Die Flotte von Charis - 4
bei den Semaphorentürmen hat bewenden lassen, oder nicht?«
»Ich bin mir sicher, dass Sie auch damit recht haben, Zhaspahr«, sagte Trynair. »Und das macht das, was ich gesagt habe, nur noch drängender.«
»Stimmt.« Duchairn nickte. »Andererseits, Zhaspahr, sagten Sie gerade, es gehe hier um zwei Nachrichten − eine aus Emerald, eine aus Delferahk. Sollten wir nicht das, was Nahrmahn betrifft, vorerst aufschieben? In seinem Falle werden wir natürlich schwerwiegende Entscheidungen treffen müssen, aber wir könnten das genauso gut noch ein paar Minuten lang im Hinterkopf behalten und sacken lassen. Abgesehen davon: Falls diese beiden Nachrichten irgendetwas miteinander zu tun haben sollten, müssen wir uns wohl beide anhören, bevor wir uns überlegen, was wir im Hinblick auf eine davon unternehmen wollen.«
»Das erscheint mir sinnvoll«, pflichtete Trynair ihm bei und wandte sich wieder Clyntahn zu. »Was hat es mit dieser Nachricht aus Ferayd auf sich, Zhaspahr?«
»Ich bin mir wirklich nicht sicher, dass die sich überhaupt irgendwie auf Nahrmahn und Emerald auswirkt.« Nun klang Clyntahn wieder verärgert, als verüble er es seinen Kollegen, seinen Zorn auf ein anderes Thema umgeleitet zu haben.
»Vielleicht ja nicht«, sagte Trynair geduldig. »Andererseits werden wir sie uns früher oder später sowieso anhören müssen, also können wir das genauso gut auch jetzt gleich tun.«
»Ach, na gut.« Clyntahn lehnte sich in seinem Sessel wieder zurück. »Laut Pater Styvyn ist die Beschlagnahmung der charisianischen Handelsschiffe in Ferayd alles andere als glatt verlaufen.«
»Was genau bedeutet das?«, fragte Duchairn und spürte, wie sich in vertrauter und äußerst unangenehmer Art und Weise die Muskeln seines Magens zusammenkrampften.
»Das bedeutet, diese Scheiß-Ketzer waren zu blöd, das Intelligenteste zu tun, was sie nur tun konnten«, grunzte Clyntahn. »Als die delferahkanischen Truppen versucht haben, an Bord ihrer Schiffe zu gehen, haben die sich zur Wehr gesetzt! Und das war eine echte Dummheit von ihnen. Eine tödliche Dummheit sogar.«
»Wollen Sie damit sagen, einige von ihnen seien getötet worden?«, setzte Duchairn nach.
»Nein, ich meine nicht ›einige von ihnen‹ seien getötet worden.« Clyntahns Miene war fast schon ein höhnisches Grinsen. »Ich meine alle.«
»Was?!« Trynair hatte dieses Wort hervorgestoßen, nicht Duchairn, und Clyntahn blickte den Kanzler an.
»Nachdem sie erst einmal damit angefangen hatten, Delferahkaner zu töten, haben die Soldaten dort auch ihre Samthandschuhe ausgezogen«, sagte er und zuckte mit den Schultern. »So läuft das nun mal, wenn man blöd genug ist, sich mit bewaffneten Truppen im Hafen eines anderen Reiches anzulegen.«
»Wollen sie damit sagen, dass es keine charisianischen Überlebenden gibt?«, fragte Duchairn nach.
»Vielleicht eine Handvoll.« Wieder zuckte Clyntahn mit den Schultern. »Laut Pater Styvyn können es nicht viel mehr gewesen sein. Zumindest nicht an Bord der Schiffe, die die Delferahkaner abhalten konnten, den Hafen zu verlassen.«
»Heißt das, einige sind entkommen?« Trynair klang noch unglücklicher als zuvor.
»Vielleicht ein halbes Dutzend, oder so«, bestätigte Clyntahn. »Anscheinend waren ihre Schiffe weit genug entfernt vom Pier vor Anker gegangen, als dass man sie direkt von den Docks aus hätte entern können. Und zumindest eines von ihnen war anscheinend einer dieser verdammten Freibeuter der Charisianer, vermutlich getarnt. Wie dem auch sei, es war mit ihrer neuen Artillerie schwer bewaffnet, und es hat den anderen Feuerschutz gegeben, während sie geflüchtet sind.«
Trynair blickte Duchairn an, und der Oberste Schatzmeister verstand sofort, warum der Kanzler so bestürzt war. Wem auch immer die Flucht aus Ferayd gelungen war, er musste sich schon weit auf dem Rückweg nach Charis befinden − zusammen mit seiner Fassung eines Berichtes über das, was sich dort ereignet hatte. Und trotz der unbekümmerten Rücksichtslosigkeit, die Clyntahn hier an den Tag legte, war sich Duchairn entsetzlich sicher, dass die Charisianer hier ein ›Massaker‹ schildern würden, und das völlig zu recht. Schlimmer noch, zahlreiche der betroffenen Schiffe mussten zu Familienunternehmen gehört haben, und angesichts der Traditionen, denen die Charisianer folgten, was die Besatzung derartiger Schiffe betraf, waren unter den toten Charisianern wohl auch Frauen und Kinder.
Wie konnte es so rasch so weit kommen?,
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