Die Fluchweberin
Wärme von Skylers Hand, die sich vorhin noch so angenehm warm auf meinem Oberschenkel angefühlt hatte, schien sich mit einem Mal in mein Fleisch zu brennen. »Ich habe dich ausgesucht in der Hoffnung, dass jemand mit deiner Vergangenheit einfach mehr über Zauberei weiß als jemand, der noch nie damit in Berührung gekommen ist. Ich habe darauf gebaut, dass du mir Informationen geben könntest, die anderen womöglich verborgen geblieben sind.«
»Und du bist nie auf den Gedanken gekommen, dass sich jemand mit meiner Vergangenheit um jeden Preis von allem, was auch nur den Anschein von Magie erweckt, fernhalten könnte?«
»Die Gefahr bestand natürlich.« Er bedachte mich mit einem schiefen Lächeln. »Bis zu dem Tag, an dem du mir von dem Ritual hinter dem Wohnheim erzählt hast, war ich mir sogar fast sicher, dass genau das der Fall war. Aber allein, dass du etwas beobachtet hast, hat mir schon geholfen. Immerhin hast du mir damit eine Spur geliefert, eine sehr dürftige, aber mehr, als ich selbst zustande gebracht habe.«
Großartig! Dabei hatte ich lediglich herauszufinden versucht, ob ich ihm vertrauen konnte. Immerhin hatte ich die Antwort auf diese Frage gefunden.
»Wie alt bist du wirklich? Die Magiepolizei wird sicher keine Schüler beschäftigen, oder?« Die Frage war dazu gedacht, ihn von meiner Vergangenheit abzulenken und zu verhindern, dass er zu genau über mein Verhalten der letzten Tage nachdachte. Gleichzeitig interessierte es mich wirklich.
»Nein, keine Teenager«, räumte er ein. »Ich bin einundzwanzig.«
Immer noch sehr jung für einen Sucher. Aber vermutlich brauchten sie Leute wie ihn, die sie in Schulen einschleusten, konnten, damit sie das Vertrauen der Schüler gewinnen und ihre finstersten Geheimnisse aufdecken konnten. Einem Mitschüler fiel das bestimmt leichter als jemandem aus dem Lehrkörper.
»Gestern habe ich dich darum gebeten, mir bei meinen Nachforschungen zu helfen«, begann er.
»Gebeten?«, entfuhr es mir. »Das war Erpressung! Du hast …«
Er hob die Hände. »Ich weiß, was ich gesagt habe. Aber es war gestern etwas schwierig, dich zu beruhigen, da ist mir nichts anderes eingefallen, als dich ein wenig … zu drängen. Ich weiß, dass du erschrocken warst, und ich weiß, dass du niemandem erzählen wirst, wer ich wirklich bin. Ganz sicher würde ich dich deswegen nicht melden.«
Ich blinzelte überrascht. »Du würdest lieber deinen Auftrag in den Sand setzen, als mich dafür zu bestrafen, dass ich dir die Tour vermasselt habe?«
»Wenn ich dich dadurch vor Ärger bewahren kann – ja.«
Das war mehr, als ich erwartet hatte. War es am Ende die Wahrheit? Empfand er wirklich etwas für mich? Mein Herz setzte für zwei aufgeregte Schläge aus, doch ich kämpfte gegen die Schmetterlinge an, die sich in meinem Innern auszubreiten drohten. Es war nicht von Bedeutung, ob er sich in mich verliebt hatte. Tatsache war, dass ich nichts für ihn empfinden durfte. Nicht mehr.
Mir war bewusst, dass meine Chancen größer waren, seine Anwesenheit auf Holbrook Hill unbeschadet zu überstehen, wenn ich mich kooperativ zeigte und jedes Verhalten vermied, das mich in irgendeiner Form verdächtig erscheinen ließ. »Was erwartest du von mir?«
»Ich möchte, dass du dich in den nächsten Tagen bei den Mädchen umhörst«, sagte er. »Finde heraus, ob eine von ihnen mit Magie zu tun hat oder von jemandem weiß, der sich damit abgibt.«
»Du erinnerst dich aber schon daran, dass ich hier nicht unbedingt zu den beliebtesten Schülerinnen gehöre, oder?«
»Und?«
»Das macht mich kaum zu der Person, der sie ihre Geheimnisse anvertrauen werden.«
Statt auf meinen Einwand einzugehen, legte er mir seine Hand auf den Arm und lächelte. »Du schaffst das schon.«
Er ließ seine Hand über den Ärmel meiner Bluse gleiten, bis seine Finger meinen Handrücken erreichten. In dem Augenblick, in dem er meine Haut berührte, spürte ich es wieder: die Kette um meinen Hals.
Ich musste sie sehen, musste herausfinden, ob es sich dabei um das Schmuckstück handelte, das ich befürchtete. Während ich noch überlegte, wie ich unauffällig einen Blick unter den Kragen meiner Bluse werfen konnte, ging die Tür auf.
»Hier steckst du!« Einer der Jungs aus dem Basketballteam, sein Name war Micky oder Mikey, stand auf der Schwelle. »Wir warten schon auf dich. Hast du etwa vergessen, dass wir heute die Strategie für Freitagabend besprechen wollten?«
Am Freitag fand das erste Spiel der
Weitere Kostenlose Bücher