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Die Flotte von Charis - 4

Die Flotte von Charis - 4

Titel: Die Flotte von Charis - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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während immer noch Tränen über ihre Wangen rannen. »Mein Mann und ich haben nie eine richtige Ehe geführt, Eure Eminenz. Er war korrupt und schwach. Aber ich werde mich niemals für Erayk Dynnys schämen. Es gibt nichts, was diese verlogenen Ungeheuer im Herzen der Kirche jemals sagen können, jemals tun können, um mich vergessen zu lassen, welche Entscheidung er getroffen hat und welchen Tod er starb. Zum Ende seines Lebens war er alles andere als schwach.«
    »Das passt sehr gut zu seinem letzten Brief«, merkte Staynair leise an, zog ein makellos sauberes Taschentuch aus dem Ärmel seiner Soutane und reichte es Erayk Dynnys’ Witwe. »Natürlich kenne ich keinerlei Einzelheiten seines Todes. Aber ich wusste, dass er jene Stärke gefunden hat, von der Sie gerade sprachen. Und welche Fehler er auch immer gemacht haben mag, zum Ende seines Lebens hat er die Welt klar und deutlich erkannt, und er hat die Wahrheit gesprochen − nicht nur für sich selbst, sondern auch zu anderen. Seit sein Schreiben hier eintraf, habe ich jeden Mittwoch eine Gedenkmesse für Gottes Diener Erayk gelesen.«
    Krampfartig nickte die Witwe des früheren Erzbischofs von Charis und umklammerte mit beiden Händen das Taschentuch. Es dauerte einige Augenblicke, bis sie wieder sprechen konnte.
    »Ich muss es den Jungs erzählen«, sagte sie dann. »Sie müssen es wissen, und es dauert nicht mehr lange, bis irgendjemand es ihnen ohnehin erzählen wird. Unser Schiff ist am Abend des Tages seiner Hinrichtung ausgelaufen, und die Mannschaft kannte keine Einzelheiten. Sie wussten zwar, dass man ihn hatte hinrichten lassen, und die Jungs wussten es natürlich auch. Und auch wenn die Mannschaft keinerlei Einzelheiten kannte, haben manche doch … darüber spekuliert, wie es wohl gewesen sein müsse. Sie hatten keine Ahnung, wer wir eigentlich waren, hätten niemals gedacht, dass sie vom Vater meiner Söhne sprachen. Ich habe ihnen gesagt, ich hielte es für unangemessen, derartige Dinge in Gegenwart so junger Burschen zu besprechen, und ich muss zugeben, dass sie sich danach zumindest bemüht haben, nicht in ihrem Beisein über dieses Thema zu reden. Aber es war kein sonderlich großes Schiff, Eure Eminenz, und ich weiß, dass beide … zumindest einiges davon gehört haben. Ich konnte es nicht verhindern, auch wenn ich glaube − und darum bete −, dass ich sie zumindest vor dem Schlimmsten bewahrt habe. Aber das kann ich doch nicht für alle Zeiten tun.«
    »Natürlich nicht.« Staynair beugte sich vor und legte ihr sanft die Hand auf das Knie. »Mir ist bewusst, dass es für die Jungs schwierig sein muss, mich nicht mit dem in Verbindung zu bringen, was ihrem Vater widerfahren ist, schließlich bin ich derjenige, der hier in Charis sein Amt übernommen hat. Aber zu den Aufgaben dieses Amtes gehört auch, sich um alle Kinder Gottes zu kümmern. Wenn ich also in irgendeiner Weise behilflich sein kann, wenn Sie es den beiden erzählen, dann gestatten Sie mir bitte, das auch zu tun.«
    »Ich glaube, wenn Ihr ihnen vielleicht erklären könntet, warum das alles geschieht − oder es zumindest versuchen −, dann könnte das schon helfen«, erwiderte sie. Dann schüttelte sie den Kopf. »Ich weiß nicht, ob irgendjemand ihnen das wirklich erklären kann, Eure Eminenz. Nicht in ihrem Alter.«
    »Vor noch nicht allzu langer Zeit«, sagte Staynair, »musste König Haarahld seinen eigenen Neffen verkünden − zwei Jungs, beide jünger als Ihr Tymythy −, warum ihr Vater tot war. Er musste ihnen erklären, dass ihr Vater versucht hatte, den Kronprinzen umzubringen, und auch den König, und dass ihr eigener Großvater ihn deswegen hatte töten müssen.« Sein Lächeln war voller Trauer. »Kinder haben ohnehin schon genügend große Lasten zu tragen. Sie sollten nicht auch noch glauben müssen, ihre Väter könnten Verräter sein, korrupt und verderbt. Sie sollten nicht hinnehmen müssen, dass ihre Väter in Schande gestorben sind. Nach dem, was Sie mir berichtet haben, ist der Vater Ihrer Söhne zumindest gestorben, weil er die Wahrheit sagte. Er hat sich seinen Henkern mit dem Mut fester Überzeugung gestellt, und diese Überzeugung hat er auch in Worte gefasst, so ungerecht seine Hinrichtung auch war. Ihre Kinder sind in einem Alter, in dem dieses Wissen nur ein schwacher Trost ist − vor allem wenn sie erfahren, wie genau ihr Vater sein Leben verloren hat. Doch sie haben nichts, wofür sie sich schämen müssten. Damit haben Sie ganz recht, Meine

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