungläubigkeit heucheln. Ein Teil meiner selbst hatte es längst gewusst. Ein Mann wie er wäre nie bereit gewesen, die Verfolgung seiner Glaubensbrüder zu akzeptieren. Aber warum hatte er es mir verschwiegen? Warum hatte er mich in dem Glauben belassen, er wäre nur ein Bote ohne jede wirkliche Macht? Die Fragen brannten unausgesprochen auf meinen Lippen; ich wollte unsere Liebe nicht mit Zweifeln entwürdigen.
Ich stellte den zerbeulten silbernen Kelch beiseite. »Ich bin gekommen, um euch zu sagen, dass ihr keine Aussichten habt zu siegen. Der Herzog von Guise und sein Triumvirat haben doppelt so viele Männer. Ihr müsst eure Waffen niederlegen und einen Friedensvertrag schließen.«
Er musterte mich nachdenklich. »Gerade du solltest doch wissen, dass wir Gerechtigkeit verlangen müssen.«
»Aber das hier hat nichts mit Gerechtigkeit zu tun!«, rief ich aufgebracht. »Das ist Krieg!« Ich zwang mich, die Stimme zu senken. »Ich hätte le Balafré für das, was er getan hat, schon noch zahlen lassen.«
Seine von einem Bart überwucherten Lippen krümmten sich zu einem freudlosen Lächeln. Er trat zu einem mit Landkarten beladenen Tisch. »Cathérine«, sagte er nach einem langen Moment, »er ist an der Spitze eines Heeres in Paris eingezogen; er hält dich und den König als Geiseln und hat eine Blockade über die Stadt verhängt. Wie beabsichtigst du, ihm ohne eigene Armee Einhalt zu gebieten?«
Auf einmal ließ mich all meine Vernunft im Stich. Ich entdeckte keinerlei Verstellung in ihm, keinerlei Täuschung. Seine verborgene Stärke hatte ihre Bestimmung gefunden. Er war jetzt ein Führer: der Führer der Hugenotten.
»Warum hast du es mir verschwiegen?«, flüsterte ich. »Warum hast du mir nicht genug vertraut?«
»Es war nie eine Frage des Vertrauens.« Er kehrte zu mir zurück, kniete vor mir nieder und ergriff meine Hand. »Du verstehst das nicht, weil du nicht begreifst, wie sehr die Macht den Charakter verdirbt. Du glaubst immer noch, dass jedes Übel mit Logik behoben werden kann, dass die Menschen auf die Vernunft hören werden, weil wir alle letztlich vor Gott gleich sind.« Sein Griff um meine Hand wurde fester. »Doch die Guises und deine Kirche betrachten uns als Ungeziefer. Unser Leiden wird erst ein Ende haben, wenn wir ihnen zeigen, dass sie
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