Die Flotte von Charis - 4
weilen und über beide Königreich von jener Stadt aus herrschen. Zweifellos wird es für beide Städte schwierig werden, sich diesen Gegebenheiten anzupassen, aber es wird geschehen, meine Lords und Ladies.«
Cayleb hielt inne, blickte zu den Reihen seiner fast wie betäubt wirkenden Zuhörerinnen und Zuhörer hinauf, und in diesem Augenblick schien sein Gesicht ungleich weniger jugendlich. Der Blick seiner Augen wirkte ebenso hart wie seine Gesichtszüge, und als er schließlich weitersprach, klang seine Stimme klar und deutlich und hart wie Granit, so viel Entschlossenheit und Zielstrebigkeit verriet sie.
»Versteht mich wohl, meine Lords und Ladies«, erklärte er seinem Parlament. »Dies wird keineswegs die Vereinigung zweier nicht ebenbürtiger Partner sein. Wir haben Königin Sharleyan die Ehe mit dem festen Bewusstsein angetragen, eine vollständige, unwiderrufliche Vereinigung unserer beiden Reiche zu bewirken. Als unsere Königin wird sie unsere Autorität hier in Charis innehaben, ebenso wie wir die ihre in Chisholm werden ausüben können. Sie wird unsere Regentin sein, wenn der Krieg uns von der Heimat fortführt. Sie wird mit unserer ganzen Autorität sprechen und hier in Charis nach eigenem Ermessen und unter Berücksichtigung des Ratschlusses unseres Staatsrates und dieses Parlaments sowie dessen Nachfolger entscheiden und handeln, und jegliche ihrer Entscheidungen und Handlungen werden bereits im Vorhinein durch uns gebilligt und gutgeheißen sein.
Wir bringen Euch, meine Lords und Ladies, hier wahrlich nicht nur eine Galionsfigur. Wir sprechen hier von einer echten Königin, mit aller Macht und allen Fertigkeiten einer eigenen Regentschaft in ihrem eigenen Reich. Einer Königin, die sich − wie wir und wie unser Vater vor uns − selbst gegen mächtige Feinde zur Wehr setzte, und die stets aufs Neue mit Weisheit, Mut und Entschlossenheit jene Prüfungen bestand und jene Anforderungen erfüllte, die mit dem Thron kamen, zu dem sie gerufen ward, und das in einem noch jüngeren Alter, als das bei uns der Fall war. Sie ist zu empfangen und zu behandeln, als sei sie eine geborene Charisianerin, und ihr ist auch zu gehorchen, als sei sie eine geborene Charisianerin.«
Wenn jetzt eine Stecknadel zu Boden fiele, würde ihr Aufprall vermutlich ohrenbetäubend dröhnen, ging es Merlin durch den Kopf und schaute zu, wie die Worte des Königs allmählich ihre Zuhörer erreichten.
»Wir sind uns sicher, dass selbst schon bei oberflächlichem Überlegen einem jedem von Euch bewusst sein muss, welche militärischen Vorteile dies mit sich bringt. Dass es sich, wenn Königin Sharleyan sich uns willentlich anschließt und der Verderbtheit und der Korruption des Rates der Vikare widersagt, auf das Denken der anderen Reiche und der anderen Regenten auswirken wird, bedarf ebenfalls keinerlei Erläuterung, noch einer Ausschmückung. Gleichermaßen offensichtlich muss sein, wie sich diese Vereinigung auf unsere Möglichkeiten auswirkt, gegen unsere gemeinsamen Feinde in Corisande vorzugehen, und ebenso auch, in welchem Maße dies die Stärke und den Einfluss unserer Handelsmarine erweitert.
All diese Dinge sind wahr. Doch wir wünschen Euch auch wissen zu lassen, dass unserer Ansicht nach der größte Vorteil, die diese Ehelichung in jenen Tagen, die vor uns liegen, mit sich bringen wird, im Mut, der Weisheit und der Intelligenz unserer Königin liegt … und in der Euren. Zweifelt daran nicht, meine Lords und Ladies. Und seid gewiss, sollte einer von Euch doch daran zweifeln, so werden diese Zweifel sich angesichts der rasch gewonnenen Erfahrung bald legen.«
Erneut hielt Cayleb inne, blickte die Reihen der schweigenden Abgeordneten, Adligen und Priester an.
»Große und entsetzliche Zeiten stehen uns bevor, meine Lords und Ladies«, sagte er dann deutlich leiser. »Zeiten, in denen das Wesen der Seele eines jeden Mannes und einer jeden Frau auf die Probe gestellt werden wird. Zeiten, in denen ein jeder von uns − König, Bischof, Adliger oder Bürgerlicher − für jene Dinge einstehen muss, die uns heilig sind, jene Ziele, für die wir unser Leben aufzugeben bereit sind, so Gott dies von uns erfordert. In unseren Händen liegt die Zukunft von Mutter Kirche, die Zukunft von Safehold, die Zukunft des Lebens, der Seele und der Freiheit eines jedes Mannes, einer jeden Frau und einem jeden Kind in Gottes gewaltiger Schöpfung. Wenn wir straucheln, wenn wir scheitern, dann wird jene Verderbtheit, die den Rat der
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