Die Flotte von Charis - 4
hatte.«
»Und woher wissen Sie …«, setzte Clyntahn schon zornig an, doch Trynair hob abwehrend die Hand.
»Er hat recht, Zhaspahr«, entschied der Kanzler. Nun warf der Großinquisitor auch ihm einen finsteren Blick zu, doch Trynair hielt ihm in aller Ruhe stand. »Ich stimme zu, dass eine gewisse Dringlichkeit durchaus besteht, auf derartige Dinge eine Antwort zu senden, aber wir können es uns nicht leisten, einfach nur alles stehen und liegen zu lassen, wann immer irgendeine … unerfreuliche Nachricht eintrifft. Zum einen, weil sich der eigentliche Grund für unser jeweiliges Zusammentreffen, selbst wenn die Nachricht mithilfe der Semaphoren übermittelt wurde, bereits vor einiger Zeit ereignet haben muss, und unsere Entgegnung ebenso lange benötigen wird, um von Zion aus ihr Ziel zu erreichen. Daher wird jegliche Hast ohnehin nicht allzu viel ändern. Zweitens haben wir, ebenso wie alle Vikare im Dienste von Mutter Kirche, zahlreiche andere Pflichten zu erfüllen, so wie Rhobair eben heute Nachmittag. Wir können nicht zulassen, dass uns dieses Schisma, das Charis hervorgerufen hat, von all unseren anderen Verpflichtungen ablenkt. Und drittens ist es entscheidend, niemand anderen in den Irrglauben verfallen zu lassen, wir ließen uns durch diese Geschehnisse von unseren Verpflichtungen ablenken. Wir alle dürfen niemals vergessen, dass es einige Personen gibt, die nur einer Gelegenheit harren, uns anzugreifen. Wenn wir zulassen, dass diese Personen glauben, wir seien so sehr in Panik verfallen, dass wir an nichts anderes mehr denken können als an diese Schisma-Krise, dann könnten jene schwächeren Brüder aus dem Vikariat versucht sein, sich unserer Führung offen entgegenzustellen.«
Clyntahn war das Blut in die fleischigen Wangen geschossen, und er öffnete schon den Mund zu einer zornigen Erwiderung, doch Trynairs langsamer, ruhiger, vernünftiger Tonfall hielt ihn doch davon ab. Nun bedachte Clyntahn den Kanzler noch einige Herzschläge lang mit einem finsteren Blick, dann zuckte er die Achseln.
»Ach, na gut«, grollte er nur.
Duchairn legte lediglich die gefalteten Hände vor sich auf den Tisch und wartete geduldig ab. Nach wie vor beobachtete er mit Argwohn die Macht und den zunehmenden Jähzorn des Großinquisitors, doch mittlerweile fürchtete er Clyntahn nicht mehr − was vielleicht ein wenig unvernünftig von ihm war, gerade angesichts dessen, was Clyntahn Erayk Dynnys bereits angetan hatte. Und, wurde Duchairn bewusst, während er schweigend wartete, dass ich keine Angst mehr vor dem Großinquisitor habe, könnte vielleicht auch erklären, warum Clyntahn mir gegenüber zunehmend Ungeduld an den Tag legt. Zhaspahr Clyntahn missfiel der Gedanke, von irgendjemandem nicht gefürchtet zu werden.
Darin steckt etwas, worüber ich noch weiter nachdenken muss, dachte der Schatzmeister der Kirche. Das verrät einiges über ihn, aber es sagt auch etwas über mich aus.
»Wie dem auch sei, wir sind jetzt vollzählig«, sprach Trynair weiter. »Und da Sie derjenige waren, der diese Versammlung erbeten hat, Zhaspahr, wollen Sie uns nicht auch erzählen, worum es hier geht?«
»Tatsächlich sogar um zwei Dinge«, erwiderte Clyntahn. Die Verärgerung des Großinquisitors war nach wie vor erkennbar, doch nun richtete er sich in seinem Sessel ein Stück weiter auf, und zumindest ein Teil seiner Gereiztheit schien sich zu legen. »Zum einen geht es um eine Nachricht von Bischof-Vollstrecker Wyllys, zum anderen um ein Schreiben von Pater Styvyn in Delferahk.«
»›Pater Styvyn‹?«, wiederholte Allayn Maigwair den Namen, dann verzog er das Gesicht. »Welcher ›Pater Styvyn‹, Zhaspahr?«
»Und was macht dieses Schreiben von … Pater Styvyn, oder wie hieß der?« Trynair blickte zu Clyntahn hinüber, der nur kurz nickte. »Na, was macht dieses Schreiben von dem so wichtig?«
»Dazu komme ich sofort.« Mit der rechten Hand vollführte Clyntahn eine ausladende Bewegung, als wolle er irgendetwas, das vor ihm auf dem Tisch stand, einfach zu Boden fegen. »Es ist wichtig, aber ich denke, wir sollten uns zuvor der Nachricht des Bischof-Vollstreckers widmen.«
Trynair nickte, und Duchairn spannte sich innerlich an. Er gab sich keinerlei Selbsttäuschung hin, was eine Nachricht betraf, die Wyllys Graisyn gesandt haben mochte. Angesichts des Untertons, der sämtliche letzten Briefe des Bischof-Vollstreckers von Emerald unverkennbar ausgezeichnet hatte, war unverkennbar, dass die militärische Position von
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